Jeder Hund kann gehorchen lernen
ohne sich darüber bewusst zu sein, a uch egoistisch: Wer einem Straßenhund ein »neues Leben« bietet, holt sich ein kleines Stück des Traums von Freiheit und A benteuer ins Haus. Zugleich kann er sich dabei in dem guten Gewissen wiegen und gilt den Mitmenschen gegenüber a ls Tierschützer, der a ktiv geholfen hat – das streichelt das eigene Ego. Doch der »Gerettete« revanchiert sich oft – wie »undankbar« – mit Straßenhund-Eigenschaften, die das genaue Gegenteil von unseren Vorstellungen von einem Haushund sind: Ex-Straßenhunde können schlecht a lleine bleiben. Sie sind eher menschenscheu, weil sie a uf der Straße gelernt haben, vor Menschen zu flüchten. Sie haben Schwierigkeiten, a n der Leine zu gehen. Sie haben einen starken Jagdtrieb, der früher immer a usgelebt werde konnte. Und a ls ehemalige Selbstversorger neigen sie dazu, wie ein Staubsauger Essbares vom Boden a ufzusaugen. A usnahmen bestätigen die Regel.
Zu a ll diesen Erziehungsproblemen kommen noch Infektionskrankheiten wie Leishmaniose und Ehrlichiose hinzu, die unter den Hunden im Mittelmeerraum häufig a uftreten. Viele Straßenhunde sind schon bei der Einreise nach Deutschland infiziert, die Diagnose wird a ber oft sehr viel später gestellt. Seriöse Vermittler lassen vorab einen Bluttest machen, der die üblichen Krankheiten a usschließt, bzw. weisen ganz offen darauf hin, wenn ein Hund gesundheitliche Probleme hat. Immerhin haben Ex-Straßenhunde in ihrem neuen Umfeld selten Probleme mit A rtgenossen. Kein Wunder: Wer 24 Stunden draußen unterwegs ist und permanent a ndere Hunde trifft, hat a rtgerecht und ohne ordnende Hand des Menschen Erfahrungen gesammelt und gelernt, sich mit a nderen Hunden zu a rrangieren oder sich gegebenenfalls zu unterwerfen. So eine soziale Kompetenz lernt ein Haushund, der oft vier Stunden oder länger a llein in der Bude hockt und viel seltener a uf A rtgenossen trifft, natürlich wesentlich eingeschränkter und langsamer.
Mittlerweile muss man für einen Spanienhund zwischen 200 und 300Euro »Schutzgebühr« zahlen. Vor rund 15 Jahren waren es noch zwischen 50 und 80 D-Mark. Warum ist der Preis so sehr in die Höhe geschnellt? Vielleicht, damit nach A bzug der Kosten für Kastration, Entwurmung und Transport a uch noch ein gewisser Verdienst bei den Vermittlern hängen bleibt? Zudem klingt »Schutzgebühr« irgendwie unkommerziell und wohltätig. Man zahlt für etwas – und gleichzeitig »schützt« man es. Wenn es hieße, »Für 300 Euro können Sie einen Straßenhund kaufen, inklusive Entwurmung, Kastration und A nlieferung«, wäre die psychologische Wirkung eine ganz a ndere. Ganz a bgesehen davon hört man a uch immer wieder von Hunden, die a ngeblich gechipt, entwurmt und frei von Mittelmeerkrankheiten vermittelt wurden – und schon nach drei Tagen in der Tierklinik landen. Fazit: Nicht a lle Vermittler von Straßenhunden a rbeiten seriös. Und weil Welpen leichter zu vermitteln sind, liegt der Verdacht nahe, dass einige sogar eigens Nachwuchs für die Tierfreunde in Deutschland produzieren.
Damit will ich die Straßenhundevermittler jetzt nicht unter Generalverdacht stellen. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich in Süd- und Osteuropa für den Tierschutz und im besonderen Maße für Straßenhunde einsetzen. Es geht mir vielmehr darum, die Hundefreunde in Deutschland dazu zu bewegen zu hinterfragen und nach- bzw. umzudenken: Ist der Import von Straßenhunden a us a nderen Ländern wirklich die richtige Hilfe? Oder wäre es viel sinnvoller, Tierschützer bzw. ihre Organisationen gezielt vor Ort zu unterstützen?
Aus meiner Sicht sind in Ländern mit einem hohen A ufkommen a n Straßenhunden breit a ngelegte und professionell durchgeführte Kastrations- und Sterilisationsprogramme die einzig nachhaltige Hilfe. Nur so verhindert man, dass immer neue Straßenhunde nachkommen. Für die »Schutzgebühr«, die für den Import eines Straßenhundes nach Deutschland fällig wird, könnten vor Ort bis zu zehn Hunde kastriert werden. Wer das weiß, sollte beim Wunsch nach einem vierbeinigen Mitbewohner lieber eines der überfüllten Tierheime in seiner Umgebung a ufsuchen und die Differenz zu den Kosten (ein Hund a us einem deutschen Tierheim »kostet« zwischen 80 und 120 Euro), die ein Hundeimport a us dem A usland mit sich brächte, einer lokalen Organisation in Süd- oder Osteuropa spenden. Bitte tun Sie das nur, wenn Sie sich vorher über die Organisation informiert haben und
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