Jeder Hund kann gehorchen lernen
Vielleicht hat a uch Lärm-Stress, etwa durch eine Kreissäge in der Nachbarwohnung oder durch ein Gewitter oder Feuerwerk, seine Verdauung unaufhaltsam a ngeschoben. Wann er dann wo hinmacht, ist jedenfalls purer Zufall – fernab von Trotz und Protest.
Eine weitere vermeintliche »Protestreaktion«, die ich in meinem A lltag a ls Hundetrainer in ähnlicher Form immer wieder erlebe, ist die Nahrungsverweigerung. »Mein Hund frisst sein Futter nicht – a us Protest«, sagt der Kunde. »Der weiß nämlich genau, wenn er da nicht drangeht, bekommt er danach a nderes Futter.« Warum der Hund tatsächlich das zunächst a ngebotene Futter verschmäht, bleibt sein Geheimnis. Leider können wir ihn nicht fragen, und selbst wenn wir ihn mit einem Leckerchen bestechen, würde er uns keine A ntwort geben. Vermutlich schmeckt ihm das Futter einfach nicht besonders gut, und daher lässt er es erst mal liegen. A uf einer Hundezunge befinden sich nämlich rund 2.000 Geschmacksrezeptoren. Diese sagen dem Hund nicht nur, ob etwas überhaupt fressbar ist oder nicht. Sie übermitteln ihm a uch, ob er den Geschmackseindruck a ls a ngenehm, neutral oder unangenehm empfindet. Im Zweifelsfall entscheidet das Nasentier Hund jedoch bei zwei oder mehreren Futterquellen über den Geruch, was er zuerst a ntastet und frisst. Somit würde er sich bei der A uswahl »Steak oder Salat« klar für das Fleisch entscheiden. Befände sich jedoch das Steak unter einer hermetisch a bgeschlossenen Plexiglasglocke und der Salat a uf einem Teller daneben, so würde er, hätte er sehr großen Hunger, womöglich sogar den weniger a ttraktiven Salat fressen. Stark riechendes Essen wird a lso eindeutig bevorzugt.
Es gibt a uch sehr unterwürfige Hunde, die sich nicht trauen, in A nwesenheit eines Menschen zu fressen, weil sie diesen nicht provozieren wollen. Meist bedrängt der Mensch einen solchen Hund dann umso mehr (»Friss das doch! Ist sooo lecker!«), statt ihn beim Fressen a llein zu lassen. Das a lles hat jedenfalls rein gar nichts mit kalkuliertem Protest zu tun. Und der Einzige, der genau weiß, dass der Hund ein a nderes Futter bekommt, wenn er a n das, was ihm vorgesetzt wurde, nicht rangeht, ist der Mensch. A llenfalls stellt der Hund eine Verknüpfung her: Wenn ich das erste Futter nicht nehme, bekomme ich das nächste.
In diesem Sinne: Hunde, die a ngeblich a us Protest oder Trotz bellen, pinkeln, nicht fressen oder was a uch immer machen oder nicht machen, haben gute Gründe für ihr Verhalten – a ber sicher nicht die beiden gerade genannten. Entweder haben sie etwas in der Vergangenheit negativ bzw. positiv verknüpft und handeln nun dementsprechend. Oder sie zeigen ein Verhalten, das a uf eine Erkrankung zurückgeht. Nicht zu vergessen: Protest und Trotz lassen sich Hunden sicherlich a uch deswegen gerne a ndichten, weil der Mensch dann a us dem Schneider ist. Ich habe beispielsweise die Erfahrung gemacht, dass »Protest«-Beller meist nur schlecht erzogen sind.
Der » Mein Hund ist beleidigt « -Irrtum
Ganz oben in der Liste der populären Mythen zur » tierischen Vermenschlichung « steht: » Mein Hund ist beleidigt. « Doch wie soll ein Hund das können? Um zu einem solchen Gefühl fähig zu sein, müsste er über die Kapazität verfügen, etwas zu reflektieren. Denn nur, wenn man etwas versteht, kann man beleidigt sein. Eine Mutter reagiert vielleicht beleidigt, wenn ihr Sohn den Muttertag vergisst. Und ein Kind, wenn es seine Lieblingssendung im Fernsehen nicht sehen darf. A ber ist ein Hund beleidigt, wenn man vergisst, ihm zum Geburtstag einen Extraknochen zu schenken? Oder wenn er nachmittags nicht zum Spielen mit seinen Hundekumpels a uf die Wiese darf? Ein klares Nein, denn zu so einer Einsicht ist ein Tier nicht fähig.
Besonders häufig wirken Hunde a uf Menschen »beleidigt«, nachdem sie gerade etwas Unerwünschtes gemacht haben und dafür mit lauter Stimme gemaßregelt und ins Körbchen geschickt worden sind. Ruft der Halter den Hund nämlich danach zu sich, kann es passieren, dass der lieber im Körbchen bleibt, statt zu kommen. Nimmt der Hund seinem Halter wirklich übel, dass der ihn »zusammengefaltet« hat? Nein, vielmehr reagiert der Hund a uf die Stimme und die Körpersprache des Besitzers, der tief drinnen immer noch sauer a uf den Hund ist, sodass seine Stimme entsprechend negativ a ufgeladen klingt. Hunde sind in dieser Hinsicht sehr feinfühlig und erkennen a nhand der Stimme und der Gestik eines Menschen
Weitere Kostenlose Bücher