Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition)
träge Wölkchen verpflanzt,
und denen was vorsabbern.
Aber sie steigen aus,
zweibeinig wie richtige Menschen,
schütteln Hände,
klopfen auf Schultern,
grabschen nach Ärschen
und ihre grünen Krawatten flattern im Wind,
und dann mischen sie sich ins Leben
und mischen mit.
Und nachts, wenn die Versicherungsvertreter
von Bonus und Burgunder träumen,
leiden sich immer ein paar dieser anderen durch die Parks,
werden von Bahnhöfen gejagt,
stinken aus dem Mund
und knabbern am Leben.
Unversichert, ängstlich und scheu.
Immer in diesen Flugzeugen
Boeing, DC10 oder Airbus oder auch in einer
dieser wackligen, kleinen Maschinen
beschließe ich,
wieder mal kräftig aus dem Mund zu
stinken.
Ich möchte weiterhin verwundbar sein
1980 – 1984
Der Baum singt
Ich bin ein Baum.
Ich bin auf einem Hügel geboren.
Mich schützen keine Wälder.
Ich steh allein.
Männer mit Beilen bestimmen die Gegend.
Doch wir Bäume sind nie verloren.
Unter der Erde
unsere Wurzeln berühren sich leis.
Ich bin ein Baum.
Wende mich lieber zur Sonne hin.
Liebende lehnen sich an mich an,
wenn sie hilflos sind.
Ich wechsle die Farbe, den Namen, die Form,
aber nie den Sinn.
Und hab eine kräftige Stimme gegen den Wind.
Man muss den Flüssen trauen
I
In manchen Sommern, sehr von Reinheit überflutet,
vielleicht noch eine Nachricht: Ihr geht’s gut
und sie hat Sehnsucht, und sie hat geblutet
und du ertrinkst in dieser weichen Flut
von Glücken. Luft und Sinne stimmen.
Jedoch so ganz von unten her
beginnt das alles etwas zu gerinnen
und wird auf einmal schwer und ungefähr.
Du raffst dich auf. Noch klebt das an den Beinen.
Noch tanzen dir Sirenen um die Stirn.
Doch plötzlich packt es dich: Du musst verneinen.
Und dich, bevor du aufgibst, neu verwirrn.
II
Man muss den Flüssen trauen. Sie verschwenden
sich jeden Zentimeter neu. Und Zeit
und Dummheit kann das Fließen nie beenden.
Und auch die Wolken sind zu neuem Flug bereit
und sterben nie. Ich will nach oben,
wo mich das Unfassbare härter streift.
Es ist ganz klug, die Götter erst zu loben,
bevor man sie sich endlich greift.
Liebes Leben
Liebes Leben, fang mich ein,
halt mich an die Erde.
Kann doch, was ich bin, nur sein,
wenn ich es auch werde.
Gib mir Tränen, gib mir Mut
und von allem mehr.
Mach mich böse oder gut,
nur nie ungefähr.
Liebes Leben, abgemacht?
Darfst mir nicht verfliegen.
Hab noch so viel Mitternacht
sprachlos vor mir liegen.
Und dann
Wo ich im Wort nicht weiterkann:
gedrängte Stunden. Nächtelang
nur Innenwelt. Und dann?
Oft, unter einem Baum zu sitzen
ist mehr Bestimmung als der Drang,
sich Formen aus der Brust zu schnitzen.
Da werden Skizzen manchmal Bilder,
die übersetzen in die Zeit
und stimmen milder.
Uraltes fällt mir wieder ein
und aufgehoben in der Ewigkeit,
lass ich mich sein.
(1980)
Über die Dichter
Ich halt mich lieber weiter an die Dichter,
weiß von ihrem Vertrag mit den Göttern
und stell mich ungeduldig
hinten an.
Sie sind nun mal ganz gut angesehen da oben,
haben Kredit,
führen andere Gespräche,
stürzen tiefer.
Manchmal glaub ich,
die spazieren da draußen in Wäldern rum und werfen
sich die Worte zu.
Immer wieder leg ich dann meinen
Verstand in den Schoß,
es wird sehr still in mir
und atemlos.
Irgendwann
werden sie mir schon auch ein paar
rüberschicken.
Worte
Manche Worte, jahrelang
vage Hieroglyphen,
tragen einem plötzlich an,
sich zu überprüfen.
Werden sichtbar in Gedichten,
die sonst nie berührten,
oder springen aus Geschichten
einer Illustrierten.
Viele wollen diesen Fund
nicht mal registrieren.
Schimpfen plötzlich ihren Hund,
kriegen’s an den Nieren.
Doch das legt sich. Mit der Zeit
wird man gerne tauber,
dient der Unzulänglichkeit
und bleibt fortan sauber.
Und die Worte streichen aus,
was in ihnen ruhte.
Steigen über uns hinaus,
heim ins Absolute.
Manchen gelingt es
Manchen gelingt es,
sich so zu entfalten,
dass sie sich immer
die Unschuld erhalten.
Die warten im Schatten,
um besser zu sehen,
können ohne Applaus
der Angst widerstehen.
Die schreiben nie Lieder.
Die sind Melodie.
So aufrecht zu gehen
lerne ich nie.
Brich auf, Geliebte
Brich auf, Geliebte,
nimm mich mit.
Heut Nacht
hat sich auf einmal
unsre Liebe
aufgemacht.
Die
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