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Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
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was mir auffiel, war der eigenartige Geruch, der mir in die Nase stieg. Eine Mischung aus frisch gemähter Blumenwiese, der Grabkammer von Tutanchamun und einer leichten Windelnote im Abgang. Die Raumtemperatur lag bei gefühlten 16 Grad und die Luftfeuchtigkeit bei 15 Prozent. Ich bekam schlagartig eine Gänsehaut und einen staubtrockenen Mund. Ich schnäuzte leise die Reste des Paniermehls aus der Nase, um wieder frei atmen zu können.
    Dann schlenderte ich neugierig um die Regale und prüfte das Angebot: Cranberry-Basen plus, Herz-Kreislauf-Tonikum, Vollkorn-Kinderkekse »Pinocchio« – wahrscheinlich so gut abgelagert wie der Scheit, aus dem Gepetto seinen hölzernen Kumpel schnitzte. Und es gab einen echten Partyspaß: »Stangen« – das sind salzfreie Salzstangen.
    Plötzlich schwebte fast lautlos eine Erscheinung auf mich zu. Ein Verkäufer, wahrscheinlich männlich. Wie soll ich ihn beschreiben? Vielleicht so: Haben Sie schon mal einen Zombiefilm gesehen? Nein, nicht Rosamunde Pilcher, ich meine Filme wie »Die Stadt der lebenden Leichen« oder »Totentanz im Zombiestift«. Der Verkäufer war damals dabei. Vor der Kamera!
    Er bog langsam, aber unaufhaltsam um die Blutreinigungs-Tees herum und hauchte mit einer irren Fistelstimme: »Guten Taaag! Was kann ich für Sie tuuun?«
    Woher kannte ich diese Stimme? Genau: Klaus Kinski! Der wahnsinnige Meister lebt! Klaus Kinski arbeitet im Reformhaus! Wahrscheinlich ist Elvis sein Chef und Kurt Cobain sein bester Kunde. Warum bin ich hier? Ist das alles ein Zufall? Werde ich sein nächster Lehrling? Ich musste mich zusammenreißen!
    »Ja, äh, ich soll was Gesundes essen. Können Sie mir irgendwas empfehlen?«
    »Ja, sicher, hier ist alles gesund!«, antwortete der freundliche Nosferatu. »Schauen Sie mich an! Ich esse ausschließlich Reformkost, und nächstes Jahr feiere ich meinen vierzigsten Geburtstag.«
    »Das sieht man Ihnen nicht an!«, stammelte ich zurück. »Bestimmt waren viele Schaltjahre dabei.«
    Der Untote nahm keine Notiz von meinen Worten. Wie eine alte Puppe mit Sprechplatte im Rücken fuhr er mit seinem Vortrag fort: »Ich führe das Reformhaus in der siebzehnten Generation. Die Gründerin, meine Ur-Ur-Ur-Urgroßmutter, wurde sogar noch als Hexe verbrannt.«
    »Oh, die hat bestimmt gut gebrannt, so trocken, wie die gewesen sein muss.«
    Keine Reaktion! Entweder verstand der Hexer den Scherz nicht, oder er war einfach zu schwach, die Mundwinkel zu heben.
    Ich versuchte die peinliche Situation zu retten: »Äh ja, vielen Dank. Ich schaue mich erst mal unverbindlich um.«
    Der Verkäufer begab sich auf die Suche nach neuen Opfern. Und die gab es zu meiner Verwunderung reichlich im Reformhaus Goldmann. Aber was waren das nur für Menschen? Schwarze Ringe unten den Augen, dünne, fettige Haare, ledrig-pockige Haut in verschiedenen Grauabstufungen, und alle wirkten so unglücklich. Die sahen aus, als besuchten sie eine Beerdigung. Ihre eigene …
    Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Reformhäuser oder Bioläden. Ich kenne junggebliebene, aktive Senioren, die parken morgens gutgelaunt ihr Mountain-Bike vor einem Bio-Supermarkt, um frische Eier von glücklichen Hühnern für das Frühstück mit ihrer dreißig Jahre jüngeren Frau einzukaufen. Aber nicht so im Reformhaus Goldmann! Ich habe jeden Moment damit gerechnet, dass sich die Kunden zusammen mit Goldmann Junior vor mir aufstellen und die Original-Choreographie aus Michael Jacksons Video »Thriller« vortanzen, inklusive abfallender Körperteile. Und dann würden Kurt Felix und Paola erscheinen und mich fragen: »Bill! Verstehst du Spaß?«
    Um mich von den grausigen Gedanken abzulenken, schaute ich mir die Produkte näher an, die die morschen Regale füllten. Plötzlich fiel es mir wie Dinkel aus dem Acker: Leinsamen, Traubenkernmehl, Vollkornkekse – diese Produkte waren alle staubtrocken. Kein Wunder, dass die Kunden hier alle so aussahen. Man gießt eine welke Geranie ja auch nicht mit feinem Wüstensand!
    Und diese Produkte waren allesamt Naturprodukte . Da waren keine Konservierungsstoffe drin! Leute, wie wollt ihr hundert Jahre alt werden ohne Konservierungsstoffe?
    Daher mein Tipp an alle Senioren: Geht jeden Tag zu McDonald’s, Burger King oder Pizza Hut! Da bekommt Ihr, was Ihr braucht: E 220, E 605, Formaldehyd, Arsen! Die ganze Palette. Glaubt mir: Wenn Ihr genügend Konservierungsstoffe zu Euch nehmt, müssen Eure Kinder Euch erschießen, um an die Erbschaft zu

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