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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gekommen, und wir mußten wohl oder übel auf gute Nachbarschaft anstoßen und Salzstangen essen.
    Herrn Piekarski lernten wir auch noch kennen. Er tauchte auf, als wir gerade gehen wollten, begrüßte uns mit einem herablassenden Händedruck und vergrub sich hinter einer Zeitung.
    Ich hörte Rolf förmlich mit den Zähnen knirschen, aber er riß sich zusammen und sagte liebenswürdig: »Eine Verspätung kann man mit einem Dutzend verschiedener Ausreden begründen, von denen auch nicht eine glaubhaft klingen muß, aber im allgemeinen ist es doch wohl üblich, daß man sich bei seinen Gästen wenigstens entschuldigt.«
    Herr Piekarski bekam einen feuerroten Kopf, stammelte etwas von »Arbeitsüberlastung« und »völlig abgespannt« und bat darum, diesen verpatzten Abend doch bei einer günstigeren Gelegenheit zu wiederholen.
    »Dazu wird es wohl nicht mehr kommen«, sagte Rolf, griff nach seinem Korkenzieher und strebte zur Haustür. Wastls geplanter Angriff auf die Hosenbeine wurde mit einem gezielten Fußtritt abgewehrt, verfehlte aber sein Opfer und endete im blechernen Schirmständer, was dem theatralischen Abgang noch eine nachhaltige Note verlieh. Ich stammelte ein paar banale Floskeln und eilte meinem Herrn und Gebieter hinterher. Die Tür wurde nicht schnell genug hinter mir geschlossen, und so hörte ich noch Frau Piekarskis aufgebrachte Stimme: »Bei welchem von deinen Weibsbildern hast du denn wieder herumgehangen?«
    Sven hockte vor dem Fernsehapparat und zog ein langes Gesicht. »Jetzt kann ich den Krimi wieder nicht zu Ende sehen. Wieso seid ihr denn so früh da? Ist die Party schon aus?«
    »Man soll immer dann gehen, wenn es am schönsten ist«, sagte Rolf mit todernster Miene und scheuchte seinen Filius ins Bett. Dann empfahl er mir, den Kontakt mit ›diesen bornierten Ignoranten‹ auf das unerläßliche Minimum zu beschränken, den regen Zulauf der beiden Mädchen zu bremsen und Frau Piekarski endlich klarzumachen, daß wir keine Leasing-Firma mit Nulltarif seien.
    »Würdest du mir so ganz nebenbei mal sagen, was ›interpräkativ‹ bedeutet? Nach deiner Ansicht verfüge ich zwar über eine umfassende Halbbildung, aber dieses Wort habe ich noch nie gehört.«
    Mein Gatte lächelte wissend. »Kannst du auch nicht. Ich habe es vor Jahrzehnten mal erfunden, um der widerlich arroganten Mutter meiner Freundin zu imponieren. Soweit ich mich erinnere, habe ich es damals im Zusammenhang mit irgendeinem philosophischen Geschwafel gebraucht und ziemlich viel Erfolg gehabt. Seitdem habe ich es öfter mal benutzt, aber du bist die erste, die mich danach fragt. Im übrigen mußt du doch zugeben, daß das Wort unerhört gebildet klingt.«
    Darüber kann man interpräkativer Meinung sein!
    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich Frau Piekarski endlich davon überzeugt hatte, daß weitere Pumpversuche zwecklos waren. Den letzten Vorstoß unternahm sie, als sie meinen Staubsauger haben wollte, weil ihr eigener gerade kaputtgegangen war und abends der Chef ihres Mannes zum Essen käme. Und ob ich nicht auch noch ein paar Eier hätte?
    »Eier gibt es in jedem Lebensmittelgeschäft. Bringen Sie am besten gleich ein paar mehr mit, dann können Sie mir endlich die ausgeliehenen zurückgeben. Einen Staubsauger besitze ich nicht, denn wir blasen unseren Dreck immer mit dem Fön auf einen Haufen und fegen ihn dann auf.«
    Frau Piekarski sah mich verständnislos an, aber dann schien sie begriffen zu haben. Sie schenkte mir ein Lächeln mit nichts dahinter als Zähnen und entfernte sich auf Stelzen der Verachtung. Ihren Töchtern verbot sie den weiteren Umgang mit ›diesen Proleten‹ und wenn wir uns jetzt auf der Straße begegnen, sieht sie durch mich hindurch.
    Belinda hielt sich allerdings nicht an das Verbot. Im Laufe der Zeit holte sie sich alle vollgeschriebenen Hefte, die Stefanie noch aus ihrer Grundschulzeit besaß. Dadurch war wenigstens die nächste Versetzung gesichert.
    Die weitere Entwicklung der Familie Piekarski erleben wir seitdem nur noch aus der Ferne, gelegentlich auch durch detaillierte Berichte von Frau Friedrich. Ihr Grundstück ist von Piekarskis Garten nur durch einen schmalen Weg getrennt, und so wird sie zumindest im Sommer oft genug Zeuge des bewegten Familienlebens. »Mein Vokabular an Schimpfwörtern hat sich schon beträchtlich vergrößert. Das von Bettina übrigens auch!«
    Frau Piekarski ließ sich scheiden, weil ihr Mann diverse Freundinnen, aber ansonsten so gar keinen Ehrgeiz

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