Jeden Tag wurde ich dicker und müder: Mein Leben mit Hashimoto (German Edition)
noch eine Untersuchungsmethode, bei der der Zustand der Schilddrüse im bildgebenden Verfahren angeschaut wird: der Ultraschall. Mithilfe der Sonografie überprüft der Arzt Struktur und Größe der Schilddrüse. Je nach Stadium der Erkrankung ist das Volumen verkleinert und man sieht Schädigungen des Gewebes. Bei meiner ersten ernst zu nehmenden Ultraschalluntersuchung konnte man auf dem Bildschirm deutlich erkennen, dass die linke Seite wesentlich kleiner war als der rechte Flügel. Und die weißen Tunnel, die sich durch die beiden Lappen zogen, sahen aus, als hätte sich ein kleiner Holzwurm durchgefressen.
Anhand des Ultraschalls kann ein geübter Arzt auch erkennen, wie lange das Immunsystem die Schilddrüse schon zerstört, sprich, wann die Krankheit ungefähr ausgebrochen sein muss. Das ist interessant, wenn man nachforschen möchte, welche Ereignisse wohl diese zumeist erblich bedingten Beschwerden zum Ausbruch gebracht haben. Bei mir muss es vier bis fünf Jahre vor der schlussendlichen Diagnose begonnen haben. Das bedeutet, dass der Krieg in meinem Hals schon ein bis zwei Jahre tobte, bevor ich die ersten Folgen spürte.
Manche Ärzte machen, um ganz sicherzugehen, noch eine Feinnadelbiopsie. Dabei wird mit einer dünnen Nadel eine Gewebeprobe aus der Schilddrüse entnommen. Keine unbedingt angenehme Untersuchung. Die Probe wird dann von einem Pathologen unterm Mikroskop untersucht. Bei einer Hashimoto Thyreoiditis sind deutlich mehr weiße Blutkörperchen (Leukozyten) vorhanden als in gesundem Gewebe.
Eine Szintigrafie, das ist eine nuklearmedizinische bildgebende Untersuchung, bei der dem Patienten radioaktiv markierte Stoffe in den Bereich der Schilddrüse gespritzt werden, ist zur Abklärung einer Hashimoto-Diagnose nicht nötig. Wenn allerdings beim Ultraschall noch andere Veränderungen wie Knoten oder Zysten gefunden werden, sollte man mit seinem Arzt darüber sprechen und gegebenenfalls solch eine Methode in Erwägung ziehen.
Kapitel 4
Schilddrüsenhormone und ihre Dosierung – und warum sie nicht das Allheilmittel sind
Während der Recherche zu diesem Buch habe ich Folgendes auf der (inzwischen wohl geänderten) Website eines Arztes gelesen: »Hashimoto ist ein harmloses Pflänzchen, das oft verborgen und unbemerkt im Dunkeln wächst, bevor man die ersten Blüten entdeckt.«
Was für eine Beschreibung! »Harmloses Pflänzchen« und »Blüten« sind wohl definitiv die falschen Synonyme für eine Krankheit, die das Leben der meisten Betroffenen komplett umkrempelt, sie teilweise berufsunfähig und depressiv werden lässt, die es Frauen unmöglich macht, schwanger zu werden, und ganze Familien zerstört.
Aber diese Meinung ist gängig unter Medizinern. Der Arzt meines Vertrauens erklärte mir während eines unserer vielen Gespräche einmal, dass das Thema Schilddrüse während des Medizinstudiums nur kurz gestreift wird. Und deshalb handeln die meisten Ärzte in ihren Praxen nach der Prämisse: »Blutwerte haben immer recht.«
Die Einnahme der Hormone
Der amerikanische Hashimoto- und Schilddrüsen-Experte Datis Kharrazian sagt hingegen ganz klar, dass Blutwerte lügen und er nur auf das Gefühl der Betroffenen baue. Und Dr. John C. Lowe schreibt in seinem Buch Your Guide to Metabolic Health , ein Patient solle, um die optimale Dosierung der Schilddrüsenhormone zu erreichen, darauf achten, dass der Arzt diese Dosis nicht nur anhand von Bluttestergebnissen anpasst.
Dr. John C. Lowe war ein hervorragender Arzt mit dem Spezialgebiet Stoffwechsel. Dazu gehören eben auch die Schilddrüse und die Behebung einer Unterfunktion. Dr. Lowe hatte eine Website, auf der man alles rund um das Thema erfahren konnte und wo er Tausende Fragen von Patienten aus der ganzen Welt beantwortete. Sie merken schon, ich schreibe in der Vergangenheit. Denn dieser großartige, fortschrittlich denkende Mann aus den USA starb im Januar 2012 an den Folgen einer Kopfverletzung. Als kleiner Trost bleiben uns seine Bücher, die so viele tolle Anhaltspunkte und Anstöße geben für einen neuartigen Umgang mit Krankheiten und in unserem speziellen Fall mit der Behandlung von Hashimoto.
In seinem oben genannten Buch beschreibt Dr. Lowe auch, wie er seinen Patienten empfiehlt, die Schilddrüsenhormone einzunehmen. Er rät dazu, sie immer morgens mit mindestens einer Stunde Abstand zum Essen zu sich zu nehmen. Oder, wenn man die Dosis teilt, die andere Hälfte abends frühestens drei Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme.
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