Je sueßer das Leben
für dich waren. Das, was geschehen ist, war schrecklich, das Schrecklichste überhaupt.
Ich will dir das Folgende sagen, weil ich weiß, dass in dir sehr viel Liebe steckt. Und dass du auch Liebe annehmen kannst. Ich hoffe, dass du mich verstehst. Als ich Steven heiratete, beging ich den Fehler, mich Ben zu fügen. Ich ließ es zu, dass er mich abwies – wenn er nicht mit mir reden wollte, zwang ich ihn nicht dazu. Wenn er mich nicht um sich haben wollte, ließ ich ihn allein. Es war ein solcher Kampf, eine Beziehung zu ihm aufzubauen – er schien mich einfach nicht zu wollen, und in meiner Sturheit und meinem Stolz war es leichter für mich, ihm nachzugeben und mich zurückzuziehen.
Aber irgendwann wurde mir klar, dass wir manchmal jemanden wegstoßen, weil wir wollen, dass er es wieder versucht. Wir wollen, dass der andere kommt und uns sagt, dass er uns nicht vergessen hat. Er soll uns zeigen, wie sehr er uns will und braucht. Wir wollen den Beweis dafür, dass er uns liebt und um uns kämpft. Du hast deine Eltern und deine Schwester, die dich sehr lieben, Julia. Kannst du sie wieder an dich heranlassen? Kannst du sie wissen lassen, wie sehr du sie brauchst?«
Eine ganze Weile sagt Julia nichts und sitzt mit gesenktem Kopf da. Madeline wartet.
»So einfach ist es nicht, Madeline.« Julias Stimme ist nur ein Flüstern. »Ich habe meinen Eltern vor langer Zeit zu verstehen gegeben, dass ich sie nicht brauche. Ich habe deutlich gemacht, dass sie mich im Stich gelassen haben, als sie mir nach Joshs Tod nicht die richtige Unterstützung geben konnten. Und mit ihrem Umzug nach Florida haben sie es sich ja auch ziemlich leicht gemacht. Das war wie eine Flucht.«
»Was so etwas angeht, macht es sich niemand leicht, Julia.«
Julia schließt die Augen. »Was soll ich denn tun? Sie bitten, mir zu verzeihen?« Ihre Stimme zittert, und sie ballt die Hände zu Fäusten.
»Nein, natürlich nicht. Es reicht wahrscheinlich, ihnen die Möglichkeit zu bieten, sich dir wieder anzunähern.« Madeline nimmt Julias Hand, damit sie sich entspannt. »Da gibt es kein richtig oder falsch. Sie haben damals getan, was sie für das Beste hielten, genau wie du. Und jetzt steht ihr da, wo ihr steht. Was soll als Nächstes kommen, Julia? Ich weiß, dass dir Mark und Gracie genügen, um glücklich zu sein – das merkt man dir an. Und ich weiß auch, dass sie dich sehr lieben. Aber genauso weiß ich, dass du so viel mehr haben könntest, und das wünsche ich mir für dich. Du verdienst Liebe, Julia. Und zwar von deinen Eltern und auch von Livvy.«
Julia schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie. »Dafür ist es zu spät, Madeline.«
»Warum?«
»Ich habe Livvy so lange die Schuld an Joshs Tod gegeben, weil ich nicht erkannt habe …«
»Was hast du nicht erkannt, Julia?«
Julia sieht sie mit Tränen in den Augen an. »Ich habe nicht erkannt, dass es mein Fehler war. Ich bin seine Mutter, Madeline, und ich war nicht da, um ihn zu beschützen.« Sie beginnt zu weinen. »Es war meine Aufgabe, mich um ihn zu kümmern. Ich habe ihn im Stich gelassen.«
»Nein, Julia«, sagt Madeline bestimmt. »Niemand ist schuld. Die beiden unumstößlichen Dinge in unserem Leben – unsere Geburt und unser Tod – liegen außerhalb unseres Machtbereichs. Wir versuchen unser Leben lang, Kontrolle darüber zu gewinnen, aber das ist unmöglich. Selbst wenn wir glauben, wir hätten die Macht darüber, ist das falsch. Damit müssen wir uns leider abfinden, Julia, auch wenn es uns nicht gefällt, daran lässt sich nun einmal nichts ändern. Für keinen von uns.
Aber wir brauchen andere, und es ist ein Geschenk, wenn Menschen, die dich von früh an kennen und lieben, zu deinem Leben gehören. Wie deine Eltern, wie deine Schwester. Du bist diejenige, die wieder Kontakt zu ihnen aufnehmen muss, Julia. Nicht weil sie es nicht vielleicht eines Tages von sich aus versuchen, sondern weil dir mittlerweile klar ist, wie sehr du es dir wünschst, und weil du dir diese Freude nicht länger vorenthalten willst. Nämlich von Menschen umgeben zu sein, die dich lieben. Es gibt nichts Schöneres, Julia. Und ich weiß, dass du das weißt.«
Beide verstummen. Madeline redet nicht weiter, um diesem Schweigen Raum zu geben, in dem ein Versprechen liegt.
Julia wischt ihre Tränen weg und blickt in den blauen, wolkenlosen Himmel. »Als ich an dem Tag, an dem wir nach Barrett fuhren, Joshs Freund gesehen habe, dachte ich, dass Josh jetzt so aussehen würde, wenn er noch am Leben
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