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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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schlimmer – den Eindruck vermitteln, sie hätten Einfluss darauf. Das aber verschwieg ich Téa.
    »Wo gibt’s denn deiner Meinung nach das beste Essen?«, wollte sie wissen.
    »Im ›Blue Hill at Stone Barns‹«, sagte ich aufs Geratewohl. Es war der Name des Gourmet-Mekkas für Biofans, das sich auf einem nachhaltig bewirtschafteten Bauernhof außerhalb der Stadt befand. Ich befand mich auf sehr dünnem Eis.
    »Mensch, ich bin so was von neidisch«, sagte sie. »Da wollte ich seit einer Ewigkeit mal hin, hatte aber keine Lust auf die Tour nach Tarrytown. Ich habe gehört, dort werden einem handverlesene Tomaten auf einem Mini-Zaun serviert.«
    »Stimmt genau. Ripe-Sun-Gold-Tomaten mit einem Hauch Meersalz.« Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit den Pressesprecher interviewt.
    »Du musst mir unbedingt erzählen, was du da gegessen hast. Jeden einzelnen Gang. Und sag jetzt nicht, dass du dich nicht mehr daran erinnerst, das glaube ich dir nämlich nicht.«
    Und schon war ich auf dem Eis eingebrochen. »Um ehrlich zu sein, habe ich noch nie selbst dort gegessen«, gab ich zu. »Aber das Essen sah toll aus.« Glücklicherweise kam in diesem Moment der Kellner an unseren Tisch.
    »Wissen Sie schon, was Sie möchten?«, fragte er enthusiastisch.
    Die Frage war eher, was ich mir leisten konnte. »Nobu« war eine spontane Idee gewesen. Der Sake hatte mich schon dreißig Dollar gekostet, und ich hoffte eigentlich, dass der Abend so gut laufen würde, dass ich noch mehr davon bestellen konnte. Ich überflog die Karte auf der Suche nach den preiswerteren Gerichten.
    Téa überlegte auch noch. »Ich kann mich nie zwischen dem Hummersalat und dem Kabeljau entscheiden.«
    Der Hummersalat kostete neununddreißig Dollar, der Kabeljau sechsundzwanzig. Letzterer war mir also lieber.»Ich glaube, ich möchte heute nur etwas Kleines«, sagte sie. Ein Date mit einer Frau, die Kleidergröße zweiunddreißig trug, hatte eben so seine Vorteile. »Ich nehme den Hummersalat, eine Portion Ceviche und drei Stück Red-Snapper-Sushi.« In meinen Augen waren wahrscheinlich Dollarzeichen zu sehen wie bei einer Trickfilmfigur, während ich im Kopf die Summe überschlug: neununddreißig Dollar für den Hummer plus siebzehn für das Ceviche plus einundzwanzig für das Sushi.
    »Was Kleines klingt gut«, krächzte ich und versteckte mich hinter meiner Karte, damit man mir nicht ansah, welche Schmerzen ich gerade ertragen musste. »Ich hätte gern das Shiromi Usuzukuri.« Ich hatte keine Ahnung, was sich dahinter verbarg, aber so wirkte es wenigstens, als ginge es mir um die Exotik und nicht ums Sparen.
    Der Kellner sah mich erwartungsvoll an. »Möchten Sie noch etwas zu Ihrem Sashimi dazu?« Hatte ich gerade Sashimi bestellt?
    »Ich lasse lieber noch Platz fürs Dessert«, lachte ich nervös. Er glaubte mir kein Wort.
    Nachdem er gegangen war, beugte sich Téa zu mir herüber. Es kostete mich große Mühe, ihr dabei ins Gesicht und nicht in den Ausschnitt zu sehen. »Wolltest du schon immer über Hochzeiten schreiben?«
    Das konnte man so nicht sagen. »Am liebsten wäre ich Gitarrist bei den Rolling Stones geworden.«
    »Kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen«, sagte sie lächelnd und trank einen Schluck Sake.
    »Ich wollte auch gern für den ›Rolling Stone‹ schreiben und kam zu dem Schluss, dass meine Chancen dafür besser standen.«
    »Und wieso schreibst du dann nicht über Musik?«
    Die Frage aller Fragen. »Ich habe ein paar Jahre lang für›Spin‹ geschrieben.« Das würde ich wahrscheinlich heute noch tun, wenn mich ein ehemaliger Professor nicht Renée vorgestellt hätte. »Die neuesten Indiebands, die ich gern interviewen würde, sind zu unkonventionell für ›The Paper‹. Und die Bands, die es schon geschafft haben, wollen sich mir gegenüber nicht so richtig öffnen. Die leiern dann nur die Stichpunkte aus ihrer Presseerklärung herunter, und ich habe keine Lust darauf, für die den Pressesprecher zu spielen.«
    »Aha.« Sie spielte mit ihren Essstäbchen.
    Sie verlor das Interesse an mir. Ich musste es ihr anders erklären. »Hinter die Fassade sehen zu dürfen, in die Persönlichkeit abzutauchen, darum geht es mir wirklich in einem Interview. Ich nenne das Fassadentauchen.«
    »Fassadentauchen?«
    Ich hatte sie wieder am Haken. »Wenn ich über ein Paar schreibe, habe ich manchmal bis zu zwanzig Stunden Tonaufnahmen und hundert Seiten mit Notizen. Ich lese mir das nicht nur durch und höre mir das alles einfach nur an.

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