Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jeder Hund kann gehorchen lernen

Titel: Jeder Hund kann gehorchen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Lenzen
Vom Netzwerk:
Hunden – seit über 15 Jahren a uch professionell – und ich habe in meinem Umfeld noch nie von einem Hund gehört, der neben oder a uf einem Grab sitzt, geschweige denn a uf dem Friedhof einen solchen Hund getroffen. Meine Erklärung für die unzähligen A nekdoten dazu ist folgende: Nehmen wir a n, Herrchen ist gerade beerdigt worden und Frauchen geht mit dem Hund jeden Tag zum Friedhof, um das Grab zu pflegen und ihre Trauer zu verarbeiten. Während Frauchen nun a m Grab steht oder sitzt und a n ihren geliebten Mann denkt, fühlt sie sich einsam. A lso krault sie ihren Hund, sie kuschelt mit ihm, ist ihm so nah wie sonst selten im A lltag. Sie spricht mit leiser, einfühlsamer Stimme zu ihm: »Du vermisst Herrchen a uch, oder?« Der Hund versteht natürlich nicht, was Frauchen meint, a ber er speichert sehr wohl etwas Positives a b: Wenn ich mit Frauchen a n diesem Ort bin, geht es mir richtig gut. Mit der Zeit wird er sich immer mehr a n das Grab und die entspannte Zeit dort gewöhnen. Und sicher wird er dann manchmal schon von Weitem Richtung Grab ziehen oder es sich in Frauchens Beisein bei gutem Wetter a uf dem Grab bequem machen. Der Hund weiß nicht, was ein Grab ist. Genauso wenig kennt er den Unterschied zwischen einer Wiese im Park und einem Vorgarten. Entscheidend ist für ihn jedoch, wie sich der Halter a n diesem Ort benimmt. Das speichert der Hund, und dementsprechend verhält er sich. Fazit: Hunde denken nicht übers Sterben nach, sie wissen gar nicht, was das ist. Daher sind sie a uch nicht dazu in der Lage, so wie Menschen zu trauern oder traurig zu sein. A ber sie reagieren a uf menschliches Verhalten manchmal a uf eine A rt und Weise, die wir Menschen a ls Trauer interpretieren.

    Ist dieser Hund wirklich traurig über den vermeintlich toten Artgenossen?
    Auch bei den erwähnten »Hund wartet jahrelang a m Bahnhof a uf Herrchen«-Geschichten würde ich von Gewohnheitsverhalten des Hundes a usgehen – nicht von Trauer. Denn der Hund kann gar nicht wissen, dass Herrchen verschwunden oder verstorben ist. Wenn er wüsste, was »tot sein« bedeutet, und sich noch dazu bewusst wäre, dass sein Herrchen tot ist, würde er sich den Weg zum Bahnhof sparen und den Bus zum Friedhof nehmen. Warum a lso kommt ein Hund immer zur gleichen Uhrzeit zum Bahnhof zurück? Und: Ist es wirklich immer genau die gleiche Uhrzeit? Oder haben die Menschen im Nachhinein »an der Uhr gedreht«? Der Hund hat jedenfalls weder eine Uhr ums Bein geschnallt noch kann er den Fahrplan lesen. A ber es gibt Dutzende Möglichkeiten (positive Verknüpfungen), warum er schon zu Herrchens Lebzeiten immer zur ungefähr gleichen Zeit den Bahnhof a ufgesucht haben könnte, vielleicht ist er sogar von Frauchen dazu a nimiert worden. Und wenn Menschen a m Bahnhof einen Hund sehen, beschäftigen Sie sich natürlich mit ihm. Er wird a ngesprochen, bekommt vielleicht etwas zu trinken oder zu fressen, wird gestreichelt – und fühlt sich wohl a n diesem Ort. Und dann kommt a uch noch Herrchen von der A rbeit zurück und freut sich wahnsinnig, dass sein Hund a uf ihn wartet. Der Reiz »Bahnhof« ist groß, der Reiz »Herrchen« ist noch größer, a lso geht der Hund Tag für Tag mit Herrchen vom Bahnhof zurück nach Hause. Und wartet a m nächsten Tag wieder a m Bahnhof, um ihn »abzuholen«. Fällt nun der Reiz »Herrchen« weg, bleibt immer noch der Reiz »Bahnhof«. Wie gesagt: Der Hund weiß nicht, dass sein Herrchen gestorben ist, a ber viele der A ngestellten und Passanten a m Bahnhof wissen es – und gehen daher a us Mitleid umso freundlicher und liebevoller mit dem Hund um. Der wiederum verknüpft einmal mehr: Dieser Ort (Bahnhof) tut gut. A lso behält er seine Gewohnheit a uch nach Herrchens Tod bei. Ein Hund, der a us Trauer und Treue a m Bahnhof a uf sein gestorbenes Herrchen wartet – diese Interpretation klingt einfach zu herzzerreißend, um wahr zu sein. Eine Traumvorlage für Drehbuchautoren bietet sie a llemal.
    Alle bisher genannten Einschränkungen und Zweifel a n den kursierenden Geschichten über Hunde, die trauern, sollen nicht bedeuten, dass der Verlust eines nahestehenden Menschen oder eines vierbeinigen, im gleichen Haushalt lebenden Spielkameraden einen Hund völlig kalt lässt. So etwas kann beim Hund zu einem Verlust von Sicherheit und damit zu großem Stress führen. Schließlich ändert sich die Struktur des Rudels, wenn ein Mitglied (womöglich das ranghöchste) plötzlich verschwunden ist. Von einem a uf den

Weitere Kostenlose Bücher