Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)
gebietet, ermüdet und begeistert. Sie macht aus Kindern perfekte Konsumenten.
Computer sind, bei allem Nutzen, zu einer Pest geworden, und viele Eltern stehen fassungslos vor einem Problem, das sie selbst geschaffen haben. Wir ärgern uns; aber wer hat zugelassen, dass diese Dinger Einzug hielten in das Leben unserer Kinder? Wer hat dem Drängen nachgegeben, konnte nicht ertragen, wenn die Kinder erklärten, sie würden nicht mehr dazugehören, wenn sie nicht auf » Facebook« sind? Sich » sozial« organisieren, wie sie meinen, und sich mit » Freunden« austauschen, die sie noch nie gesehen haben? Es wird nicht einmal als seltsam empfunden, wenn Kinder plötzlich 300 » Freunde« haben und im Internet zu Partys laden, zu denen sich Hunderte, wenn nicht Tausende Teens anmelden. Was ist das für ein Leben, wenn es nur noch aus einer Handbewegung besteht? Dem Drücken des Zeigefingers auf eine Taste? Dem Wischen über einen Bildschirm?
Die Zimmer der Kinder sind längst zu Mediamärkten mutiert. Je älter, umso besser sind sie mit Hightech versorgt. Wer heute zu einem Kindergeburtstag einlädt, kann vor allem mit einem Geschenk rechnen: Einkaufsgutscheinen für das Bummeln im Internet, das Herunterladen von Liedern und Filmen. Mehr fällt Kindern und Eltern oft nicht mehr ein. Und wenn es dann erst das » Touchpäd« für die ganz Kleinen gibt, können auch schon Babys einen Computer bedienen. Wenn sie mit ihren Fingern auf den Bildschirm patschen, wird diese Bewegung gleich zu einem Schaltbefehl. Dann muht die Kuh und das Auto hupt, das Schaf macht » Mäh« und der Hund » Wau Wau«. Anstatt mit einer Hand Klötzchen umzuwerfen, reicht das Tippen auf die Tastatur, um virtuelle Türme zu stürzen.
Wer sich bei Youtube einklickt, sieht immer mehr Kleinkinder vor Kleinstcomputern. Und die Erwachsenen staunen, wie gut und schnell sie damit zurechtkommen. In New York gibt es schon eine erste School for Digital Kids. Hier können Sechstklässler, längst an Nintendo oder XB ox gewöhnt, ihre Fähigkeiten in einen Unterricht einbringen, der sich an der Struktur von Computerspielen orientiert. Neuen Studien zufolge haben bereits fünf Prozent der Sechsjährigen ein sogenanntes Profil im Internet angelegt, mit elf Jahren ist es bereits ein Drittel, mit dreizehn Jahren sind es zwei Drittel. Die Kinder teilen ihr Leben in » on« und » off« und sitzen wie selbstverständlich bis tief in die Nacht vor ihren Kisten, um Kontakt zu halten, zu wem auch immer.
Keine Familie, in der es nicht regelmäßig zum Streit darüber kommt, wann, ob und wie lange der Computer eingeschaltet werden kann. » Soziale Kontakte« pflegen heißt es dann, wenn der Facebook-Account geöffnet und über Stunden Zeit vertan wird. Digitale Technik hat eine Bedeutung erlangt, die einen schwindlig macht. Nicht im Netz zu sein, so das Ergebnis einer britischen Studie über den Umgang mit den digitalen Technologien, empfindet fast die Hälfte aller Befragten als Entzug. Es gibt nicht wenige, die fühlen sich ohne Smartphone, als fehlte ihnen eine Hand.
Wer heute durch die Städte geht, sieht wenig Menschen ohne Handy in der Hand. Einen Knopf im Ohr. Permanent erreichbar zu sein, ist die neue Sehnsucht– auf der T oilette, an der Kreuzung, in der Schlange im Supermarkt. Es piept und bimmelt unentwegt. » Bin grad weg«, » Komm gleich an«, » Steig jetzt aus und melde mich wieder«. Jede Bewegung wird kommentiert, jede Verabredung bestätigt, um gleich wieder verworfen zu werden. Nirgends ist man sicher, nicht in das Privatleben geschäftiger Handytelefonierer hineingezogen zu werden. Kaum sind sie dem Flugzeug, der Bahn, dem Auto entstiegen, verkünden sie Frau oder Firma, wie es nun weitergeht. Es bimmelt und vibriert unentwegt. Und die Kleinen sind ständig dabei und erleben, wie wichtig all das ist– und wie unwichtig sie selbst sind.
Ohne es zu merken, haben wir uns längst daran gewöhnt, von einem System beherrscht zu werden, von dem wir annehmen, dass wir es beherrschen. Wir lassen uns von unseren Computern Befehle diktieren, uns bevormunden, von ihm vorschreiben, welche Satzzeichen wir gebrauchen dürfen oder nicht, bestimmen, ob Fehler erlaubt sind oder nicht. Schon mal darüber nachgedacht, wie oft Geräte uns » erlauben«, etwas zu tun? Je mehr wir uns und unsere Kinder diesem System hingeben, umso mehr liefern wir uns seinen Mechanismen aus. Jeder Klick wird registriert und bewertet. Jedes Signal erlaubt Rückschlüsse auf seinen
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