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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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entsteht und ein sicheres Großwerden möglich wird, breitet sich eine diffuse Angst aus und ein Misstrauen, dass unsere Kinder womöglich nicht in der Lage sein werden, die Zukunft zu meistern. Dabei sollten wir uns lieber Sorgen darüber machen, dass wir unseren Kindern nicht mehr vertrauen. Wir trauen ihnen nicht zu, dass sie in der Lage sind, die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu tun.
    Kindern müssen zuallererst in einem gut sein: im Wachsen. Das können sie, von klein an. Noch vor der Geburt ist ein Baby im Bauch der Mutter in unbeschreiblichem Tempo größer geworden. Allein in den ersten Wochen hat es um das 27 500-Fache seiner Ursprungsgröße zugelegt, in den Wochen darauf bewegt sich sein Wachstum noch im hundertstelligen Bereich. Würden wir nach dem ersten Jahr im gleichen Tempo weiterwachsen, das hat der holländische Biologe Midas Dekkers einmal auszurechnen versucht, wären wir mit 18 Jahren 750 Meter groß und schwer wie ein Wolkenkratzer. Über ein Jahr dauert es, bis die Welt von oben betrachtet werden kann und die ersten Versuche gelingen, sich aufzurichten. All das tun Kinder von selbst, es ist in ihrem Interesse, sie brauchen keine Hilfe und sind ziemlich stolz darauf, es allein geschafft zu haben. Sie wollen nicht mehr kriechen und sich nach unten orientieren: Nach oben geht der Blick, wir können etwas auf die Beine stellen: uns selbst.
    In Zeiten wie heute, wo wir kaum Worte finden für die raschen Veränderungen, die wir durchleben, wollen wir von den eigenen Kindern nicht allzu sehr überrascht werden. So machen sich immer mehr werdende Eltern einen Plan, wie ihr Kind sein soll. Möglichst pflegeleicht, möglichst früh auf eigenen Beinen stehen, möglichst wenig das Leben von Mama und Papa verändern. Der Wunschzettel der Eltern ist lang und die Möglichkeiten, sich bereits vor der Geburt auszurechnen, wer da auf einen zukommt, haben sich inzwischen dramatisch erweitert. Niederländische Ärzte entwickelten einen Bluttest, der bereits in der achten Schwangerschaftswoche Antwort auf die Frage gibt, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen wird. Weltweit wollen immer mehr Eltern das Geschlecht ihres Kindes selbst bestimmen. In Amerika, Israel und Belgien dürfen Eltern bei einer künstlichen Befruchtung das Geschlecht wählen.
    Welche Konsequenzen aber das medizinisch Machbare hat, zeigt sich in Ländern wie Indien oder China. Dort führt die vorgeburtliche Geschlechtsbestimmung zur gezielten Abtreibung weiblicher Föten. Weil Mädchen in diesen patriarchalischen Gesellschaften immer noch geringer geschätzt werden als Jungen, steht für viele Eltern mit dem ersten Ultraschall fest, werdendes Leben zu töten. Nach Schätzungen internationaler Mediziner werden auf diese Weise jährlich eine halbe Million Mädchen umgebracht, bevor sie auf die Welt kommen.
    Der Wunsch nach dem perfekten Kind verbietet jede Überraschung. Vor nicht mal einer Generation galt ein Kind als Geschenk. Eltern freuten sich, wenn es klappte, und es würde schon gut werden. Heute leben viele in dem Glauben, dass Kinder jederzeit geboren werden können; längst präsentieren sich Rentnerinnen als Erstgebärende, Mütter über 60. Die Reproduktionsmedizin macht fast nichts unmöglich. Frauenärzte schicken Schwangere zu Untersuchungen, um » Fehlbildungen« auszuschließen. Die Frage, ob das Leben auch mit einem behinderten Kind lebenswert sein kann, wird gar nicht erst gestellt.
    Zudem haben Frauen und Männer heute eine genaue Vorstellung davon, wie und wann sie ein Kind auf die Welt bringen wollen. Sie warten auf den perfekten Zeitpunkt, das Geburtsdatum wollen sie vorab im Terminkalender eintragen. Der Kaiserschnitt macht’s möglich. Nur keine Überraschungen, die vorher nicht einkalkuliert waren. Doch dann folgt eine Überraschung auf die nächste: Erstaunt stellen junge Eltern fest, dass sie plötzlich ein eigenes Wesen in den Armen halten, einen neuen Menschen von weither, über den sie nicht so einfach bestimmen können. Mit dem sie nicht tun können, was sie sich vielleicht vorher überlegt haben. Ein Geschöpf, mit dem sie sich erst vertraut machen müssen, für das sie Zeit brauchen, es zu beobachten und seine Gesten zu lesen. Und wir fragen uns, was in dem kleinen Menschen vorgeht, der da strampelnd vor uns liegt. Uns hilflos ausgeliefert ist und unser Leben auf den Kopf stellt. Das Leben, von dem wir meinten, es im Griff zu haben. Plötzlich ist da ein kleiner Mensch, der bestimmt, was zu

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