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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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aufspringt und geht. Aber nichts dergleichen geschieht.
    Stattdessen richtet sie ihren Blick wieder auf Hannah und sagt: »Ja. Ich habe noch einen Sohn.«

Kapitel 8
    Wenn man nie mit anderen Leuten zusammenkommt, muss man auch nicht mit ihnen reden. Es ist lange her, dass sie das letzte Mal darüber gesprochen hat, weil ohnehin jeder in Avalon irgendeine Version der Geschichte kennt.
    Julia spürt, dass es in der Luft hängt. Wartet. Ihre Stimme ist unsicher und zittrig, als sie leise zu sprechen beginnt, ohne zu wissen, wie viel sie sagen wird, wie viel sie sagen kann . Dann fangen die Worte plötzlich an zu sprudeln, und es bricht alles aus ihr heraus.
    Die drei Frauen schweigen. Julia kann gar nicht glauben, dass sie gerade tatsächlich anderen von Joshs Tod erzählt hat. Sie hat nie darüber gesprochen, nicht einmal mit Mark, und wenn jemand sich danach erkundigte, stand sie einfach auf und ging weg.
    Madeline sagt als Erste etwas: »Das tut mir so leid, Julia.« Sie nimmt Julias Hände, ihre Haut ist faltig und weich. Tröstlich.
    Hannah hat Tränen in den Augen, sie wirkt erschüttert. Diese Reaktion kennt Julia. Dass Hannah nichts sagt und sich nicht gezwungen fühlt, das Schweigen mit Worten zu füllen, ist jedoch wohltuend.
    Madelines Augen sind feucht, aber sie wendet den Blick nicht von Julia ab, die ihr ihre Hände entzieht und sich über die Augen wischt. Plötzlich fühlt sie sich müde. Sie möchte schlafen.
    »Es tut mir so leid«, bringt Hannah schließlich hervor. Madeline reicht ihr ein Taschentuch, und Hannah schnäuzt sich. »Ich … Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    Julia öffnet die Augen und sieht die junge Frau an, die weint, auch wenn sie es zu unterdrücken versucht. »Schon gut, Hannah.« Früher hat es Julia geärgert, wenn die Leute vor ihr in Tränen ausbrachen und ihren Verlust betrauerten, als wäre es ihr eigener, gerade so, als erwarteten sie, dass sie, Julia, sie tröstete. Bei Hannah ist es anders.
    Madeline entschuldigt sich, weil sie sich um die letzten Gäste kümmern muss, und verspricht ihnen, gleich zurückzukommen. Sie umarmt Julia und gibt ihr einen Kuss auf den Scheitel.
    Die Müdigkeit geht vorüber. Julia wird sich plötzlich bewusst, dass sie an einem Tisch mit einer hübschen blauen Chintzdecke sitzt, die Hand um eine Tasse mit lauwarmem Tee geschlossen. Sie sieht die hübschen alten Salz- und Pfefferstreuer, die lila Krokusblüten in einer kleinen Glasvase. Bisher hatte sich die Müdigkeit immer tagelang in ihrem Körper festgesetzt, und sie konnte nichts tun, als ins Bett zu kriechen. Heute aber ist die Müdigkeit gekommen und gegangen. Sie spürt nach wie vor ein Gefühl der Leere in der Brust, als sei sie hohl, aber sie sitzt hier am Tisch, trinkt Tee und spricht über Josh.
    Sie kann es kaum glauben.
    Madeline kehrt mit einer Kanne frisch aufgebrühtem Tee an den Tisch zurück. Sie sind jetzt allein im Teesalon, und Julia hat gesehen, dass Madeline das Schild an der Tür auf GESCHLOSSEN gedreht hat, als die letzten Gäste gegangen sind.
    Julia protestiert nicht. Diese Frauen kennen sie nicht, sie kannten Josh nicht, und doch hat sie das Gefühl, sie könnten ihre Trauer verstehen.
    Die drei Frauen sitzen schweigend da und geben sich ein wenig Zeit, bevor sie wieder anfangen zu reden und mit leiser Stimme über Dinge sprechen, die man niemals vergisst.

Dr. Norma Meehan, 37
Therapeutin
    »Lassen Sie es raus«, fordert Norma Meehan sie auf. »Wie haben Sie sich in dem Moment gefühlt?« Sie lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und wirft einen verstohlenen Blick auf die kleine Uhr hinter dem Kopf ihrer Patientin. Noch vierzig Minuten.
    »Furchtbar, Dr. Meehan!« Phyllis Watts schnieft und umklammert ihr Taschentuch. »Ich habe ihm gesagt, dass ich die erweiterte Garantie nicht will, aber er hat mir nicht einmal zugehört. Er sagte, dass ich sie bräuchte, und schrieb sie einfach dazu. Einfach so!«
    Dr. Meehan schnalzt leise mit der Zunge. Das soll Phyllis das Gefühl geben, dass sie zuhört und Phyllis ihr ganzes Mitgefühl hat, ohne dass sie sich näher dazu äußern muss. »Und was geschah dann?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich für die erweiterte Garantie nicht zahlen werde, weil die Verbraucherzentrale sagt, dass erweiterte Garantien unnötig sind. Und dann … dann …« Phyllis redet sich schon wieder in Rage und keucht wütend.
    »Was hat er dann getan, Phyllis?«
    » ER HAT GELACHT! Da bin ich aus dem Geschäft gestürmt und habe gedacht, dass ich es

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