Jeder Kuss ein Treffer
auf ihre Handtasche. »Dafür habe ich meine .38. Damit schieße ich ihr in die Kniescheiben.«
Lamar fiel die Kinnlade herunter.
»Vera macht nur Witze«, sagte Jamie.
»Und wir wollen, dass sie hinten herausgeführt wird«, fügte Max hinzu. Als Lamar zögerte, schnaubte Vera verächtlich. »Lamar will sein Gesicht in die Kameras halten«, sagte sie.
Lamar blieb eine Antwort erspart, da in dem Augenblick eine weiße Stretchlimousine vor dem Gebäude hielt. Kurz darauf öffnete der Fahrer die hintere Tür, und ein blonder Mann mittleren Alters stieg aus. Er trug weiße Tenniskleidung, die einen starken Kontrast zu seinem wohlgeformten, gebräunten Körper bildete. Sofort war er von Reportern umringt, doch er schüttelte nur den Kopf und bahnte sich seinen Weg zum Eingang des Polizeireviers.
»Da brat mir einer ´nen Storch«, staunte Lamar. »Das ist Cal Nunamaker!« Er schaute Max an. »Wie haben Sie das denn hinbekommen?«
»Ich habe höflich gefragt.«
Der gebräunte Mann stieß die Glastüren des Polizeireviers auf und prüfte die versammelten Personen mit stechend blauen Augen. Max trat vor, gab ihm die Hand und stellte ihm die Anwesenden vor. »Danke, dass Sie den Fall so kurzfristig übernommen haben, Cal.«
Nunamaker lächelte. »Ich komme direkt vom Tennisplatz. Hübsches Flugzeug haben Sie da, Max. Und woher wussten Sie, dass ich am liebsten Hummer Thermidor esse?«
»War geraten.«
Nunamaker schaute Lamar an. »Freut mich, Sie wiederzusehen, Chief Travis.«
»Tevis«, korrigierte Lamar und errötete.
Nunamaker sah auf die Uhr. »Ich möchte jedes Schriftstück sehen, das Ihnen über meine Mandantin vorliegt. Und sagen Sie mir nicht, dass Sie sie in eine Zelle gesteckt haben, denn das verdirbt mir den ganzen Tag.«
Lamar räusperte sich. »Sie sitzt im schönsten Vernehmungszimmer. Es ist sogar vor kurzem gestrichen worden.«
»Ach, und noch was«, sagte Nunamaker, als hätte er gar nicht zugehört. »Ich erwarte, dass sie gut angezogen ist, wenn sie dem Haftrichter vorgeführt wird. Keine Häftlingskleidung, keine Handschellen, verstanden?«
»Ich kümmer mich drum.« Lamar eilte davon.
»Und, was meinen Sie?«, fragte Max.
Nunamaker zuckte mit den Achseln. »So wie Sie es am Telefon geschildert haben, handelt es sich nur um Indizienbeweise. Es gibt kein Geständnis, keine Zeugen, keine Waffe. Ha, nicht mal eine Leiche«, fügte er mit breitem Grinsen hinzu.
»Die Polizei hat lediglich ein mögliches Motiv«, fuhr Nunamaker fort. »Mehr braucht sie allerdings nicht für eine vorläufige Festnahme. Ich habe vom Flugzeug aus mit dem Staatsanwalt gesprochen. Er wollte Mrs. Fortenberry des vorsätzlichen Mordes anklagen, man glaubt es nicht! Ich habe ihm gedroht, ihm das Leben zur Hölle zu machen, da hat er es sich noch mal anders überlegt.«
Jamie stockte der Atem. Sie vermutete, dass das nichts Gutes für Annie versprach. »Kommen Sie mit so was denn durch?«
Nunamaker grinste. »Normalerweise würde er mich bei der Kammer anzeigen, aber wir sind gute Tennisfreunde, und er will, dass ich im Hilton Head Country Club ein gutes Wort für ihn einlege, damit man ihm dort die Mitgliedschaft anbietet. Die lassen nämlich nicht jeden rein. Spielen Sie Tennis, Max? Sie sehen superfit aus.«
»Nicht mehr so viel wie früher. Glauben Sie, der Richter lässt Annie auf Kaution raus?«
»Normalerweise nicht, aber wir kennen uns gut.«
»Ist der auch ein Tenniskumpel von Ihnen?«, fragte Jamie.
»Nein, er ist mein Schwager. Natürlich muss ich trotzdem argumentieren, vor allem damit ich eine gute Presse bekomme, doch ich sehe da eigentlich kein Problem. Aber ich muss Sie warnen: Die Kaution wird hoch sein. Sonst könnten die Leute meinen, Annie würde begünstigt.«
»Kein Problem«, sagte Max. »Solange er auch Schecks nimmt.«
»Mensch, Sie sind Max Holt. Von Ihnen würde der Richter ein Kaugummipapier als Schuldschein akzeptieren. Ganz im Ernst, wir beide sollten uns wirklich mal treffen und ein paar Bälle übers Netz schlagen.« Lamar kehrte mit einem Aktenordner zurück, neben ihm eine Beamtin. »Die Angeklagte zieht sich gerade um«, verkündete er und reichte Nunamaker den Ordner. »Meine Kollegin wird Sie gleich zu ihr bringen.«
»Sie sind ein guter Mann, Tevis.«
Annie lief im Raum auf und ab und sah auf die Uhr. Nur noch dreißig Minuten, dann würde sie vor einem Richter stehen, der sie wahrscheinlich so lange ins Kittchen steckte, bis sie nur noch am Stock gehen konnte. Sie
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