Jeder stirbt für sich allein
Fall Klabautermann? Ist das kein Irrtum? Hier liegt kein Fall Klabautermann vor!»
«Geben Sie her!» sagte Escherich und faßte nach dem Hörer. «Und verdimensionieren Sie sich schleunigst!»
Er rief in den Apparat: «Ja, hier, Kommissar Escherich!
Was ist mit Klabautermann? Wollen wohl Meldung erstatten?»
«Melde gehorsamst, Herr Kommissar, daß wir den Mann leider aus den Augen verloren haben, nämlich ...»
«Was haben Sie?»
Escherich war nahe daran, einen Zornesausbruch folgen zu lassen, wie ihn eine Viertelstunde zuvor sein Vorgesetzter gehabt hatte. Aber er bezwang sich: «Wie hat denn das geschehen können? Ich denke, Sie sind ein tüchtiger Mann, und der Observierte ist doch bloß ein Männeken!»
«Ja, das sagen Sie so, Herr Kommissar. Aber er kann laufen wie ein Wiesel, und in dem Gedränge auf dem U-Bahnhof Alexanderplatz war er plötzlich weg. Er muß gemerkt haben, daß wir ihn beschatteten!»
«Auch das noch!» stöhnte Escherich. «Hat's gemerkt!
Ihr Hornochsen habt mir meinen ganzen Film verkorkst!
Nun kann ich euch nicht mehr schicken, er kennt euch ja.
Und neue kennen ihn wieder nicht!» Er überlegte: «Also schnellstens zurück aufs Präsidium! Jeder von euch beiden holt sich einen Ersatzmann. Und der eine von euch nimmt irgendwo in der nächsten Nähe seiner Wohnung Posto, aber gut bedeckt, wohlverstanden?! Daß er euch nicht noch mal ausreißt! Ihr habt nur die Aufgabe, euerm Ersatzmann den Kluge zu zeigen, und dann schwirrt ihr ab.
Der andere geht zur Fabrik, wo er arbeitet, und meldet sich dort bei der Leitung. Warten Sie doch, Sie großer Held, Sie müssen doch erst die Adresse von der Wohnung haben!» Er suchte sie heraus und gab sie durch. «So, und
nun schnellstens auf eure Posten! In die Fabrik kann übrigens der Ersatzmann allein gehen, und das erst morgen früh. Da werden sie ihm den Mann schon zeigen! Ich sage dort Bescheid. Und in einer Stunde bin ich selbst in seiner Wohnung ...»
Er hatte aber so viel zu diktieren und zu telefonieren, daß er erst sehr viel später zur Wohnung der Eva Kluge kam. Seine Leute sah er nicht, und an der Tür klingelte er umsonst. So blieb auch ihm nur die Nachbarin, die Gesch.
«Der Kluge? Sie meinen den Kluge? Nee, der wohnt hier nich. Hier wohnt bloß seine Frau, lieber Mann, die läßt den schon längst nicht mehr in die Wohnung. Die ist aber verreist. Wo er wohnt? Wie soll ich das wissen, lieber Mann? Der treibt sich doch nur so rum, immer mit Weibern. Ich hab wenigstens mal so was gehört, aber ich will nischt gesagt haben. Die Frau hat mir schon Vorwürfe genug gemacht, weil ich dem Mann mal in ihre Wohnung geholfen habe.»
«Hören Sie mal, Frau Gesch», sagte Escherich und war in den Flur der Wohnung eingetreten, da sie ihm die Tür vor der Nase zuschlagen wollte. «Nun erzählen Sie mir mal reineweg alles, was Sie von den Kluges wissen!»
«Wie komm ich denn dazu, lieber Mann, und wie kommen Sie dazu, hier einfach in meine Wohnung ...» «Ich bin nämlich der Kommissar Escherich von der Geheimen Staatspolizei, und wenn Sie meinen Ausweis sehen wollen .»
«Nee, nee!» rief die Gesch abwehrend und war erschrocken bis an die Wand der Küche zurückgewichen.
«Nischt will ich sehn, nischt will ich hören! Und von den Kluges habe ich Ihnen schon alles gesagt, was ich weiß!»
«Nun, ich denke, das werden Sie sich noch überlegen, Frau Gesch, wenn Sie mir hier nämlich nichts erzählen wollen, dann müßte ich Sie nach der PrinzAlbrecht-Straße auf die Gestapo einladen zu einem richtigen Verhör. Das würde Ihnen bestimmt keinen Spaß machen.
Hier unterhalten wir uns doch nur ein bißchen in aller Gemütlichkeit, nichts wird aufgeschrieben ...»
«Ja doch, Herr Kommissar. Aber ich habe wirklich nichts mehr zu erzählen. Ich weiß doch von denen gar nichts.»
«Wie Sie wollen, Frau Gesch. Machen Sie sich dann fertig, ich habe unten ein paar Leute, Sie können gleich mitkommen. Und legen Sie Ihrem Mann - Sie haben doch einen Mann? Aber natürlich haben Sie einen Mann! -, also legen Sie Ihrem Mann mal einen Zettel hin: Die Gesch war blaß geworden, ihre Glieder flogen, die Zähne klapperten in ihrem Mund.
«So was werden Sie doch nicht tun, lieber, lieber Herr!»
fleht sie.
Er antwortete mit gespielter Grobheit: «Natürlich werde ich so was tun, Frau Gesch, wenn Sie mir nämlich weiter eine selbstverständliche Auskunft
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