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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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Wartezeit lasse ich Ihnen schon einmal ein paar Appetithäppchen bringen. Ich gebe unserem Koch Bescheid, dass er ein Menü aus seinen Lieblingsgerichten für Sie zusammenstellen soll.«
    Mark weiß nicht, was er sagen soll. Ihm ist bereits zu Ohren gekommen, dass Lemelin ein weiteres Restaurant eröffnen will, einen richtigen Gourmettempel, in dem seine gepriesene Küche das passende Ambiente erhalten soll. Genauso sind ihm allerdings auch Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Lemelin seine Architekten ohne viel Federlesens auf die Straße setzt, und es ist klar, dass er im Moment auf der Suche nach einem neuen Opfer ist.
    Lemelin zwinkert Mark zu. »Ich sage dem Barkeeper Bescheid, dass er Ihnen einen Martini nach unserem Spezialrezept mixt. Er ist letztes Jahr in Food & Wine vorgestellt worden. Sie werden ihn mögen.« Er dreht sich um und verschwindet mit einem Winken in der Küche.
    Es schmeichelt Mark, so hofiert zu werden. Er kennt das gar nicht mehr, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, bevorzugt behandelt zu werden. Seit Joshs Tod hat er auf Reisen und abendliche Geschäftsessen verzichtet, und das Büro hat darunter gelitten. An seiner statt kümmert sich sein Partner Victor Gunther um die Kontaktpflege, aber das ist nicht seine Stärke. Es ist die Stärke von Mark, der nur vergessen hat, wie viel Spaß es macht und wie sehr er es vermisst.
    Er entschuldigt sich und verlässt das Lokal, um Julia anzurufen. Das tut er aus reinem Pflichtbewusstsein, denn sie wird wahrscheinlich nicht einmal den Hörer abnehmen. Und tatsächlich, der Anrufbeantworter springt an, und seine eigene Stimme bittet ihn, eine Nachricht zu hinterlassen. Plötzlich hat Mark keine Lust, mit sich selbst zu sprechen. Er unterbricht die Verbindung und steckt das Handy zurück in seine Jackentasche.
    Drinnen hebt Vivian ein Martiniglas und lächelt ihm konspirativ zu. »Cheers«, sagt sie.
    Er fasst sein Glas am Stiel. »Cheers.« Sie sehen sich in die Augen, als sie anstoßen und nippen.
    Es ist ein verdammt guter Martini, und Mark würde sofort ein zweites Glas trinken, wenn sie nicht Geschäftliches zu besprechen hätten. »Raus mit der Sprache, wie haben Sie das angestellt? Woher kennen Sie Bruno Lemelin?«
    Vivian schüttelt den Kopf. »Ich kenne ihn gar nicht«, sagt sie. »Es war reiner Zufall. Ich habe angerufen, um einen Tisch zu reservieren, und er hat abgenommen. Er hat gesagt, dass er auf einen Anruf wartet und sein Maître d’hôtel gerade Pause macht. Als mir klar wurde, mit wem ich sprach, habe ich natürlich gleich versucht, mich ein bisschen einzuschmeicheln.«
    »Natürlich«, sagt Mark mit einem Lächeln. Vivian zuckt nur lässig mit den Schultern, aber für Mark bestätigt sich etwas, was er schon weiß. Vivian mag der Zufall in die Hände gespielt haben, aber sie erkennt eine günstige Gelegenheit als solche und gehört nicht zu den Frauen, die sie ungenutzt vorüberziehen lassen.
    Ein Kellner bringt ein Tablett mit verschiedenen Tellerchen darauf: ein Soufflé aus Foie gras und Zwiebeln mit in Armagnac getränkten Pflaumen, mit gedünstetem Sellerie und Ziegenkäse gefüllte Ravioli und wunderbar knuspriges Krabben-Tempura. Mark bestellt eine Flasche Chardonnay. Vivian fängt an, ihm von ihren Vorschlägen für das Cherry-Hill-Projekt zu berichten. Mark gefällt die Idee, vorhandene Gegenstände mit neuen Materialien zu kombinieren, und er ist tief beeindruckt von ihrem umfassenden Wissen. Sie beichtet ihm, dass sie eigentlich eine Stelle in Chicago oder New York gesucht hatte, als sie über die Website stolperte, von der Mark und Victor sie aus dem Cyberspace anlächelten, und dachte: Warum nicht?
    »Warum nicht?«, wiederholt Mark und sieht ihr zu, wie sie einen Bissen Ravioli in den Mund steckt. Er ertappt sich dabei, wie er auf ihre Lippen starrt, die noch immer in einem tiefen Rot glänzen, und zwingt sich, an andere Dinge zu denken. Bruno. Gracie. Architektur. Den Typen in der Ecke mit der beginnenden Glatze, der offenbar ein Blind Date hat. »Vielleicht weil wir nicht so gut zahlen. Und uns der Glamour-Faktor fehlt.«
    Vivian schüttelt den Kopf. »Glauben Sie mir – das hatte ich schon. Das brauche ich nicht mehr.«
    Er möchte mehr wissen, sie am liebsten fragen, wie es kommt, dass sie das alles schon hatte und nicht mehr braucht. Was braucht sie stattdessen? Er möchte es wissen, obwohl ihm klar ist, dass er es später vielleicht bereuen wird. Aber bevor er irgendetwas sagen kann, wechselt Vivian das Thema

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