Jeden Abend, jeden Morgen - immer!
grasbewachsene Stelle und ließ sich nieder. Das Sandwich war im Nu aufgegessen, und nachdem sie ausgiebig aus der Wasserflasche getrunken hatte, lehnte sie sich behaglich zurück. Sollte sie dem Flussbett weiter folgen oder lieber umkehren? Das Unternehmen schien ein Fehlschlag zu sein, und sie wollte sich auf keinen Fall noch einmal verirren.
Die Lider wurden ihr schwer. Der Drang, ein paar Minuten die Augen zu schließen, war übermächtig. Also streckte sie sich im Gras aus und stopfte sich den Hut unter den Kopf. Nur ein Weilchen …
Das Klappern von Hufen auf Stein weckte sie. Carly setzte sich auf und erwartete, Banyon mit seinen Leuten auf dem Rückweg zur Ranch zu sehen. Stattdessen erblickte sie den wilden Hengst und zwei Stuten, die aus der Richtung, in der die Ranch lag, heranpreschten. Schnell warf Carly sich hinter einen Baum.
Sie beobachtete ihr Pferd, das den Kopf hob und zu den anderen hinüberblickte, aber sogleich das Interesse verlor und weitergraste. Der Hengst und die Stuten kümmerten sich ebenso wenig um den Wallach und stürmten vorbei.
Carlys Puls beschleunigte sich. Wie aufregend das war! Und auch zum Lachen. Banyon war vor Stunden an dieser Stelle gewesen und hatte nach dem Hengst gesucht, während der gerissene Bursche hinter seinem Rücken zwei weitere Stuten von der Ranch stahl.
“Aber wohin bringst du sie?”, flüsterte Carly, während sie sich langsam aufrichtete und dem galoppierenden Trio nachsah. Und dann verschwanden sie plötzlich hinter einer steilen Uferböschung, sodass Carly sich fragte, ob sie nicht eine Halluzination gehabt hatte.
Sie eilte zu ihrem Pferd und machte sich an die Verfolgung. Der felsige Boden wies nicht die geringsten Spuren auf. Ob der Hengst das wusste und Banyon an der Nase herumführte? Einfach köstlich, triumphierte sie innerlich.
Aufgeregt lenkte sie ihr Pferd in den Fichtenwald auf der anderen Uferseite. Hin und wieder erblickte sie auf dem weichen Boden eine Hufspur. Ständig auf die verstrichene Zeit achtend, die ihr als Maß für die Entfernung diente, erreichte sie nach vierzig Minuten eine Lichtung.
Sie hatte das deutliche Gefühl, dicht am Unterschlupf des Hengstes zu sein, und vibrierte innerlich vor Spannung. Am Waldsaum zügelte sie den Wallach. Der Anblick, der sich ihr bot, war bewegend. Die Lichtung war malerisch, sonnenüberflutet und mit saftigem Gras bewachsen. Darauf tummelte sich eine kleine Herde Pferde.
Carly hielt den Atem an, als sie Goldie erkannte. “So ein Glück”, flüsterte sie und war überwältigt von dem unglaublichen Zufall.
Vorsichtig leitete sie ihr Pferd in den Schutz der Bäume. Sie stieg ab, band die Zügel an einen Ast und schlich hinter einen Baum, um die Stuten zu beobachten, die friedlich im hüfthohen Gras weideten.
Wenn sie Banyon das erzählte, würde das seine Laune sicherlich verbessern. Während sie die Vorstellung genoss, hob der Hengst plötzlich den Kopf, als nähme er eine Witterung auf.
Oh nein, er hat mich bemerkt, dachte Carly. Sie zog sich hinter den Baum zurück und wartete eine Weile, bevor sie einen weiteren Blick wagte. Der Hengst umkreiste die Stuten, schnaubend und den Kopf hin und her werfend. Er beschützt seine Ladys, sagte sich Carly. Er war wunderschön. Sie hatte noch nie ein vergleichbares Pferd gesehen.
Ihr nächstes Gefühl war Erschrecken. Denn der Hengst galoppierte geradewegs auf sie zu!
Doch anstatt zu flüchten, blieb Carly ruhig stehen. Merkwürdigerweise empfand sie auf einmal keine Angst mehr. Er würde ihr nichts tun, das wusste sie instinktiv.
Der Hengst hielt etwa fünf Meter vor dem Waldrand inne und sah sie direkt an. Carlys Puls raste, aber sie wich nicht zurück und erwiderte den Blick. Und dann hatte sie die seltsame Empfindung, als ginge etwas Mystisches zwischen ihr und dem herrlichen Tier vor.
Schließlich, so schnell wie er gekommen war, drehte der Hengst sich um, schlug kurz aus und kehrte zu seiner Herde zurück.
Carly atmete aus. Noch nie hatte sie so etwas erlebt. Ein intensives Glücksgefühl durchströmte sie, und sie wusste tief in ihrem Herzen, dass sie mit diesem Hengst Freundschaft schließen könnte.
Als sie sich auf den Rückweg machte, stand ihr Entschluss fest. Sie würde Banyon nichts von ihrer Entdeckung sagen. Die Stuten waren in Sicherheit, und sie würde sich nicht dazu hergeben, den Hengst vor Banyons Flinte zu treiben.
So glücklich, wie Carly war, hatte sie Lust, mit den anderen in der Kantine zu Abend zu essen.
Bei
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