Je sueßer das Leben
ihm zeigen werde, aber wissen Sie, ich würde den neuen Hoover wirklich gerne haben, und kein anderes Geschäft in der Stadt führt ihn. Wenn ich ihn haben will, muss ich also in diesen Laden zurück, und er wird mich bestimmt wieder auslachen!«
Dr. Meehan unterdrückt ein Gähnen. Nach dem Mittagessen ist sie immer so müde. Das ist wirklich die schlimmste Zeit des Tages.
Phyllis schäumt. »Wer erlaubt ihm eigentlich, eine Kundin auf diese Weise zu behandeln! Ich bin doch auch ein Mensch! Ich habe mich so klein und unbedeutend gefühlt, als hätte ich keinen blassen Schimmer. Aber ich habe mich vorher genau kundig gemacht, Dr. Meehan. Dieser Hoover hat die besten Bewertungen und wird überall im Internet empfohlen! Ich bin so wütend, am liebsten würde ich auf etwas einprügeln!«
Als sie das hört, richtet sich Dr. Meehan auf. »Sie möchten auf etwas einprügeln?«
»Ja! Ein Kissen vielleicht, oder ich nehme diesen Schaumstoffschläger, den Sie haben …«
Dr. Meehan steht auf und eilt in die kleine Teeküche, die zu ihrer Praxis gehört. Gleich darauf kehrt sie mit einem Beutel Freundschaftsbrotteig zurück, den sie Phyllis reicht. »Hier, nehmen Sie das! Drücken und quetschen Sie’s! Lassen Sie Ihren Frust raus! Aber passen Sie auf, dass der Beutel nicht reißt. Das gäbe eine Riesensauerei.«
Phyllis sieht verwirrt auf den Beutel in ihrer Hand. »Ich soll den Beutel quetschen?«
»Ja. Ich schreibe Ihnen ein Rezept auf.« Dr. Meehan notiert etwas auf der Rückseite eines Blatt Papiers.
»Ich möchte eigentlich keine Medikamente einnehmen, Dr. Meehan.« Phyllis sieht besorgt aus.
»Das ist eine andere Art Rezept«, versichert Dr. Meehan ihr und reicht Phyllis das Rezept für das Freundschaftsbrot mit ein paar Ergänzungen auf der Rückseite. »Kneten, drücken oder quetschen Sie ihn zehn Tage lang mindestens einmal am Tag. Ach ja, am sechsten Tag müssen Sie ein paar Sachen dazugeben, aber das wird Sie nur eine Minute kosten.«
Phyllis sieht sie verwundert an. »Das ist alles?«
»Das ist alles! Ach, und am zehnten Tag können Sie, wenn Sie Lust haben, zwei Laib Brot daraus backen. Es schmeckt köstlich.«
»Und wie soll mir das weiterhelfen, Dr. Meehan?«
Das weiß Dr. Meehan auch nicht, aber wenigstens ist sie jetzt einen dieser Teigbeutel los. Eine ihrer Patientinnen hatte ihr ein paar Scheiben von dem Brot mitgebracht, und sie beging den Fehler, davon zu schwärmen, wie gut es schmecke. Eine Stunde später lagen ein Beutel mit Teig und das Rezept in ihrem Briefkasten. In der Luft hing der schwache Geruch nach verbranntem Gummi – die Patientin schien es eilig gehabt zu haben.
Dr. Meehan fragt sich, warum sie nicht schon früher auf die Idee gekommen ist. So wird sie die überflüssigen Teigbeutel los und kann immer ein wenig für sich selbst behalten. Genial.
»Es wäre kontraproduktiv, wenn ich Ihnen das erklären würde«, fertigt sie Phyllis ab. Sie hat heute noch zwei Patienten, und für die wird sie die Beutel gleich auf die Couch legen. »Vertrauen Sie mir einfach, ja?«
Kapitel 9
Auf seinem Schreibtisch liegt ein Geschenk, eine kleine hellblaue Schachtel mit einer großen weißen Schleife. Mark schlüpft aus seiner Jacke und hängt sie an den Haken an seiner Bürotür, während er sich fragt, von wem es stammen könnte, wobei er es sich eigentlich denken kann.
Im Büro ist es ruhig. Alle sind mit ihren Projekten beschäftigt, und Victor ist auf einer Konferenz des Architektenverbands in Istanbul. Das Jahrestreffen findet in einigen Monaten in Miami statt, aber Mark hatte Zweifel, dass Victor das schaffen würde. Victor hat wegen Mark auf Urlaub verzichtet und ist auch keinen Tag krank gewesen, damit das Geschäft von Gunther & Evarts normal weiterlaufen kann. So geht das seit fünf Jahren, aber seit einiger Zeit fühlt sich Mark wieder imstande, mit voller Kraft zu arbeiten. Deshalb hat er Victor und seine Frau für zwei Wochen nach Europa geschickt und in dieser Zeit die Verantwortung für den Laden übernommen.
Heute Morgen hat er Vivian im Fitnessstudio gar nicht gesehen – nicht, dass er Ausschau nach ihr hielte. Es ist nur schon eine Art Gewohnheit geworden, diese zwanglosen Treffen am Morgen. Sie begrüßen sich und plaudern kurz miteinander, bevor sie mit ihren jeweiligen Trainingseinheiten anfangen. Er ist sich ihrer Anwesenheit bewusst, egal wo sie sich gerade im Studio aufhält, aber vermeidet es, zu ihr hinzusehen. Auf dem Weg nach draußen begegnen sie sich erneut,
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