Je sueßer das Leben
Vanillecremefüllung, Zitronencremefüllung, Karamellcremefüllung – alle landen sie in seinem Wagen. Selbst Gracie verzieht das Gesicht. Aber das ist Mark egal.
Julia ist für die nächsten zwei Tage verreist, sie gönnt sich eine kurze »Auszeit« mit einer ihrer Teesalon-Freundinnen. Mark weiß nicht, wo sie ist und was sie tut. Wie üblich. Warum sollte sie Mark auch darüber informieren? Er ist doch nur ihr Ehemann.
Er packt eine Schachtel mit glasierten Doughnuts in den Einkaufswagen. Dann geht er weiter.
Nach dem Supermarkt wollen sie in die Videothek und den neuesten Disney-Film ausleihen. Irgendeine Kinderschnulze als Seelentröster, wie sie nur die Disney-Studios zustande bringen. Wenn du knallharte Action willst, musst du nur versuchen, deine Frau zu küssen. Das kriegt nicht mal James Bond hin.
Julia regt sich immer künstlich über diese Zeichentrickfilme auf. Ob Mark bemerkt hat, dass in fast allen Filmen ein Elternteil fehlt? Und dass es normalerweise die Mutter ist, die weggelaufen oder gestorben ist? Cinderella, Schneewittchen, Die Schöne und das Biest, Pocahontas, Arielle, die Meerjungfrau, Bambi und selbst Cap und Capper . Mark hat ihr angeboten, sich schriftlich zu beschweren, aber das fand Julia überhaupt nicht lustig.
Im nächsten Gang sind die Tiefkühlprodukte. Er nimmt eines der angeblich gesunden Bio-TV-Dinner für Gracie und für sich selbst Pizzataschen. Neulich hat er einen Werbespot für diese überbackenen Baguettes gesehen – vielleicht sollte er davon eins probieren.
»Mark?«
Er blickt auf. Da steht Livvy. Sie wirkt nervös, offensichtlich hat sie nicht damit gerechnet, ihm zu begegnen. Ihr Einkaufswagen ist wie seiner mit Lebensmitteln gefüllt, aber mit richtigen – Gemüse und Obst, Fisch, Joghurt. Lauter gesundes Zeug. Mark hat plötzlich Heißhunger auf einen Salat und wünschte, er könnte seinen Einkaufswagen einfach stehen lassen und weggehen.
»Hallo, Livvy.« Er kennt Livvy beinahe so lange wie Julia. Julia hat sie ihm, gleich nachdem sie und Mark ein Paar geworden waren, vorgestellt. Sie hatten viel Spaß miteinander gehabt, wobei Livvy Julia natürlich in den Wahnsinn trieb und Josh viel zu sehr verwöhnte, aber dazu sind Schwestern und Tanten ja da. Mark vermisst sogar ihren nichtsnutzigen Ehemann Tom, der so berechenbar unberechenbar ist, dass man fast schon wieder auf ihn zählen kann. Mark vermisst das alles. Er ist der Unbeholfenheit und Förmlichkeit überdrüssig, mit der sie sich begegnen, der zurückhaltenden Begrüßungen. Er ist all dieses Blödsinns so überdrüssig, dass er ohne nachzudenken einen Schritt nach vorn macht.
Und Livvy umarmt.
Die Rührung, die ihn überfällt, als er sie in den Armen hält, überrascht ihn selbst. Es macht ihm nicht einmal etwas aus, dass er mitten im Supermarkt steht, während sich seine Augen mit Tränen füllen und er nichts mehr erkennen kann. Liebe Kunden! Besuchen Sie Gang sechs und sehen Sie sich unseren weinenden Ehemann an! Oh Gott, wie hatten sie den Karren bloß so in den Dreck fahren können?
Er lässt sie los und reibt sich lachend über die Augen. »Tut mir leid, damit habe ich nicht gerechnet. Ich freue mich, dich zu sehen, Livvy.«
Auch Livvys Augen schwimmen in Tränen. Schnell wischt sie sie mit dem Handrücken weg. »Ich freue mich auch. Hallo, Gracie, wie geht’s dir, Kleine?« Sie lächelt sie zaghaft an.
»Gut.« Gracie ist höflich, aber vorsichtig. Troy hat einen Schokoriegel im Schoß, und sie wendet sich ihm wieder zu und erklärt ihm, dass er ihn später essen darf, wenn er brav ist.
»Du bist vielleicht gewachsen! Außerdem bist du deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, Gracie.«
Neugierig dreht Gracie den Kopf zu ihr. »Aber ich habe braune Haare wie mein Daddy.«
»Ja, das stimmt, aber deine Augen und deine Nase sind genau wie die von Julia. Deiner Mom.« Livvys Stimme klingt zärtlich. »Du hast sogar genau dieselben Sommersprossen wie Julia.« Livvy berührt ihre Nase.
Gracie sieht zwischen Livvy und Mark hin und her, und dann lächelt sie breit. Plötzlich wirkt sie verlegen. »Danke.«
Mark betrachtet seine Tochter liebevoll und denkt, dass Livvy recht hat. Gracie hat dieselben fein geschnittenen Züge wie Julia. Er schluckt und fragt sich, wie es kommt, dass ihm das bislang nicht aufgefallen ist.
»Das ist Troy«, sagt Gracie und stellt Livvy ihren Elefanten vor.
Livvy bückt sich. »Das ist aber ein hübscher Elefant.«
»Er ist ein Vogel«, sagt Gracie mit
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