Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
gleichmäßig. Mal wachsen die Ohren, dann sehen sie aus wie eine Mischung aus Westerwelle und Genscher. Dann wachsen die Beine, das sieht aus, wie ein Fliegenpilz auf Stelzen. Oder du hast einen albernen Gibbon im Wohnzimmer, weil die Arme in der letzten Woche bis auf den Boden gewachsen sind.
Und dann noch die Gerüche, die sechs pubertierende Jungs ausströmen. Manchmal halten Autofahrer bei uns in der Straße, kurbeln die Scheibe runter und sagen: »Uäääh! Wie riecht es hier denn? Gibt es in der Nähe irgendwo ein Wildgehege?«
»Ja«, antworte ich dann, »aber Vorsicht. Die sind alle in der Brunft!«
In der Pubertät fangen die Jungs auch an, sich zu schämen. Natürlich nicht über sich selbst: »Boah, wie sich der Alte wieder anzieht … Die Musik vom Alten, äääh … Guck mal, wie peinlich der Alte da wieder sitzt …«
Ich, der große Dad, Held der Familie, ich wurde von meinen eigenen Jungs im eigenen Haus nur noch geduldet. Hauptsächlich aus finanziellen Gründen. Vor einigen Jahren sagte Lenny zu mir: »Ich habe heute Abend ein paar Leute eingeladen. Echt coole Freunde von mir. Kannst du mir einen Gefallen tun, Dad?«
Meine Hand griff automatisch zum Portmonee: »Klar, brauchst du Geld für Getränke und Chips?«
Lenny lächelte mich an: »Äh, ja danke, gerne. Aber ich hätte eine andere Bitte: Könntest du heute Abend einfach verschwinden?«
Ich überlegte kurz, ob ich dem frechen Knirps einfach eine knallen sollte, dann legte sich mein Zorn: »Ja, klar, ich bleibe einfach im Arbeitszimmer, da sieht mich keiner. Aber was ist, wenn ich mal zur Toilette muss, dann muss ich durchs Wohnzimmer.«
Lenny hatte für den Fall bereits eine Lösung parat: »Ja, Dad, dann sag einfach, du gehörst zum Personal.«
Da wird man plötzlich der Gärtner, der freundlicherweise abends um 22 Uhr das Klo benutzen darf.
Wenn ich einen von meinen Jungs von einer Party abholen »darf«, sage ich immer: »Ich bin der Taxifahrer und soll einen gewissen Mockrich, äääh, Mücklich oder Möckritsch abholen. Ist der da?«
Und dann kommt der Tag, ab dem die gar keinen Taxifahrer mehr brauchen, weil sie den Lappen ( mittelhochdeutsch für Führerschein-Chipkarte ) bestanden haben. Als Nicky mit seinem Führerschein nach Hause kam, war ich natürlich sehr stolz auf ihn. Bis er mich fragte: »Dad, kann ich heute Abend den Wagen haben?«
Ich hätte die Frage eigentlich ahnen können.
»Neee, Nicky, bitte nicht!«
Nicky stellte sich vor mich und blickte auf mich herab: »Dad, ich bin jetzt aber wirklich alt genug!«
So, nicht mein Freund: »Du vielleicht, aber mein Auto noch nicht!«
Ich freue mich schon auf den nächsten Meilenstein in unserer Ehe: Wenn einer meiner Jungs bei uns an der Haustür klingelt, mit einem Päckchen auf dem Arm und sagt: »Schau, das ist dein Opa !«
Dann wackeln zwei Wackeldackel durch unser Wohnzimmer, ein junger und ein alter. Und auf den Moment freue ich mich am meisten: Wenn ich meinem Enkel nach zwei Stunden Spielen, Lachen und Albernsein sagen kann: »Das war sehr schön mit dir, komm mich am nächsten Wochenende wieder besuchen. Tschüüüüüüß!«
Du kannst den Zwerg einfach wieder abgeben, wie einen Mietwagen. Und meinem Sohn sage ich dann zum Abschied: »Du, der Kleine hat sich da was in die Windel gedrückt. Solltest du mal sauber machen, Dad !«
37.
Fragen Sie Dr. Bill!
In mittlerweile vier Bühnenprogrammen beschäftige ich mich mit dem Thema Älterwerden. Immer wieder erhalte ich dadurch seit Jahren Post von Fans, die mich verzweifelt um Rat bitten. Die meisten dieser Briefe versprühen die hormonelle Verwirrtheit auf der Schwelle zum Vergreisen in jeder einzelnen Zeile. Was mein ächzender Postbote tagtäglich säckeweise anschleppt, zeigt deutlich: Die zweite Pubertät verunsichert Betroffene in unserer modernen Gesellschaft wie nie zuvor. Umso schwerer fällt es mir, aus Zeitgründen nicht jeden einzelnen Hilferuf persönlich beantworten zu können. Ich möchte aber zumindest die Gelegenheit nutzen, einige der dringendsten und häufigsten Fragen in diesem Buch aufzugreifen:
Erwin B. und Doro I. aus P. schreiben:
Sehr geehrter Bill Mockridge, Doro und ich sind frisch verliebt, aber beide bereits Anfang achtzig. Nun wollen wir heiraten. Finden Sie das in Ordnung?
Dr. Bill antwortet:
Liebe Doro, lieber Erwin, das finde ich ganz und gar nicht »in Ordnung« – nein, das finde ich großartig! Was spricht bitte schön dagegen? Gut, sicher: Auch mit
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