Jeden Abend, jeden Morgen - immer!
ihrem Eintritt wandten sich alle Köpfe ihr zu. Sie lächelte strahlend und grüßte in die Runde. Dann füllte sie ihren Teller am Büfett und sah sich nach einem freien Platz um.
Es gab einen in Banyons Nähe, doch Carly setzte sich zu zwei anderen Männern. “Darf ich?”
“Aber klar, Ma’am”, gab der eine zurück und fügte hinzu, nachdem sie Platz genommen hatte: “Ich kenne Ihren Dad. Ein feiner Kerl.”
“Oh ja”, erwiderte sie munter.
Jake ließ Carly nicht aus den Augen, während sie mit den Männern plauderte. Sie wirkte so zufrieden mit sich wie eine Katze, die eben den Kanarienvogel verspeist hatte. Was ging da vor? Doch was immer es sein mochte, es gefiel ihm nicht. Sie war wieder ausgeritten, wie Barney ihm gesagt hatte.
“Sie wollte euch suchen, Jake. Habt ihr sie nicht getroffen?”
Er war nicht gerade bester Laune gewesen, als er zur Ranch zurückgekehrt war. Sie hatten stundenlang nach dem Hengst und nach Goldie gefahndet, und in dem trockenen Flussbett hatten sie die Spur verloren.
Aber er war nicht von gestern und sicher, dass das Quartier des Hengstes irgendwo an dem gewundenen Flusslauf lag. Das Problem war nur, dass er meilenlang war und weit hinauf in die Berge führte. Und er konnte nicht die gesamte Belegschaft Tag für Tag auf die Suche schicken.
Dröhnendes Gelächter von Carlys Tisch brachte ihn zurück in die Gegenwart. Diese aufreizende Frau! Sie war schön und sinnlich, und er dachte wieder an den Kuss gestern auf der Lichtung. Prompt reagierte sein Körper in höchst unerwünschter Weise.
Verbissen beendete Jake seine Mahlzeit. Ihre blendende Laune ärgerte ihn so sehr, dass er Carly nachlief, als sie die Kantine verließ. “Carly!”
Sie blieb stehen und wartete, bis er bei ihr war. “Ja?”, gab sie gedehnt zurück.
“Ich muss mit dir reden”, sagte er gereizt.
Schulterzuckend ging sie zum Haus. “Dann rede.”
Er hielt mit ihr Schritt. “Wo warst du heute?”
“Ich denke, das geht dich nichts an. Ich bin nicht deine Angestellte.”
Jake wurde rot. “Ich weiß sehr gut, wer du bist. Ich frage mich nur manchmal, ob du das auch weißt.”
Sie hatten das Haus erreicht, und Carly ging als Erste hinein. Er folgte ihr auf den Fersen und schloss die Tür.
“Du bist heute wieder ausgeritten”, sagte er vorwurfsvoll. “Barney erzählt, du hast nach uns gesucht.”
“Und wenn?” Sie blitzte ihn an. “Du bist nicht mein Wächter, Banyon. Ich kann ausreiten, wann ich will. Und keine Angst”, fügte sie honigsüß hinzu, “ich halte mich an Wallache.”
“Immerhin”, knurrte er. “Aber kommt es dir denn gar nicht in den Sinn, dass ich mich für deine Sicherheit verantwortlich fühlen könnte?”
Sie verdrehte die Augen. “So etwas Albernes. Aber fühl doch, was du willst. Inzwischen tue ich, was ich will.”
“Zum Beispiel dich verirren”, sagte er sarkastisch.
“Jetzt hör endlich auf. Ich kenne mich schon recht gut im Gelände aus.” Fast hätte Carly ihm von ihrer Entdeckung erzählt, um seine Verblüffung zu sehen. Doch sie sagte bloß: “Ich habe eure Spuren ganz leicht gefunden. Im Flussbett habe ich sie allerdings verloren und bin zurückgeritten.”
“Warum hast du überhaupt nach uns gesucht?”
“Um euch zu hindern, den Hengst zu erschießen”, gab sie hitzig zurück. “Wenn ihr ihn gefunden hättet, wäre er jetzt tot, richtig? Aber glaub mir, Banyon, das würdest du bitter bereuen. Ich würde einen solchen Aufstand machen, dass dir Hören und Sehen vergeht.”
Jake wollte ihr sagen, dass er nie vorgehabt habe, das Tier zu töten, doch Wut schnürte ihm die Kehle zu. Wie konnte Carly es wagen, ihm zu drohen? Geschah ihr nur recht, wenn sie sich Sorgen um den Hengst machte!
Deshalb erklärte er nur eiskalt: “Mach mir keine Vorschriften, was ich auf der Ranch zu tun oder zu lassen habe. Du bist zwar Stuarts Tochter, aber deshalb kannst du mich noch lange nicht herumkommandieren. Du bist hier nur zu Gast, merk dir das.”
Das stachelte Carlys Widerspruchsgeist erst recht an. Am liebsten hätte sie Banyon an den Kopf geworfen, dass er nur ein selbstherrlicher Angestellter sei, doch so weit mochte sie dann doch nicht gehen. “Du bist zwar mit Dad befreundet, aber das gibt dir nicht das Recht, mir Befehle zu erteilen! Merk du dir das!”
Sie hatten im Haus kein Licht gemacht, und in der Küche war es dämmerig. Kaum einen Meter voneinander entfernt starrten sie sich wütend an. Jake überlegte, ob er ihr nahelegen sollte,
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