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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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weiß. Ich weiß. Aber dann doch nicht.«
    »Aber na klar. Streng nur mal deine Fantasie an. Die beiden haben Joanie wahrscheinlich mit Gewalt – «
    »Hör mal. Joanie muss niemand mit Gewalt irgendwo hinzerren. Hör mir auf mit diesem Gewaltkram.«
    »Niemand kommt dir mit Gewaltkram, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann ruhig.
    »Ich weiß, ich weiß! Entschuldige. Lieber Gott, ich werde noch verrückt. Ganz ehrlich, habe ich dich auch bestimmt nicht geweckt?«
    »Ich würd’s dir sagen, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann. Geistesabwesend zog er die linke Hand zwischen Oberarm und Brustwand der jungen Frau heraus. »Hör mal, Arthur. Soll ich dir einen Rat geben?«, sagte er. Er n ahm die Telefonschnur zwischen die Finger, gleich unterhalb der H örmuschel . »Das meine ich jetzt ernst. Soll ich dir was raten?«
    »Ja. Ich weiß auch nicht. Lieber Gott. Ich halte dich wach. Schmeiß mich doch einfach –«
    » H ör mir mal einen Moment zu«, sagte der grauhaarige Mann. »Erstens – das meine ich jetzt ernst – geh ins Bett und entspann dich. Mach dir einen schönen großen Schlummertrunk und geh unter die – «
    » Schlummer trunk ! Machst du Witze? Mann, ich habe in den letzten zwei Stunden ungefähr einen Liter gekillt. Schlummer trunk! Ich bin schon so dicht, ich kann kaum – «
    » Schon gut. Schon gut. Dann geh ins Bett«, sagte der grauhaarige Mann. »Und entspann dich – hörst du mich? Mal ganz ehrlich. Nützt es was, wenn du da rumsitzt und dich aufregst?«
    »Ja, ich weiß. Ich würde mir ja auch keine Sorgen machen, Herrgott, aber man kann ihr nicht trauen! Das schwöre ich bei Gott. Man kann ihr nicht trauen, ich schwör’s bei Gott. Man kann ihr nur so weit trauen, wie man einen – ich weiß nicht was werfen kann. Aaah, was so l l’s? Ich verlier hier noch den Verstand, verdammt.«
    »Schon gut. Vergiss es jetzt. Vergiss es jetzt. Tust du mir einen Gefallen und schaffst dir das Ganze aus dem Kopf?«, sagte der grauhaarige Mann. »Du musst doch auch sehen, dass du – ich glaube ehrlich, du machst aus einer Mücke – «
    »Willst du wissen, was ich mach? Willst du wissen, was ich mach ? Ich schämichs dir zu sagen, aber willst du wissen, was ich fast jeden verdammten Abend mach? Wenn ich nach Hause komm? Willst du’s wissen?«
    »Arthur, hör zu, das ist jetzt nicht – «
    » Mo ment – ich sag’s dir, Gott verdammt. Ich muss mich p raktisch davon abhalten, dass ich nicht jede verdammte Schranktür in der Wohnung aufmache – ich schwör’s bei Gott. Jeden Abend, wenn ich nach Hause komm, erwarte ich fast, dass sich überall ein Haufen Scheißkerle versteckt hat. Fa hr stuhljungen, B o tenjungen, Polypen – «
    »Schon gut. Schon gut. Gehn wir doch ein bisschen locker damit um, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann. Er blickte abrupt nach rechts, wo eine Zigarette, die einige Zeit früher angezündet worden war, wackelig auf einem Aschenbecher lag. Allerdings war sie offensichtlich ausgegangen, und er nahm sie nicht. »Erstens mal«, sagte er in den Hörer, »hab ich dir oft genug gesagt, Arthur, dass du genau da den größten Fehler machst. Weißt du, was du machst? Soll ich dir sagen, was du machst? Du scheust keine Mühen – das meine ich jetzt ernst – , du scheust wirklich keine Mühen, dich zu quälen. Es ist sogar so, du ver leitest Joanie regelrecht – « E r brach ab. »Du hast so ein Glück, sie ist ein wunderbares Mädel. Im Ernst. Du gestehst diesem Mädel überhaupt keinen guten Geschmack zu, und außerdem auch keinen Grips , Herrgott – «
    »Grips! Soll das ein Witz sein? Die hat doch nicht die Bohne Grips, verdammt! Die ist ein Tier!«
    Die Nasenlöcher des grauhaarigen Manns weiteten sich, er holte offenbar ziemlich tief Luft. »Wir sind alle Tiere«, sagte er. »Im Grunde sind wir alle Tiere.«
    »Von wegen. Ich bin kein verdammtes Tier. Ich bin vielleicht ein dummer, vermurkster Hurensohn aus dem zwanzigsten Jahrhundert, aber kein Tier. Komm mir nicht so. Ich bin kein Tier.«
    »Sieh mal, Arthur. Das bringt uns nicht – «
    »Grips. Mann, wenn du wüsstest, wie komisch das war. Sie hält sich verdammt für eine Intellektuelle. Das ist das Komische daran, das ist das Lustige daran. Sie liest die Theaterseite und sie sieht fern, bis sie praktisch blind ist – also ist sie eine Intellektuelle. Weißt du, mit wem ich verheiratet bin? Willst du wissen, mit wem ich verheiratet bin? Ich bin verheiratet mit der größten lebenden unentwickelten, unentdeckten

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