Jeder Kuss ein Treffer
Zeitvertreib für ihn gewesen.
»Annie, ich sehe, wie es in deinem Kopf rattert«, sagte er schließlich. »Wir müssen miteinander reden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist schon spät, und ich möchte nicht über unsere Beziehung sprechen …« Sie hielt inne. »Ich korrigiere mich: was ich für eine Beziehung gehalten habe. Ich bestehe nicht darauf, dass du noch heute Abend ausziehst, aber ich wäre dir dankbar, wenn du das Zimmer so schnell wie möglich räumst. Am besten morgen früh.«
»Nein.«
Annie sah auf. »Wie bitte?«
»Gar nichts werde ich tun. Erst wenn die Vorwürfe gegen dich geklärt sind.« Als Annie widersprechen wollte, hob er die Hand. »Aber jetzt hörst du zu, während ich dir was erzähle.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich gebe dir fünf Minuten.«
»Zwischen mir und der Frau, mit der du mich heute Abend gesehen hast, läuft überhaupt nichts.«
Annie verdrehte die Augen. »Irgendwo habe ich das schon mal gehört…«
»Wahrscheinlich von deinem teuren verblichenen Gatten, mit dem ich übrigens nicht gerne verglichen werden möchte. Die Blondine heißt Peggy Aten und war früher meine Kollegin, als ich noch bei der Polizei war.« Ungläubig starrte Annie ihn an. Sie erinnerte sich, wie nervös sie der Gedanke gemacht hatte, dass er bei ihr wohnte, und dachte an Destinys Aussage, Wes Bridges sei nicht das, was er vorgebe zu sein. »Du warst mal bei der Polizei und hast nichts davon gesagt?«
Er zuckte mit den Achseln. »Schien mir nicht so wichtig. Ist schon eine Weile her, dass ich aufgehört habe. Nach zehn Jahren bei der Mordkommission merkte ich, dass ich langsam ausgebrannt war. Ich brauchte eine Veränderung.«
»Und deshalb bist du Fotograf geworden?«, fragte sie zweifelnd. Es kam ihr sonderbar vor.
Lange schaute Wes mit gequältem Blick auf seine Hände. Er sah Annie an, wollte etwas sagen, hielt es dann aber zurück, als hätte er es sich anders überlegt. »Darüber möchte ich jetzt lieber nicht reden«, sagte er. »Ich muss mich auf die vor uns liegenden Probleme konzentrieren. Ich bitte dich nur, mir zu vertrauen. Du musst wissen, dass ich nur dein Wohlergehen im Auge habe.«
Annie dachte darüber nach. Jemandem zu vertrauen fiel ihr nicht leicht. Schon gar keinem Mann. Aber die Besorgnis in Wes‘ Augen und die vielen unbeantworteten Fragen zum Mord an ihrem Ehemann sagten ihr, es sei besser, ihn nicht weiter zu bedrängen.
»Es wäre mir lieber gewesen, wenn du mir schon früher von deiner Vergangenheit erzählt hättest«, sagte sie. »Ich hätte mir weniger Sorgen gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass ein Fachmann in dem Mordfall ermittelt. Und nicht jemand, der sein Geld mit Knipsen verdient«, fügte sie hinzu.
Fast lächelte Wes. »Peggy hat äußerst wertvolle Informationen sammeln können. Vielleicht interessiert es dich zu erfahren, dass Norman Schaefer in der Nacht, als der Mord passierte, nicht in seinem Hotel eincheckte. Obwohl seine Frau behauptet, er wäre unterwegs gewesen.«
»Ach, ja?«
»Angeblich war er bei einem Immobilienseminar. Aber es fand sich nichts bei seinen Spesenrechnungen, Kreditkartenabrechnungen und Bankauszügen. Mit anderen Worten: Er ist dort nie aufgetaucht.«
»Wie hat diese Peggy das alles herausgefunden?«
»Sie hat Bekannte an den richtigen Stellen. Je weniger du weißt, desto besser. Wenn der Fall vor Gericht kommen sollte und Norm offiziell verdächtig ist, wird Nunamaker ihn natürlich auffordern, Beweise für seinen Aufenthaltsort in der Nacht vorzulegen, in der er nach Aussage seiner Frau nicht zu Hause war.«
»Was, glaubst du, bedeutet das?«
»Das hört sich alles verdammt verdächtig an, wenn du mich fragst. Aber es kommt noch besser: In der Woche, bevor dein Mann verschwand, ließ Norm einen Ölwechsel bei seinem Auto vornehmen. Dabei wurde der Kilometerstand festgehalten. Eine Woche später hatte er eine kleine Beule in der Stoßstange, und auf dem Unfallprotokoll wurde ebenfalls der Kilometerstand vermerkt. Wenn Norm zu einem Verkäufermeeting nach Savannah oder Hilton Head gefahren wäre, hätte er mindestens dreihundert Kilometer mehr draufhaben müssen, aber der Zähler hatte in der Zwischenzeit nur knappe hundert mehr verzeichnet.«
»Das heißt, er hat die Stadt nie verlassen«, schlussfolgerte Annie. »Was hat er wohl gemacht?«
»Vielleicht seine Frau verfolgt? Morgen statte ich Lamar Tevis einen Besuch ab und erzähle ihm, was ich herausgefunden habe.«
»Ich komme
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