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Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Titel: Je mehr ich dir gebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
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lockerer und nicht so lächerlich. Hier hissen alle immerzu die Schweizer Flagge, putzen Fenster mit Wattestäbchen und erwachsene Leute sagen zum Motorrad »Töff«. Also geht’s noch …?!
    Freitag 5. März
    Ich muss wieder nach Berlin. Ich halt das hier nicht mehr aus. Nicht nur die Heidis sind nicht zu ertragen (sobald sie den Mund aufmachen), auch die Preise, sie treiben jeden ehrlichen Menschen in den Ruin. Hilfe!
    Julia liegt im Bett und liest die Tagebucheinträge aus der Schweiz. Damit fängt das Tagebuch an, es sollte eigentlich ein Reisebericht werden, wie Jonas schreibt. Zu Anfang hatte er nur die Routen notiert, dann ein bisschen über Land und Leute. Als er wieder zu Hause war, gab es persönlichere Einträge, wie der vom 26. März …
    Samstag. Ich liege auf dem Bett und weiß nichts mit mir anzufangen. Snickers und Rudi sind bei ihren Freundinnen, ich habe den ganzen Morgen Gitarre gespielt, Kopf verloren , von Peter Fox:
    Ich denk, denk, denk, denk, denk zu viel
    Es wär gut, wenn mein Hirn aus dem Fenster fiel
    Druck im Kopf, es gibt kein Ventil
    20000 Szenen durchgespielt
    Jetzt tun mir die Finger weh. Nichts kann ich regelmäßig machen, weil mir schnell alles zu langweilig wird. Aber so kann man auch nichts richtig lernen. Vielleicht werde ich ja Koch. Jeder, für den ich bislang gekocht habe, war völlig aus dem Häuschen. Aber als Koch gehst du durch die Hölle, bevor du zum Chef wirst. Ein Leben zwischen Dampf und Dunsthauben zu fristen, ist bestimmt nichts für mich. Dann doch lieber Speiseeis-Designer – oder Musiker? Wenn ich doch nur wieder eine verdammte Band finden könnte, in die ich mit Haut und Haar passe. Warum kann ich nicht mit Peter Fox spielen ;-)
    Ewig dieses Grübeln über die Zukunft, dabei könnte ich es gut lassen und wunderbar von einem Tag in den anderen leben, aber gestern gab es wieder Stress mit Papa. Der muss immer wieder auf demselben Thema rumreiten, wie ätzend! Er sagt, Anwalt sei genau das Richtige für mich, ich würde gut beobachten, die Lage checken und resümieren können. Außerdem hätte ich mich als Kind immer schon für die Schwächeren eingesetzt. – Vielleicht hat er recht?
    Ich glaube, ich fahre ein bisschen rum, frischen Wind um die Ohren sausen lassen. Das hält man ja sonst alles nicht aus.
    Viele Grüße, Robin Hood.
    Es ist, als läge Jonas neben ihr im Bett und erzählte ihr das alles, es ist, als könnte sie seine Stimme hören. Endlich kann er zu ihr sprechen.
    Sie blättert zum Mai vor. Anfang Mai haben sie sich kennengelernt.
    … war mit Kolja im Prinzenbad, ich wollte ja erst nicht mit, aber er hat nicht lockergelassen, wollte unbedingt Mädchen im Bikini sehen. Das brächte ihn auf andere Gedanken. Ich hatte wirklich keinen Bock, schon gar nicht mit Kolja, aber er ließ nicht locker und es war so arschheiß, da konnte man nur ins Schwimmbad gehen … und dann …
    Und dann war sie plötzlich da. Julia. Kolja hat gleich versucht, sie anzubaggern, aber sie hatte nur Augen für mich. Stromschlag, Urknall, Erleuchtung!
    Noch nie hat mich jemand so mit dem Blick berührt, mein tiefstes Inneres, was immer das auch sein mag. Meine unsterbliche Seele? Daran glaube ich eigentlich nicht. Wenn wir tot sind, war’s das.
    Trotzdem hat sie mich voll erwischt – auf den berühmten ersten Blick! Mann, Mann, Mann!
    Er beschreibt ihre Waden, Kniekehlen, ihren Po, die Grübchen darüber, ihren starken Rücken, als sie zur Dusche geht.
    Julia muss einen Moment innehalten, sie spürt diesen Blick, sie hat ihn auch damals gespürt und wusste gleich, dass er von Jonas kam und nicht von Kolja, obwohl Kolja im Vordergrund saß.
    Auf den nächsten Seiten erzählt er vom ersten Abend, vom Küssen. Er hält jede Bewegung, jeden Blick, jedes Wort von ihr fest, beschreibt ihr Lächeln, ihre Stimme, beschreibt, wie sich das anfühlt, wenn er mit den Lippen ihre Augenlider berührt, ihre Wangen, wie es ist, wenn er seine Nase in ihren Nacken schiebt, unter ihr Haar, und sie küsst, sich an ihr hinabküsst …
    … weich und fest, zart und dennoch stark. Sie ist eine Mischung aus Sandelholz und Rose – ihren Weg unermüdlich nach oben wachsend und dabei bezaubernde Schönheit und betörende Düfte von sich gebend …
    Mein Gott, hier spricht Mister Kitsch, warum wird alles, was ich beschreibe, lächerlich? Moment, ich muss mal eben schnell nachschauen, was ich mir bei »Romeo und Julia« angestrichen habe.
    Da bin ich wieder. – Also, der olle

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