höher. Sie sah ihre Freunde an. »Was meint ihr?«
»Dass du mit mir ausgehen solltest«, sagte ich, bevor die beiden antworten konnten.
»Ach ja?«
»Auf jeden Fall«, sagte ich.
Sie verschränkte die Arme und zupfte an ihrem Schal herum. »Twenty-four Carrots. Wie das Gemüse. At gmail Punkt com.«
Eins zu null für die Biene.
»Willst du dir das nicht lieber aufschreiben?«, fragte sie. Währenddessen hielten die beiden Hipster, die sogar die gleichen Vintage-Sneaker trugen, ein Taxi an.
»Keine Sorge. Das merke ich mir so. Ich melde mich bei dir.« Jetzt hatte ich meine Mission erfüllt und wusste nicht weiter.
»Téa!«, rief einer der Hipster.
»Komm gut nach Hause«, sagte ich verkrampft. »Bleib trocken!«
Sie lachte und ging zu ihrem Taxi.
Ich ging zurück, um meinen Kaffee abzuholen.
[email protected]@gmail.com. Twenty-four…
Der Kellner im »Nobu« (ein weiterer Tipp aus Mike Russos Dating-Ratgeber) stellte zwei Becher mit Sake auf den minimalistischen Birkenholztisch vor uns. Mir gegenüber saß Téa Diaz, Star der Fernsehserie ›All My Children‹. Na gut, vielleicht kein Star. Aber ihre Rolle tauchte regelmäßig auf.
Sie hatte sofort auf die E-Mail geantwortet, die ich ihrnoch von der Arbeit aus geschickt hatte. »Du bist ja wirklich dieser Kolumnist«, hatte sie geschrieben. »Ich hab dich gegoogelt. Google mich auch ruhig!«
Das hatte ich mir natürlich nicht zweimal sagen lassen. Es ist schon ein wenig seltsam, der Frau gegenüberzusitzen, die man eben noch in einer heißen Bettszene auf YouTube gesehen hat. Mein erster Gedanke war: Hätte ich gewusst, dass sie eine Sexbombe in einer Vorabendserie spielt, hätte ich mich nie getraut, sie anzusprechen. Mein zweiter Gedanke war: Mike wäre stolz auf mich.
»Ich habe mal eine Journalistin bei ›Days Of Our Lives‹ gespielt«, erzählte sie, nachdem wir angestoßen hatten. »Aber ich habe nicht viele Artikel geschrieben. Die meiste Zeit hatte ich Sex mit meinem Redakteur, der mit der Tochter eines Mafiabosses verheiratet war. Dann bin ich bei einem Fallschirmsprung ums Leben gekommen. Das ist so eine Faustregel bei Serien: Wenn deine Figur demnächst einen Fallschirmsprung vor sich hat, weißt du, dass es vorbei ist. Auch mit dem großen Geld.«
Ehrlich gesagt war ich schon ein wenig enttäuscht, dass sie keine Architektin war, obwohl Mike das sicher nicht verstanden hätte. »Meine Arbeit ist nicht ganz so aufregend«, sagte ich. »Weniger Sex, weniger Tote.«
»Bei ›The Paper‹?« Sie lächelte mich herausfordernd an. »Kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»Na ja, zumindest weniger Tote. Ich schreibe nun mal über Hochzeiten.«
Ihr Hals war genauso lang und elegant, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Sie trug eine schillernde, tiefrote Bluse, in deren tiefem Ausschnitt sich ein Hauch schwarzer Spitze erahnen ließ.
»Und du reist also auf Firmenkosten quer durch die ganze Welt und schreibst über exotische Hochzeiten, ja?«
»Eigentlich nicht. Heutzutage wird gespart, wo’s geht.« Wieso sagte ich so etwas? »Nächste Woche schreibe ich über eine Hochzeit in L. A., und der Redakteur hat mich gebeten, dafür bei meinem Bruder zu übernachten.« Offensichtlich waren mein Mund und mein Gehirn gerade zu keiner Zusammenarbeit bereit.
»Aber du schreibst doch eine der beliebtesten Kolumnen.«
»Das sagen zu dürfen wird aber anscheinend als Teil meines Gehalts angesehen.«
»Oh.« Enttäuschung flammte in ihrem gebräunten Gesicht auf. Ich hätte mir am liebsten eine runtergehauen. Sie betrachtete die Speisekarte und wechselte das Thema. »›Nobu‹ ist eins meiner Lieblingsrestaurants. Vor allem, wenn man gerade eine Low-Carb-Diät macht. Früher habe ich hier einmal die Woche gegessen.« Wow. Mit diesen Serien hat sie anscheinend echt gut verdient , dachte ich. Oder sie ist mit den richtigen Männern ausgegangen. »Was nimmst du denn immer so?«, fragte sie.
»Ich bin zum ersten Mal hier«, antwortete ich.
»Oh«, sagte sie erneut, und dieses Mal mischte sich auch etwas Besorgnis in ihre Stimme. »Du bekommst aber bestimmt auch immer die leckersten Sachen auf den Hochzeiten zu essen.«
Um ehrlich zu sein, aß ich nie etwas während eines Arbeitseinsatzes. Die Zeitung hatte da ganz strenge Regeln, was Gefälligkeiten anging, die als Geschenk ausgelegt werden konnten. Man befürchtete, solche Annehmlichkeiten könnten Einfluss auf die Objektivität des Journalisten haben oder – noch