Je mehr Löcher, desto weniger Käse
was dann passiert.
Es ist offensichtlich: Der Weg von der senkrechten Geraden hin zum unteren rechten Punkt ist genauso lang wie von der Geraden zum gespiegelten Punkt links. Das folgt automatisch aus der Tatsache, dass der Punkt an der Geraden gespiegelt wurde.
Wir können unsere Aufgabe also auch anders formulieren: Finde den kürzesten Weg vom oberen rechten Punkt zum gespiegelten Punkt unten auf der anderen Seite der Geraden. Und was ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten in der Ebene? Eine Gerade. Also zeichnen wir diese ein und sind fertig.
Erkennen Sie die Eleganz und Klarheit dieser Lösung? Das Interessante ist nicht die Lösung an sich, sondern der Weg, auf dem man solche Lösungen findet. Das ist der kreative Prozess, für den im Schulunterricht leider oft weder Zeit noch Verständnis da ist. Dabei macht genau die Suche nach solchen Lösungen die Mathematik aus. Und was für ein tolles Gefühl ist es, den Spiegeltrick selbst entdeckt zu haben!
Von der Ebene in den Raum
Beide hier beschriebenen Beispiele, das umrahmte Dreieck und die Punkte neben der Geraden, sind übrigens zugleich wunderbare Startpunkte für weitere mathematische Erkundungen. Funktioniert das Punktespiegeln auch im dreidimensionalen Raum, wenn es darum geht, auf dem Weg von einem Punkt zu einem anderen eine Ebene zu berühren?
Und wie ist das auf der Erdkugel, bei der es sich bekanntlich um eine gekrümmte Fläche handelt? Ein Flugzeug startet auf der Nordhalbkugel, fliegt zum Äquator und zurück zu einem anderen Ort auf der Nordhalbkugel. Wie verläuft die kürzeste Flugroute?
Bei der Flächenformel des Dreiecks drängt sich die Frage auf: Kann man auf ähnliche Weise vielleicht auch das Volumen von Pyramiden berechnen? Genau solche Fragen sind es, die das Wesen der Mathematik ausmachen. Rätseln, spekulieren, entdecken, scheitern, weiterfragen.
Keine Frage: Kinder müssen gewisse Formalismen lernen, weil diese auch die Arbeit erleichtern. Mathematisches Denken ist jedoch nicht zwingend an Formeln und abstrakte Schreibweisen geknüpft. Warum soll man sich mit komplizierten Ausdrücken quälen, wenn es auch ohne geht? Wie bei der folgenden Logikaufgabe, die nur mit Raffinesse zu knacken ist.
Münzfälschung gesucht
Sie haben 9 Ein-Euro-Stücke bekommen. Eine der Münzen ist jedoch eine Fälschung, sie ist minimal schwerer als die übrigen 8. Durch Wiegen sollen Sie den falschen Euro finden. DieWaage besteht ganz klassisch aus zwei Schalen – Sie können damit also nur Gewichte vergleichen. Finden Sie die Fälschung in zwei Wägungen!
Wenn Sie eine beliebige Münze nehmen und diese nacheinander mit den 8 anderen vergleichen, brauchen Sie Glück, um die gesuchte Münze in zwei Wägungen zu finden. Nur wenn die zuerst ausgewählte Münze oder eine der zwei damit verglichenen zufällig das gesuchte Eurostück ist, finden Sie es auch nach höchstens zwei Wägungen.
Einzeln abwiegen ist offensichtlich keine gute Strategie. Was können wir stattdessen noch tun? Wir legen einfach mehrere Münzen zusammen in jede Waagschale. Mein erster Gedanke beim Lesen dieser Aufgabe war, vier auf jede Seite zu legen. Wenn beide Seiten gleich schwer sind, ist Münze Nummer 9 die gefälschte und ich bin fertig. Wenn eine Seite schwerer ist, weiß ich zumindest, unter welchen vier Münzen die gesuchte ist. Mit einer einzigen Wägung, die mir noch bleibt, finde ich die Fälschung so jedoch nicht.
E in Mathematiker, der nicht irgendwie ein Dichter ist, wird nie ein vollkommener Mathematiker sein.
Karl Weierstraß (1815–1897), deutscher Mathematiker
Nächster Versuch: Wir legen nur drei Münzen in jede Waagschale. Wenn die Münzen 1 bis 3 und die Münzen 4 bis 6 gleich schwer sind, muss die Fälschung unter den Eurostücken 7 bis 9 sein. Neigt sich die Waage hingegen zu einer Seite, zum Beispiel zu den Münzen 1 bis 3, dann ist dort auch die schwerste Münze. Mit nur einer Messung habe ich also von neun Münzen jene drei identifiziert, unter denen sich die Fälschung befinden muss.
Bei der zweiten Wägung gehe ich im Prinzip noch mal genauso vor. Ich nehme zwei der drei Münzen und vergleiche sie. Ist eine schwerer, dann ist die Fälschung gefunden. Zeigt die Waage Gleichstand, muss die dritte, nicht auf der Waage liegende Münze die schwerere sein.
Das ist eigentlich ganz einfach – aber man muss eben erst mal drauf kommen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich freue mich immer aufs Neue, wenn ich solch einen Trick
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