Jeder Hund kann gehorchen lernen
seine Stimmung. Vielleicht betont der Halter den Namen des Hundes ganz a nders oder nicht so freudig wie sonst. Das kennt der Hund nicht – und bleibt lieber im Körbchen. Woraufhin der Halter ihm wiederum eine menschliche Regung unterstellt und a nnimmt, er sei beleidigt.
Auch Hunde, die ihrem Halter den Rücken zuwenden, werden schnell in die Schublade mit der A ufschrift »Der ist beleidigt« gesteckt. »Schau mal, jetzt dreht er sich extra weg.« A uch in diesem Fall bewertet der Halter seinen Hund fälschlicherweise wie einen Menschen. In der Hundewelt hat das Den-Rücken-Zudrehen jedoch eine ganz a ndere Bedeutung: Es ist ein Vertrauens- und Beschwichtigungssignal. Ein Hund, der einem Menschen nicht vertraut, wird ihm kaum den Rücken zuwenden und sich schon gar nicht von hinten kraulen oder streicheln lassen. Er beobachtet stattdessen das Verhalten seines Gegenübers, um jederzeit reagieren zu können. Im Gegensatz dazu signalisiert ein Hund, der dem Halter (oder einem a nderen Hund!) den Rücken zuwendet, dass von ihm keine Gefahr a usgeht.
Das » Mein Hund ist traurig « -Märchen
Ein Hund läuft Hunderte von Kilometern zurück zu Herrchens Haus. Ein a nderer wartet jahrelang a m Bahnhof, dass sein verschollener Besitzer zurückkommt. Das ist der Stoff, a us dem Hollywood-Filme gesponnen werden. Gibt es wirklich Hunde, die sich so verhalten? Und wenn ja, machen sie das, weil sie traurig sind? Oder sind Hunde, die trauern, bloß ein Mythos?
Natürlich gehen wir bei der Einschätzung zunächst einmal von unserer eigenen, menschlichen Definition von Trauer a us. Wir trauern, wenn ein geliebter Mensch (ein Haustier) stirbt oder wenn eine Beziehung zu Ende geht. Über solche Ereignisse hinaus, die früher oder später jeden Menschen betreffen, kann Trauer a ber a uch etwas sehr Persönliches sein: Worüber der eine trauert, ist für den a nderen keinen Gedanken wert. Menschen trauern a us unterschiedlichsten Gründen und a uf vielfältige A rt und Weise. Trauer kann nicht nur Menschen gelten, sondern a uch Gegenständen. Etwa wenn ein A uto, das man 15 Jahre lang gefahren hat, in die Schrottpresse kommt. Manchmal empfinden wir a uch Mitleid und trauern mit, weil jemand, den wir gut kennen, etwas Schreckliches erlebt hat.
Aber wie ist das bei Hunden? Um Mitleid zu empfinden, müssten sie in der Lage sein, sich in a ndere hineinzuversetzen. Das wird ihnen kaum jemand unterstellen. Dann bliebe nur die »einfache« Trauer bzw. Traurigkeit übrig. Wenn ein kleines Kind seinen Ball beim Spielen a uf der Wiese vergisst, ist es womöglich den ganzen Tag danach traurig (weil es der Lieblingsball war, den es von der Oma zum Geburtstag bekommen hat!). Eine Katastrophe, die ein Kind tagelang beschäftigen kann. Einem Hund ist dagegen nicht einmal bewusst, wer ihm seinen favorisierten Ball zum Spielen geschenkt hat. Und wenn er ihn a uf der Wiese zurücklässt, weiß er das schon gar nicht mehr, wenn er nach dem Spaziergang mit seinem Halter die Wohnung betritt. Wobei es durchaus vorkommen kann, dass er a m nächsten Tag a n der Stelle, wo er zuletzt mit dem verlorenen Ball gespielt hat, die entsprechende Geruchsverknüpfung herstellt und nach dem Ball sucht. Der Mensch interpretiert dann schnell: »Der Hund ist traurig, weil er seinen Ball verloren hat.« Oder: »Der Hund vermisst seinen Ball.« Und genau a us solchen Erfahrungen heraus würden die meisten Hundebesitzer die Frage, ob ihr Hund manchmal traurig ist, mit einem spontanen »Ja!« beantworten.
Kommen wir noch einmal zurück zu den bereits erwähnten hollywoodreifen Hunde-Anekdoten: Die populärste spielt sich nicht im Wartehäuschen eines Bahnhofs, sondern a uf dem Grab von Herrchen oder Frauchen a b. Offenbar scheint es nicht wenige Hunde zu geben, die neben oder a uf dem Grab ihres verstorbenen Halters sitzen. A us Trauer? Um dem geliebten Besitzer immer noch nahe zu sein? Eines ist sicher: Weil wir Menschen Hunde so sehr lieben, fänden wir es toll, wenn ein Hund so um einen Menschen trauern würde. Das ist eine Vorstellung, die uns unsere vierbeinigen Freunde noch sympathischer macht und sie uns noch näherbringt in einer Welt, die wir oft a ls kühl und falsch empfinden und in der wir Hunde im Unterschied zum Menschen gerne a ls reine, warme, unverdorbene Wesen glorifizieren.
Keine Frage: Hunde sind toll und liebenswert – doch a ls trauernd oder traurig im menschlichen Sinne habe ich sie noch nie erlebt. Ich beschäftige mich seit 1985 intensiv mit
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