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Jede Nacht mit Charlie

Jede Nacht mit Charlie

Titel: Jede Nacht mit Charlie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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halten. Er sieht aus, als wolle er jeden Moment das Weite suchen.“
    „Nicht Charlie.“ Ihre Loyalität in allen Ehren, doch der Gesichtsausdruck ihres neuen Stars war alles andere als beruhigend. „Er fängt sich schon, wenn er loslegt.“
    „Das ist üblicherweise bei mir der Anfang vom Ende“, meinte Harry düster.
    Nach den Nachrichten betätigte Charlie probeweise den Mikrofonregler. Das tiefe dunkle Timbre seiner wohlklingenden Stimme füllte zum ersten Mal den Regieraum. „Hier ist Charlie Tenniel bei WBBB, und allen Unkenrufen zum Trotz ist dies eine seriöse Sendung. Keine Marsianer, kein Geheule. Ich spiele einfach nur gute Musik, und wer will, kann über unsere Telefonleitung ein paar private Takte mit mir wechseln. Ich bin zwar erst gestern in eurer Stadt angekommen, aber ich habe bereits einige Fragen, besonders zu eurem neuen Rathaus.“
    Allie sah ihre eigene Verwirrung in Harrys Augen widergespiegelt.
    „Stimmen wir uns auf unseren Late-Night-Talk mit ein wenig Late-Night-Rock,n‘Roll ein. Ich nehme doch an, diese Stadt mag Rockmusik? Dachte ich mir’s doch!“
    Jefferson Starship ertönte mit „We Built This City On Rock,n‘Roll“.
    Es war nicht genial, aber es bewies Fantasie. Wenn Charlie wollte, konnte sie ihn im Handumdrehen von fantasievoll zu fantastisch katapultieren. Er war eine faszinierende Persönlichkeit, besaß eine tolle Stimme und Hände, die wahre Wunder wirken konnten .
    Durch die Scheibe machte Harry dem aufgehenden Stern an WBBBs Radiohimmel ein aufmunterndes Zeichen.
    „Wisst ihr, Freunde, auch wenn das eine ernsthafte Sendung ist, habe ich nichts gegen ein paar Lacher. Aus den richtigen Gründen, versteht sich. Einer dieser Gründe erscheint mir das groß angekündigte Bauprojekt eures ehrenwerten Bürgermeisters.“
    Allie erstarrte. Ein kleiner Auftrieb, und schon stach ihn der Hafer! Nicht der Bürgermeister! Whitcomb war fester Bestandteil von Bills allwöchentlicher Pokerrunde! So schaffte man sich keine Fans, so schaffte man sich einen Feind. Einen Feind, den sie nicht gebrauchen konnten, besonders, wenn es der eigene Boss war.
    Vor lauter Konzentration bemerkte Charlie ihre hektischen Signale nicht. „Verzeiht einem ignoranten Neuankömmling, aber ich war heute in eurem alten Rathaus. Ein wundervolles Gemäuer. Marmorböden, Stuck, Glasmalereien, jede Menge Holzpaneele, und zwar Echtholz, nicht dieses Pressspanzeug, das sie für zwei Dollar neunundneunzig hinter dem Baumarkt verramschen. Dieses Gebäude besteht aus besten Materialien, epochenüberdauernden Zeichen feiner Handwerkskunst und vor allem Stolz. Solch ein Gebäude kann einen Politiker inspirieren. Hey, Freunde, falls ihr darüber gelacht haben solltet, seid ihr Zyniker. Schande über euer Haupt.“
    Allie sandte ein Stoßgebet zum Himmel.
    „Ach, ihr wartet immer noch auf den Schuss Komik? Habt ihr das Nachfolgemodell gesehen? Dann macht einen Abstecher ins Planungsbüro und gönnt euch einen Lacher. Es sieht aus wie ein einstöckiges Parkhaus mit Fenstern. Was passend für die hiesigen Politiker sein mag – ein Abstellgleis: parken, zurücklehnen und beobachten, wie die Welt vorüberzieht. Natürlich bin ich neu in der Stadt und weiß nicht viel über eure Politiker. Falls sie allerdings tatsächlich diesen Betonbunker ihrem alten Marmorpalast vorziehen, besitzen sie einen lausigen Geschmack in Sachen Architektur. Wenn ihr auch denkt, euer neugotisches Stuckschloss verdient weitere hundert Jahre, ruft an, und lasst die Stadt wissen, wieso!“
    Als Allie den Anfang von Aretha Franklins „Rescue Me“ hörte, ließ sie den Kopf in die Hände sinken und erlaubte sich einen Moment der Panik. Dann siegte ihr Realitätssinn. Bill hörte sich die Sendung nie an. Sie war ziemlich sicher, dass das auch für den Bürgermeister galt. Die ganze letzte Woche hatte der Sender Opern gespielt, davor gab es Waldo und seine Außerirdischen. Charlie konnte nicht mehr als vier Zuhörer haben, und die waren wahrscheinlich wütend, weil er nicht den neuesten Marsmännchenreport brachte. Es gab keinen Grund zur Sorge.
    Bis das Telefon läutete.
    „WBBB, die Charlie Tenniel Show“, meldete sich Allie.
    „Lassen Sie mich diesen Discjockey sprechen!“
    „Gerne, Sir. Kann ich ihm ausrichten, was Sie ihm sagen möchten?“
    „Nein, verdammt, das mache ich selbst!“
    Allie schwankte zwischen Pflichtbewusstsein und Neugier. Es wäre eine äußerst schlechte Idee, Anrufer zu vergraulen. Vor allem, da das für lange

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