Jeans und große Klappe
grundsätzlich dort zu suchen, wo sie ganz bestimmt nicht sein konnten, wo wir sie aber trotzdem fanden, und wenn ich mal wieder vergessen hatte, die überquellende Spülmaschine anzustellen, dann aßen wir mittags eben mit Kuchengabeln. Es ist alles eine Sache der persönlichen Einstellung!
Das Klagelied der Hausfrau über die Kurzlebigkeit Ihrer Werke ist schon oft genug gesungen worden, und obwohl ich mich – bisher vergeblich – bemühe, mich am Vorbild meiner Nachbarinnen emporzuranken, ist es mir noch immer nicht gelungen, den Glanz der Nirosta-Spüle als das Maß aller Dinge anzusehen.
Wenn beispielsweise Frau Billinger montags in aller Herrgottsfrühe die Signalflaggen des Waschtags aufzieht, bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil meine Wäsche noch nicht einmal in der Maschine steckt. Im Schwäbischen wird aber montags gewaschen, da hilft alles nichts. Nicht mal ein Wolkenbruch. Dienstags wird gebügelt, was montags auf der Leine gehangen hat, und mittwochs wird das gewaschen, wozu am Montag die Zeit fehlte, also Schondeckchen, Sofakissenbezüge, Badezimmerplüschgarnituren.
Frau Billinger hat sich daran gewöhnt, daß ich die schwäbische Hausfrauen-Liturgie nicht beherrsche, aber unlängst erkundigte sie sich doch etwas maliziös: »Warum gewe Se denn Ihr Vorhäng alsfort in die Reinigung?«
»Wieso? Die wasche ich doch selber.«
»I hab' gedenkt, weil Se die nie in de Garte tun.«
Mein Hinweis, ich würde diese gewaltigen Stoffmengen lieber kurz durch die Schleuder jagen und sie dann feucht wieder aufhängen, quittierte sie mit einem fragenden: »So? Na, mit meine Schtores tat ich des net mache.«
Nun ist Hausarbeit ohnehin etwas, was man tut, ohne daß es einer bemerkt, bis man es nicht mehr tut. Aber es gab mir doch einen Stich, als Rolf mich eines Tages ganz entsetzt fragte, wo denn um Himmels willen der Staub vom Flurtischchen geblieben sei? Er habe sich da vorgestern eine Telefonnummer notiert.
Unter diesen Voraussetzungen war die Ankunft einer Hausgehilfin sicher begrüßenswert, auch wenn sie die erste Jugend schon hinter sich und darüber hinaus auf recht merkwürdige Art zu uns gefunden hatte.
Eine Bekannte, der meine früheren Klagelieder noch geläufig waren, stellte mich irgendwann auf der Straße einer älteren Dame vor und erzählte mir, daß ihre Tante bei der Frankfurter Bahnhofsmission arbeite. Ich fand das zwar nicht weiter bemerkenswert, murmelte aber ein paar Floskeln und krönte sie mit der Vermutung, daß die Tante im Rahmen ihrer Tätigkeit doch sicherlich mit den verschiedensten Schicksalen konfrontiert werden würde.
»Na, das kann ich Ihnen sagen!« bestätigte Tante Erna mit entschiedenem Kopfnicken. »Ganze Bücher könnte ich darüber schreiben. Gerade jetzt hatte ich wieder so einen Fall. Junges Mädchen, der Vater sitzt, die Mutter treibt sich herum, Wohnung gekündigt, und als die Kleine in ein Heim kommen sollte, ist sie vorher ausgerissen und bei uns aufgegriffen worden. Zum Glück ist es mir gelungen, sie jetzt als Helferin in einem Altenheim unterzubringen. Von den alten Leutchen wird sie wie ein Enkelkind verwöhnt und fühlt sich zum erstenmal richtig wohl.«
»So etwas könnte ich auch gebrauchen«, sagte ich beiläufig, verabschiedete mich und vergaß die ganze Sache.
Nicht so Tante Erna. Jene Bekannte rief mich eines Nachmittags an und erzählte, daß ihre Tante wieder einmal nach einer Bleibe für einen ihrer Schützlinge fahnde. Es handele sich um eine Dame in den Fünfzigern, die aus der DDR abgeschoben worden sei und nun vor dem Nichts stehe. Und ob ich nicht vielleicht …
Erst wollte ich nicht. Meine Erfahrungen mit Uschi reichten mir noch, und auf ihre Vorgängerinnen war ich auch nicht sonderlich gut zu sprechen. Andererseits würde auf eine ältere Dame sicher mehr Verlaß sein, und ein bißchen Hilfe könnte ich wirklich gebrauchen. Wenn ich nur an den Garten dachte!
Das Schönste an der Gartenarbeit ist zwar, daß man sie so lange hinausschieben kann, bis sie keinen Sinn mehr hat, aber inzwischen war für die Tulpen, die ich im vergangenen Herbst nicht gesetzt hatte, die Zeit gekommen, nicht zu blühen. Das einzige, was blühte, war Löwenzahn.
Nach bewährter Methode schob ich Rolf den Schwarzen Peter zu. Sollte er doch entscheiden, ob wir es mal wieder mit einem hilfreichen Geist versuchen wollten. Die Folgen würde zwar ohnehin ich ausbaden müssen, aber wenigstens würde ich nicht die dann unausbleibliche männliche Reaktion zu
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