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Jeder Kuss ein Treffer

Jeder Kuss ein Treffer

Titel: Jeder Kuss ein Treffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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mit.«
    »Vielleicht besser nicht«, gab Wes zurück.
    »Hm?«
    »Du hast heute offenbar noch nicht die Zeitung gelesen.«
    »Nein.«
    »Guck dir lieber mal die Todesanzeigen an.« Er reichte sie ihr. »Morgen um zwei wird der Gedenkgottesdienst für deinen Mann abgehalten.«
    »Morgen?«, fragte Annie mit weit aufgerissenen Augen. »Soll das heißen, sie haben seine Überreste gefunden?«
    »Ich habe mit Lamar gesprochen. Bisher noch nicht, aber Mrs. Fortenberry glaubt, sie werden sowieso nie wieder auftauchen. Sie braucht angeblich eine Art Abschluss. Wenn die Leiche doch noch gefunden wird, will sie eine Beerdigung im kleinsten Kreis abhalten.«
    Aus Annies Gesicht wich jede Farbe. Ihre smaragdgrünen Augen sahen aus, als seien sie zu Stein geworden. »Und sie macht sich nicht mal die Mühe, mir das mitzuteilen? Sie bildet sich ein, sie kann einen Gedenkgottesdienst für meinen verstorbenen Ehemann ansetzen, ohne mir etwas davon zu sagen?« Tränen traten ihr in die Augen. Annie wurde wütend. »Das ist doch nicht zu glauben!«
    »Komm mit, Annie«, sagte Wes und erhob sich vom Stuhl. Dann zog er sie hoch. Annie wirkte benommen. »Wir machen jetzt einen Spaziergang. Wir üben etwas, das sich Konfliktbewältigung nennt. Momentan siehst du aus, als wärst du die ideale Kandidatin dafür.«
    Annie wartete, während er in seine Jeansjacke schlüpfte. Dann ging sie ins Wohnzimmer und holte ihre gefütterte Windjacke aus dem Garderobenschrank. »Ich hoffe, dass mich kein Nachbar sieht, wenn ich im Dunkeln draußen herumschleiche«, sagte sie und trat mit Wes vor die Tür. »Die glauben doch alle, ich würde einbrechen und jemanden im Schlaf ermorden. Dann werde ich wieder ins Gefängnis gebracht.«
    »In dieser Mickymaus-Jacke siehst du wirklich gefährlich aus.«
    »Ich bin letztes Jahr mit Theenie und Lovelle nach Disney World gefahren. Sie haben Geld zusammengelegt und mir die hier gekauft.« Annie warf Wes einen düsteren Blick zu. »Versuch nicht, mich heiter zu stimmen. Ich bin immer noch stinksauer.«
    »Dazu hast du auch jedes Recht. Ich versuche dir nur Wege zu zeigen, besser damit umzugehen. Bevor du herausfindest, wo Theenie das Nudelholz versteckt hat.«
    Annie sog die kalte Nachtluft ein. Sie gingen über die Veranda und die Vordertreppe hinunter, vorbei an dem Brunnen mit den erstarrten Putten. Dann überquerten sie den Hof und gingen den Bürgersteig hinunter. Die Straßenlaternen wiesen ihnen den Weg. Die hohen Eichen, deren schwere Wurzeln das Pflaster durchbohrten, bildeten ein Dach über der kopfsteingepflasterten Straße. Die Anwohner des historischen Viertels hatten sich erfolgreich gewehrt, als die Stadt die Straße asphaltieren wollte.
    »Ich nehme morgen am Gedenkgottesdienst für Charles teil«, erklärte Annie, nachdem sie eine Weile gelaufen waren.
    »Hab ich mir schon gedacht.« Doch Wes klang besorgt. »Du solltest der Frau lieber aus dem Weg gehen. Komm ihr nicht zu nahe.«
    »Eve Fortenberry konnte mich noch nie leiden.«
    Wes hatte Mühe, mit Annie Schritt zu halten. »Vielleicht lehne ich mich ein bisschen weit aus dem Fenster, aber ich schätze mal, dass sie dich noch viel weniger mag, seit du wegen des Mordes an ihrem Sohn verhaftet wurdest.«
    »Soll sie denken, was sie will. Von dem Moment an, als ihr Sohn verschwand, hat sie vermutet, dass ich dahinterstecke.«
    »Warum denn bloß?«
    Annie schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Vielleicht war es einfacher für sie, sich vorzustellen, dass ich ihm etwas angetan hatte, als dass er verschwunden war, ohne es ihr vorher zu sagen oder sich mal bei ihr zu melden. Und jetzt ist es leichter für sie, mich zu hassen, als …« Annie hielt inne und zuckte mit den Schultern.
    »Als den Tod ihres Sohnes zu akzeptieren?«, beendete Wes den Satz.
    »Ja.«
    Schweigend gingen sie weiter. Nach einer gewissen Zeit merkte Annie, dass sich die Anspannung in ihrem Bauch löste. Die Muskeln in ihrem Nacken und in den Schultern fühlten sich nicht mehr wie zum Zerreißen gespannte Gummibänder an. Gleichmäßig atmete sie die Nachtluft ein. Hier und dort roch sie den unverkennbaren Duft von Gardenien, noch eine Erinnerung, dass der Winter irgendwie an ihnen vorbeigegangen war. Es war klug von Wes gewesen, sie nach draußen zu bringen. Die Luft hatte sie klarer im Kopf gemacht, und seltsamerweise fühlte sie sich verjüngt.
    »Besser?«, fragte er, als merke er die Veränderung.
    »Sieht so aus. Ich habe nicht mehr das dringende Bedürfnis, zu meiner

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