Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
Vom Netzwerk:
Füße standen noch auf der Feuerleiter. Eine höchst unbequeme Haltung. Und auch nicht unbedingt schmeichelhaft.
    »Stecken Sie fest?«
    Ich steckte nicht fest. Ich hing lediglich etwas seltsam in der Luft und hielt mich verzweifelt am Fensterbrett fest, um nicht in die Tiefe zu stürzen. Sonst war alles spitze. Wahrscheinlich sah ich eher wie Michael Cera alswie Matt Damon aus. Letzterer wäre auf das Geländer gestiegen und mit einem Sprung durch das Fenster in der Wohnung gelandet, aber so etwas klappt eben besser mit einem Stunt-Double und einem Sicherheitsnetz.
    Ich hörte Stoff reißen, während ich mich langsam vorarbeitete. Mir schoss durch den Kopf, dass das vielleicht meine Jeans gewesen war und nun mein nackter Hintern aus dem Fenster hing. Ich hätte am liebsten nach hinten gefasst, um das zu überprüfen, aber ich wollte auch am Leben bleiben.
    Ich schob mich Stück für Stück durch die Fensteröffnung und achtete penibel darauf, das Basilikum nicht umzuwerfen. Mit dem mit Wasser gefüllten Katzennapf daneben hatte ich jedoch nicht gerechnet. Der Plastikbehälter polterte zu Boden und ich hinterher.
    Einen Moment lang lag ich da, wartete darauf, dass mir das Herz nicht mehr bis zum Hals schlug, und hoffte, dass der feuchte Fleck, der sich an meinem Bein ausbreitete, von dem Wasser aus dem Napf stammte. Ich zählte kurz Arme und Beine durch und stellte erleichtert fest, dass meine einzige Verletzung – von einem aufgeschlagenen Knie abgesehen – rein modischer und nicht physischer Natur war. Die rechte Tasche meines Jacketts war dahin. (Meine Jeans war zum Glück intakt.) Mein Manöver von eben hätte wahrscheinlich jeder Zwölfjährige hinbekommen, ohne sich dabei die Kleidung zu ruinieren. Ich war einfach kein Jason Bourne.
    Ich zerrte den Napf unter meinem Bein hervor. Den Inhalt hatte ich größtenteils schon mit meiner Jeans aufgesogen, aber ich wischte noch einmal kurz mit dem Knie über den Boden, um sicherzugehen. Ich sah mich im Zimmer um. Nicht untersuchend. Nur beobachtend. Auf dem antiken Schreibtisch standen frische Tulpen in einertürkischen Vase. An den pfirsichfarbenen Wänden hingen gerahmte Fotos. Viele Bilder von exotischen Landschaften, aber auch ein paar Großaufnahmen von ungewöhnlichen Gegenständen wie zum Beispiel einem kaputten Regenschirm, der falsch herum in einer Ritze zwischen zwei Pflastersteinen steckte, oder einem geflochtenen Korb mit bunten Wollknäueln.
    Auf dem Esstisch und den zwei durchgesessenen Ledersesseln stapelten sich Brautmagazine und Kisten voller Einladungskarten. Es fühlte sich sehr seltsam an, allein in ihrer Wohnung zu stehen. Als wäre ich hier eingebrochen. Was ich ja irgendwie tatsächlich getan hatte.
    Da klingelte es an der Tür.
    Melinda fragte sich bestimmt schon, was ich hier so lange machte. Ich stellte den Katzennapf zurück auf das Fensterbrett und eilte dann zur Gegensprechanlage.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    »War eine meiner leichtesten Übungen«, antwortete ich und drückte den Türöffner. Es war mir ein wenig peinlich, in der Tür zu stehen und sie sozusagen in ihrer eigenen Wohnung willkommen zu heißen, aber andererseits fühlte es sich auch überraschend richtig und natürlich an, dort auf sie zu warten.
    Lachend trat sie aus dem Fahrstuhl. »Wer hätte geahnt, dass Clark Kent über Hochzeiten berichtet?«, sagte sie und ging an mir vorbei in die Wohnung. Das Kompliment ging mir natürlich runter wie Öl. Ich wollte ihr hinterhergehen und stieß mit ihr zusammen. In der einen Hand hielt sie einen Mantel, in der anderen klimperte ihr Hausschlüssel.«Wir müssen Ihnen eine neue Jacke besorgen«, sagte sie und zeigte auf meine Tasche.
    Ich war ziemlich sicher, dass Clark Kent und Lois Lane nie zusammen shoppen waren, aber es war ein verlockenderGedanke, mir von Melinda etwas so Persönliches wie Kleidungsstücke aussuchen zu lassen.
    »Das bin ich Ihnen schuldig«, sagte sie. »Dabei komme ich immer noch billiger weg, als wenn ich den Schlüsseldienst hätte bezahlen müssen. Außerdem wird’s bestimmt lustig.«
    So, wie sie »lustig« sagte, wurde mir schmerzhaft bewusst, dass wir gerade auf dem besten Weg zu einer wunderschönen Mädchenfreundschaft waren. Und ich war nicht an dieser Hauswand hochgeklettert, damit wir uns jetzt gemeinsam die Nägel machen ließen. »Danke, ist schon okay«, sagte ich. »Wirklich.«
    »Na gut.« Sie klang ein wenig enttäuscht.
    »Okay, machen wir mit dem Interview weiter?«, fragte ich

Weitere Kostenlose Bücher