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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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das Lokal. Er ging aber nicht weit, sondern baute sich hinter einer Litfaßsäule auf, wo er in heiterer Ruhe den Abgang des Kleinen erwartete. Borkhausen war ein Beschatter, der sein Opfer so leicht nicht aus dem Auge verlor, und dieses Opfer schon gar nicht. Er brachte es sogar fertig, sich auf der U-Bahn in den gleichen Wagen mit ihm zu quetschen, und obwohl Borkhausen lang war, sah ihn Enno Kluge nicht.
    Enno Kluge dachte nur an seinen Triumph mit Adebar, an das Geld, das endlich wieder einmal reichlich in seiner Tasche knisterte, und dann dachte er an Hete, bei der er es doch sehr gut hatte. Mit Liebe und Rührung dachte er an die gute, ältliche Zerfließende, aber er dachte nicht daran, daß er sie vor ein paar Stunden belogen und bestohlen hatte.
    Freilich, als er dann vor dem Laden ankam und sah, der Rolladen war hochgezogen, und sie wirkte schon wieder im Geschäft, und sie hatte ihm sein Weglaufen bestimmt übelgenommen, da sank seine gute Stimmung wieder.
    Aber mit dem Fatalismus, mit dem sich Leute seines
    Schlages auch in das Widrigste fügen, betrat er den Laden und ging seiner Abreibung entgegen. Daß er aber, mit solchen Gedanken beschäftigt, nicht grade sehr genau darauf achtete, wer ihm auf den Fersen saß, das kann niemanden wundernehmen.
    Der Borkhausen hatte den Kluge im Laden verschwinden sehen. Er stand etwas entfernt in einem Torweg, denn er nahm an, Kluge wolle dort etwas kaufen und werde gleich wieder herauskommen. Aber die Kunden gingen und kamen, gingen und kamen, und Borkhausen wurde schon ganz nervös. Wenn er Kluges Herauskommen übersehen hatte - er hatte die fünfhundert Eier schon ganz sicher in seiner Tasche gefühlt, diesen Abend noch.
    Nun ging laut der Rolladen herunter, und jetzt war es sicher: der Enno hatte sich irgendwie verdrückt. Vielleicht hatte er doch Witterung von seinem Beschatter gehabt, war unter irgendeinem Vorwand durch den Laden in das Haus gegangen und durch die Haustür wieder heraus.
    Borkhausen verfluchte sich ob seiner Dummheit, nicht auch die Haustür im Auge behalten zu haben. Immer hatte er nur auf die Ladentür geglotzt, Kamel, das er war!
    Nun, es gab ja die Möglichkeit, Enno morgen oder übermorgen wieder in dem Lokal zu treffen. Jetzt, wo er durch Adebar so einen Reibach gemacht hatte, würde sein Wett-fimmel ihm schon keine Ruhe lassen. Er würde jeden
    Tag kommen und solange wetten, bis das Geld alle war. Ein Außenseiter wie Adebar lief nicht alle Wochen, und wenn er lief, hatte man nicht auf ihn gesetzt. Der Enno würde sein Geld schon rasch loswerden.
    Der Borkhausen schob auf seinem Heimweg noch nahe an dem kleinen Tierladen vorbei. Da sah er plötzlich durch die Schaufensterscheibe (nur die Ladentür war durch den Rolladen versperrt), daß ein einsames Licht im Laden brannte, und wie er nun die Nase an der Scheibe platt drückte und über die Aquarien durch die Vogelkäfige linste, da sah er, daß noch zwei Gestalten im Laden wirkten: ein aufgegangener Pudding von einer Alten im gefährlichsten Alter, wie er gleich richtig schätzte, und dazu sein Freund Enno. Enno in Hemdsärmeln und einer blauen Schürze, der fleißig Futternäpfe füllte, Wasser eingoß, einen Scotch putzte.
    Was für einen Dusel solch ein Idiot wie der Enno doch hatte! Was die Weiber an dem nur sahen? Er, der Borkhausen, saß fest mit der Otti und fünf Blagen, und so ein oller Knacker, der kam daher und setzte sich gleich in eine ganze Tierhandlung, komplett mit Frau, Fischen und Vögeln.
    Verächtlich spuckte Borkhausen aus. Was für eine saublöde Welt das war, die dem Borkhausen alles Gute vor-enthielt, um es einem solchen Idioten in den Schoß zu werfen!
    Aber je länger Borkhausen guckte, um so klarer wurde ihm, daß um das Paar da drinnen kein Liebeszauber blüh-te. Sondern sie redeten kaum miteinander, sie sahen sich fast nie an, und es war sehr möglich, daß der kleine Enno Kluge nichts darstellte als einen Arbeiter, der die Frau da drinnen beim Aufräumen des Ladens unterstützte. Dann mußte er in absehbarer Zeit aus dem Haus herauskommen.
    Borkhausen zog sich also von neuem auf seinen Beobachtungsposten im Torweg zurück. Da der Rolladen geschlossen war, würde Kluge aus der Haustür kommen, und so behielt Borkhausen die im Auge. Aber das Licht im Laden war erloschen, und Kluge war noch immer nicht gekommen. Da entschloß sich Borkhausen, viel zu wagen.
    Auf die Gefahr hin, den Enno im Treppenhaus zu treffen, schlich er sich in das Haus.
    Borkhausen notierte

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