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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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die Hiobsbotschaft, daß seine Schildkröte mal wieder getürmt war.
    Sascha bekundete brüderliches Mitgefühl. »Wenn du das so auffällig machst, du Pfeife, dann kommt dir Määm doch gleich drauf!«
    »Worauf soll ich kommen?«
    »Ach, nichts, Wir schreiben heute bloß eine Lateinarbeit.«
    »Glaubst du Flasche denn, ich hätte gestern anderthalb Stunden lang meinen Spickzettel präpariert, wenn ich heute schwänzen wollte?«
    Das war immerhin ein stichhaltiges Argument. Sascha sah das ein und verlangte die Überlassung der Gedächtnisprothese. »Ich bin gestern einfach nicht dazu gekommen.«
    Rolf begutachtete seinen Ältesten, fand ihn etwas blaß – ich fand eigentlich das Gegenteil – und verordnete Bettruhe sowie 24stündiges Fasten.
    Das Fieberthermometer zeigte knapp 39 Grad, die Kopfschmerzen ließen nach, Sven verlangte Tee und Zwieback, was in Krankheitsfällen zwar nicht viel nützt, aber wenigstens auch nicht schadet, und am Abend war der Patient schon wieder halbwegs munter.
    Am nächsten Morgen rief er mich ins Bad. »Guck mal, Määm, ich sehe aus, als ob ich in die Brennesseln gefallen wäre.«
    Sein Oberkörper war übersät mit roten Pünktchen.
    »Wenn du nicht schon an der Schwelle zum Greisenalter ständest, würde ich sagen, es sind die Masern.«
    »Blödsinn, ich bin doch kein Kleinkind mehr. Vermutlich ist das irgendein Ausschlag, so 'ne Art Allergie.«
    »Wogegen solltest du denn allergisch sein?«
    »Vielleicht gegen unregelmäßige Verben«, vermutete Sascha und umrundete kopfschüttelnd seinen Bruder. »Im Gesicht sieht man gar nichts.«
    Nun erlebte Sven damals gerade die Blütezeit der Akne und sah auch an ganz normalen Tagen wie ein Streuselkuchen aus.
    »Ab ins Bett, ich rufe nachher den Arzt an.«
    Vorher informierte ich mich bei Cornelia.
    »Kann man mit sechzehn Jahren noch die Masern bekommen?«
    »Wenn man sie noch nicht hatte, immer! Und nun sagen Sie nur nicht, die anderen Kinder haben sie auch noch nicht gehabt.«
    »Haben sie auch nicht, ich glaubte schon, wir seien dagegen immun.«
    »Sie werden sich wundern! Am besten stecken Sie alle zusammen in ein Zimmer, dann können Sie es wenigstens in einem Aufwasch erledigen!«
    Unsere Hausärztin war derselben Meinung. Ich nicht. Sven wurde in sein Zimmer verbannt, der nähere Umkreis zum Sperrbezirk erklärt, und so langweilte sich der Aussätzige seiner Genesung entgegen.
    Die nächste war Stefanie. Während Svens Ausschlag schon nahezu verschwunden war, erblühte er bei Steffi in voller Schönheit. Die beiden Patienten tauschten die Zimmer, denn angeblich sollte Sven in diesem Stadium keine Ansteckungsgefahr mehr bedeuten. Ein zweiter Raum mußte ja nicht auch noch infiziert werden.
    Im Gegensatz zu ihrem Bruder ist Steffi eine ungeduldige Kranke. Sie wollte Johannisbeersaft, und als Sascha ihn mit einer ungewohnten Bereitwilligkeit endlich aus dem Supermarkt geholt hatte, wollte sie keinen mehr. Sie wollte Hühnerbrühe, und als die fertig war, wollte sie lieber Spaghetti. Sie wollte einen dünneren Schlafanzug, bekam ihn, wollte ein Nachthemd, weil das noch dünner war, bekam auch das, wollte fünf Minuten später eine zusätzliche Decke, weil ihr kalt war. Nachts konnte sie angeblich nicht schlafen, tagsüber wollte sie nicht, zum Lesen hatte sie keine Lust, zum Vorlesen hatte ich keine Zeit und wenn Sven sich nicht manchmal als Alleinunterhalter betätigt hätte, wäre ich wahrscheinlich durchgedreht.
    Endlich hatte auch sie das Stadium der Rekonvaleszenz erreicht und wurde wieder verträglicher.
    »Mami, mir ist so heiß, und ich fühle mich auch ganz schwindlig.« Katja hockte auf dem Bettrand und sah mich mit Dackelaugen an. Inzwischen hinreichend geschult, kontrollierte ich die Ohrmuscheln, entdeckte dahinter die schon bekannten roten Pünktchen, stopfte Katja ins Bett zurück und erklärte meinem entsetzten Gatten: »Nummer drei!«
    Unsere Ärztin wurde energisch. »Isolieren Sie auf keinen Fall den anderen Zwilling, der ist sowieso schon infiziert. Und schicken Sie ihn nicht mehr zur Schule, sonst kann ich in den nächsten Wochen auch noch Nachtschichten einlegen.«
    Bei Nicki dauerte es aber noch fast acht Tage, ehe sie sich blaßrosa einfärbte, und während Katja schon wieder im Haus herumtobte, kämpfte ihr Zwilling mit einer beginnenden Lungenentzündung. Frau Dr. Peters mußte nun doch eine Nachtschicht einlegen, Rolf mußte den angeblich dienstbereiten Apotheker aus dem Schlaf klingeln, aber bald stand auch

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