Jeder Kuss ein Treffer
Wes hinzu. »Mrs. Fortenberry ist überzeugt, dass es sich bei der Leiche um ihren Ehemann handelt.«
Lamar warf Max einen Blick zu, als suche er Bestätigung. Max erzählte ihm von der Jacke und den Initialen. »Jamie war dabei, als Annie die Jacke kaufte.«
Danny Gilbert kam über den Hof auf die Männer zu. »Tag, Lamar«, sagte er. Die beiden gaben sich die Hand.
»Was treibst du momentan so?«, fragte Lamar. »In letzter Zeit mal angeln gewesen?«
Danny schüttelte den Kopf. »Hab viel zu tun. Heute schleife ich den Holzboden bei Annie Fortenberry ab.«
Lamar runzelte die Stirn. »Oh-oh. Das hört sich aber ganz schön verdächtig an, wenn du mich fragst.«
»Warum?«, erkundigte sich Wes.
»Eine Frau entdeckt eine Leiche hinter ihrem Haus und behauptet, es sei ihr verschollener Ehemann, und dann fällt ihr nichts Besseres ein, als sich den Boden schleifen zu lassen?« Lamar griff in die Hemdtasche und holte ein kleines Notizbuch hervor. »Das schreibe ich mir besser auf. Könnte noch nützlich sein für die Ermittlung.«
Max und Wes tauschten Blicke aus. Auf Max‘ Lippen lag die Andeutung eines Lächelns.
»Annie nimmt es ziemlich schwer«, sagte Danny. »Sie hat sich hingelegt.«
»Ich kannte Annie schon, da war sie noch Buchhalterin in Bates‘ Möbelgeschäft«, sagte Lamar. »Ich habe da mehrere Zimmereinrichtungen gekauft. Einmal im Monat bin ich hin und habe meine Raten bezahlt. Herman Bates verkauft hochwertige Möbel zu akzeptablen Preisen, und er gibt Rabatt, wenn man gleich mehrere Zimmer einrichtet.«
»Und, was meinen Sie?«, fragte Max und wies mit dem Kinn auf das Grab.
»Tja, ich habe Annie damals vernommen, als Mr. Fortenberry vermisst gemeldet wurde und seine Mutter die wildesten Anschuldigungen verbreitete. Eines sage ich euch, diese Eve ist ganz schön hartnäckig. Aber damals gab es keinen Anhaltspunkt für ein Verbrechen. Das hier ändert natürlich alles. Übrigens, wer hat die Leiche gefunden?«
»Der Gärtner von Doc Holden.« Wes wies auf den Mann, der kopfschüttelnd und vor sich hin murmelnd auf einem Baumstumpf saß.
»Mit wem redet der?«, fragte Lamar im Flüsterton.
»Er ist immer noch ziemlich durcheinander«, erklärte Max.
Lamar gab dem Kollegen, der die Fotos gemacht hatte, ein Zeichen. »Ich möchte bitte, dass Sie den Kerl da vorne befragen«, sagte er und wies mit dem Kinn auf den Gärtner. »Und seien Sie nicht so hart; er sieht aus, als müsste er gleich in eine Zwangsjacke gesteckt werden.«
In der Auffahrt hielt ein Wagen. Mike Henderson, ein Redakteur der
Gazette,
kam auf die anderen zugelaufen, begleitet von Vera Bankhead, Jamies Assistentin. Sie hatte einen Fotoapparat in der Hand.
»Oh, Mann!«, stöhnte Lamar. »Das hat mir gerade noch gefehlt. Es redet keiner außer mir!«
»Wir haben es über den Polizeifunk gehört«, erklärte Mike. »Hinter Annie Fortenberrys Haus wurde eine Leiche gefunden«, fügte er hinzu. »Was können Sie dazu sagen?«
Trotz Mikes entschlossenen Gesichtsausdrucks fiel es den meisten Menschen schwer, ihn ernst zu nehmen. Das lag nicht nur daran, dass er jung war und aussah, als käme er frisch vom College, sondern auch an seiner erkennbar schlechten Organisation. Nur selten bügelte er seine Hemden, und wenn er in seinen Taschen nach einem Stift suchte, flatterten Papierfetzen heraus. Oft liefen seine Stifte aus, so dass die meisten seiner Kleidungsstücke Flecken hatten. Es war bekannt, dass Mike ein Schürzenjäger war. Seit Monaten hatte er ein Auge auf Destiny Moultrie geworfen. Jamie behauptete dennoch, sie würde ihn zu einem
richtigen
Redakteur ausbilden.
»Kein Kommentar«, sagte Lamar.
Mike starrte den Polizeichef an, als wisse er nicht, wie er darauf reagieren solle.
Die sechzigjährige Vera Bankhead stemmte die Hände in die Hüften. Dank einer Komplettüberholung im Jahr zuvor inklusive einer Susan-Sarandon-Frisur sah sie deutlich jünger aus. Durch ihre neue Garderobe war sie auf die Liste der zehn bestgekleideten Frauen in der Baptistengemeinde Mount Zion gekommen. Dass Vera keine Sonntagsmesse ausließ und die Heilige Schrift Wort für Wort zitieren konnte, hielt sie nicht davon ab, ihren Willen durchzusetzen. Sie konnte ganz schön überzeugend sein.
»Schluss mit dem Quatsch, Lamar!«, sagte sie. »Es ist unsere Aufgabe zu berichten, was passiert. Jeder weiß, wie schwer es ist, in dieser Stadt eine anständige Schlagzeile zu produzieren.«
»Bist du bewaffnet?«, fragte Lamar.
»Im Moment
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