Jeden Tag ein Happy End
dumm.«
»Er wird mich bestimmt nicht mit offenen Armen empfangen.«
»Nein, du wirst betteln müssen, damit er dich auch nur für die Hälfte deines früheren Gehalts einstellt. Aber du hättest zumindest wieder einen Job.«
»Ja, genau, bis zur nächsten Entlassungsrunde.«
Renée zuckte zusammen. Ich hatte ihr nicht wehtun wollen, aber das waren nun mal die Tatsachen. Was sie mit Renée gemacht hatten, zeigte, dass die Zeitung trotz ihrer angeblichen Ideale wie jedes andere Unternehmen funktionierte. Genau davor hatte sie mich doch warnen wollen. Ich hatte erwartet, sie würde meine Haltung begrüßen. Und mich einen Blick in ihr Adressbuch werfen lassen.
»Du meintest doch, ich soll da abhauen, solange ich noch kann«, sagte ich.
»Das habe ich so nie gesagt.« Sie tupfte sich den Mund mit der Serviette ab.
»Vielleicht nicht wortwörtlich, aber –«
»Wenn du schon jemanden zitierst, dann richtig.«
»Die haben dich ausgenutzt.« Sie wich meinem Blick aus. »Tut mir leid, Renée, aber das waren deine eigenen Worte. Und du hast darauf bestanden, dass ich mit mir nicht dasselbe machen lasse.«
»Es ist der beste Job der Welt«, sagte sie und stand auf. Sie sah mich an, und dieses Mal wirkte sie kein bisschen wacklig auf den Beinen. »Ich ginge sofort wieder zurück, wenn die mich nehmen würden.«»Andere Leute haben auch gut bestückte Adressbücher«, sagte ich zu Hope. Sie war gerade damit beschäftigt, einen »Starbucks«-Espresso in der Monstergröße Venti herunterzustürzen, um sich auf ihre Nachtschicht im Krankenhaus vorzubereiten. »Ich respektiere Renée ja an sich sehr, aber sie weiß vielleicht doch nicht immer hundertprozentig, was gut für mich ist und was nicht. Ich muss auf meinen Bauch hören und darf mich nicht ständig hinterfragen.«
Das war mein neues Ich. Ich vertraute meinen Instinkten. Ich ließ los. Ich hing nicht mehr in der Vergangenheit fest. Mein ganzes Leben war nur noch ein einziger roter Pfeil, der nach vorne zeigte.
»Hast du Melinda mal angerufen?«, fragte Hope und warf mich damit emotional sofort wieder um Monate zurück.
»Ich rede hier gerade über meinen Job.«
»Du hast doch gar keinen.« Nicht gerade hilfreich. Wir waren auf dem Weg zum St. Vincent’s Medical Center. Nein, Moment: Sie war auf dem Weg dahin. Ich brachte sie nur bis zur Eingangstür. Von Krankenhäusern hatte ich erst mal genug.
»Du musst Melinda anrufen«, sagte sie.
»Du meintest doch, ich soll eigentlich gar keinen Kontakt zu ihr haben.«
»Da wusste ich ja noch nicht, dass du sie liebst.«
»Ich liebe sie doch gar nicht. Ich kenne sie ja kaum.« Die ganze Situation war vollkommen absurd. »Ich glaube, Liebe bildet man sich nur ein«, dachte ich laut. »Wenn sich das zwei Menschen gleichzeitig einbilden, wird es real. Aber wenn das nur einer von beiden tut, ist es das eben nicht.«
Hope schien unbeeindruckt von meinen philosophischenErgüssen. »Entweder bedeutet sie dir etwas oder nicht.«
»Ist doch egal, ob sie mir etwas bedeutet. Sie will mich nicht sehen. Und sie will bestimmt auch nicht, dass ich sie anrufe.«
»Eine ernst gemeinte Entschuldigung kann bei einer Frau sehr viel bewirken.« Wahrscheinlich redeten wir schon gar nicht mehr über Melinda. A. J. war seit dem Abendessen, zu dem er nicht aufgetaucht war, verschollen. Kein Anruf, keine Entschuldigung. Trotzdem war Hope zuversichtlich. »Ein Streit muss nicht gleich das Ende bedeuten. Aber du darfst nicht erwarten, dass der andere deine Gedanken lesen kann. Du musst ihr sagen, was du für sie empfindest.«
Hope hatte ja keine Ahnung, wie oft ich schon kurz davor gewesen war, sie einfach anzurufen und genau das zu tun. »Du warst nicht dabei, du hast ihren Blick nicht gesehen«, sagte ich. Bei der Erinnerung daran überlief mich immer noch ein Schauer. »Es wäre total egoistisch, sie jetzt anzurufen. Sie heiratet in weniger als zwei Wochen. Ich muss sie gehen lassen.«
Jetzt musste ich aber erst mal Hope gehen lassen, wir waren nämlich am Eingang der Notaufnahme angekommen. Mein Handy vibrierte. Es war schon wieder Roxanne. Womit sollte ich denn noch winken, der Zaunpfahl schien nicht auszureichen.
»Ab jetzt gilt es, nach vorne zu sehen, voranzukommen«, sagte ich zu Hope und umarmte sie zum Abschied.
»Wenn ich dir bloß glauben könnte.« Genau deshalb war Hope immer noch Single: Sie war einfach zu ehrlich.
Mein Handy vibrierte immer noch. Roxanne war ja wie der Geist vergangener Artikel, der mit seinen Ketten
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