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Jede Nacht mit Charlie

Jede Nacht mit Charlie

Titel: Jede Nacht mit Charlie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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Zeit ihr einziger Anruf bleiben könnte. Zudem bot sich hier eine gute Gelegenheit, Charlies Stresstoleranz zu testen. „Würden Sie mir bitte Ihren Namen nennen?“
    „Eb Groats.“
    „Du hast einen Anrufer“, meldete Allie übers Mikro und stellte das Gespräch durch. Unter dem Regiepult erklang ein Wimmern. Samson! Ihr Schützling hatte tatsächlich Hunger! Schnell beeilte sie sich, ihm Milchlösung in den Mund zu träufeln.
    Einige Minuten später ging Charlie wieder auf Sendung. „Ich sprach gerade mit Eb Groats. Wie er mir erzählte, war er als junger Mann bei der Errichtung des Gebäudes dabei, stimmt’s, Eb?“
    „Nun, Sohn, wie ich schon sagte, um 1935 herum zogen wir den hinteren Flügel hoch. Mein erster Job, ich war kaum siebzehn.“
    „Tolle Arbeit, Eb.“
    „Worauf Sie sich verlassen können! Dieses Gemäuer wurde für die Ewigkeit gebaut! Jeder verdammte Narr kann das sehen!“
    „Bürgermeister Whitcomb scheint da anderer Ansicht zu sein.“
    „Klar. Sein Bruder erhält schließlich den Bauauftrag.“
    „Was?“
    Allie schoss aus ihrer gebeugten Haltung hoch. Ziemlich unsanft stieß sie sich den Kopf an der Tischkante. Sekundenlang sah sie Sterne.
    „Prüfen Sie’s nach, Junge. Scheinfirmen sind in dieser Branche gang und gäbe.“
    Oh nein! Die Wellen, die er vermeiden wollte, plätscherten sacht gegen seine Knöchel. „Manch einer könnte das für Rufschädigung halten, Eb.“
    „Soll er mich verklagen. Ich bin alt, aber ich bin nicht dumm.“
    „Ohne jeden Zweifel. Danke für den Anruf, Eb. Sie haben meine erste Nacht im Job unvergesslich gemacht.“
    Wahrscheinlich auch seine letzte Nacht. In der Leitung ertönte ein Klicken. Eine Sekunde lang verfluchte Charlie sein Pech. Durch die Scheibe sah er, wie Allie ihren Hinterkopf rieb. Wahrscheinlich verabschiedete sie sich gerade von ihren hochfliegenden Plänen. Aus purem Eigeninteresse vermied Charlie im weiteren Verlauf der Sendung das heikle Thema Rathaus. Bloß kein Skandal! sagte er sich. Zieh ja keine Aufmerksamkeit auf dich! Das wäre äußerst unklug.
    „Für einen Neuling in der Stadt hatte ich bereits mehr Glück, als jeder Fremde verdient“, sprach er ins Mikrofon. „Mein erster Anrufer ist ein toller Kerl wie Eb, und die erste Lady, die mir hier in Tuttle über den Weg lief, ist die Sorte Frau, die ein Mann nie vergisst, selbst wenn sie einem schon nach wenigen Stunden wieder den Laufpass gibt. Glücklicherweise besitze ich eine Menge Erfahrung mit Zurückweisungen. Wie dem auch sei, der nächste Song ist für die Lady, die der festen Überzeugung ist, ich hätte sie gestern im Settle Inn beleidigt. Glaub mir, Honey, ich meinte es auf die nettestmögliche Weise.“
    „Crazy“ von Patsy Cline lief an.
    „Sehr komisch, Charlie“, schimpfte Allie in die interne Leitung. „Was das Rathaus angeht .“
    „Es war keine Absicht, glaub mir. Ich hielt es für ein relativ sicheres Gesprächsthema.“
    „Bill ist ein Geldgeber von Rollie Whitcomb!“
    „Natürlich. Was sonst. Er ist genau wie mein Vater.“
    „Dein Vater finanziert Bürgermeister?“
    „Mein Vater kauft Bürgermeister.“ Charlie legte eine neue Kassette ein. „Wenigstens hört niemand zu.“
    Ein Irrtum, wie sich bald herausstellte, denn in der nächsten halben Stunde sprach Charlie mit drei weiteren Anrufern, die ihre Meinung zum Rathaus loswerden wollten. Glücklicherweise schien niemand verärgert über den Korruptionsverdacht. Die Dinge liefen gut. Tatsächlich waren vier Anrufer in den ersten dreißig Minuten einer neuen Sendung phänomenal, fand Allie.
    Sie waren gerettet.
    Aber auf Nummer sicher gehen war gleichbedeutend mit langweilig.
    Nun, das konnte sie ändern.
    Charlie fühlte sich ziemlich gut. Er mochte seine Hörer, das Mischpult befand sich auf dem neuesten Stand der Technik, die Bedienung war ein Kinderspiel, und zu dieser nachtschlafenden Zeit brauchte er seine Worte wirklich nicht auf die Goldwaage zu legen. Eigentlich machte der neue Job sogar Spaß. Tagsüber hatte er Zeit, den Absender des ominösen Briefes aufzuspüren, nachts konnte er Musik spielen, und im November würde er abreisen.
    Besser konnte das Leben gar nicht werden.
    „Anrufer auf Leitung zwei“, kam Allies Stimme über die Kopfhörer.
    „Wer ist es?“
    „Der Bürgermeister.“
    Er wirbelte herum, doch sie zuckte bloß die Achseln, lächelte honigsüß und leitete den Anruf weiter. Sollte er selbst zusehen, wie er aus der Situation kam.
    „Wer zum Henker ist

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