Jedi Quest 01 - Der Pfad der Erkenntnis
Kabine, die sie sich auch noch teilen mussten. Anakin legte sein Survival-Pack säuberlich neben die schmale Liege, auf der er schlafen würde. Obi-Wan wusste, dass sein Padawan noch immer wegen der Besprechung im Tempel aufgewühlt war. Normalerweise hätte er mit Anakin vor dem Beginn einer solchen Mission ein Gespräch führen müssen, damit der Junge sich beruhigte. Normalerweise wäre Anakin voller Erwartungen und überschüssiger Energie gewesen und hätte alles auf einmal sehen wollen. Der Anakin, den er kannte, hätte sein Survival-Pack hingeworfen und einen Rundgang durch das Schiff vorgeschlagen. Doch dieser neue, stille Anakin saß einfach nur auf seiner Liege und sah sich lustlos seine Umgebung an.
Obi-Wan fragte sich, ob er etwas sagen sollte. Er wusste, was Anakin beschäftigte. Der Junge war wegen der noch immer vorhandenen Zweifeln des Rates ob seiner Fähigkeiten ebenso genervt wie über die Aussage, dass er sich irgendwie von den anderen Jedi-Schülem unterschied. Das beunruhigte Obi-Wan nicht allzu sehr. Er wusste, dass Anakins Selbstvertrauen stark war. Der Junge glaubte an sich selbst. Anakin war tatsächlich anders und er lernte, dass dies einen Teil seiner Stärke ausmachte. Das musste ihn nicht zum Außenseiter machen. Und Obi-Wan hatte ihm schon einmal gesagt, dass er die Zweifel des Rates nicht persönlich nehmen sollte. Sie mussten nicht bedeuten, dass sie nicht an seine Zukunft als guter Jedi glaubten. Es war ihre Aufgabe, alle möglichen Schwierigkeiten in Betracht zu ziehen. Und den Schülern gegenüber strenger zu sein als ihre Meister es waren. Sie hatten zweifellos Anakins unbewussten Griff nach seinem Lichtschwert bei der Erwähnung des Sklavenhandels bemerkt - wie auch Obi-Wan ihn gesehen hatte.
Nein, die Ursache für Anakins Schweigen lag nicht in der Reaktion des Rates oder in Palpatines Worten. Er war verletzt, weil Obi-Wan versucht hatte, diesen Auftrag abzulehnen. Das musste bei Anakin den Eindruck hinterlassen, er hätte kein Vertrauen in ihn - was alles andere als korrekt war.
Verletzende Worte konnte man in wenigen Momenten aussprechen. Heilende Worte brauchten Zeit. Zeit, um zu wirken.
Obi-Wan konnte Anakin nicht davon überzeugen, dass er seine Worte unbedacht ausgesprochen hatte. Er machte sich tatsächlich Sorgen über die Auswirkungen, die diese Mission auf Anakin haben könnte. Wenn sie sich auf eine Konfrontation mit Krayn einließen, würden Anakins tiefste Gefühle aufgewühlt werden. Obi-Wan wusste, dass sich sein Padawan noch nicht richtig mit den Jahren der Schande und des Zorns auseinander gesetzt hatte, die er als Sklave erlebt hatte. Eines Tages würde er sich ihnen stellen müssen. Obi-Wan hoffte inständig, dass dieser Tag in weiter Ferne lag, wenn Anakin seine Ausbildung abgeschlossen hatte.
Und doch hatte er das Gefühl, dass Mace Windu und Yoda sie beide genau deshalb ausgewählt hatten. Es war nicht das erste Mal, dass Obi-Wan glaubte, der Rat würde zu streng handeln.
Einst hatten sie auch Obi-Wan von den Jedi ausgeschlossen. Damals war er erst dreizehn Jahre alt gewesen und hatte die Entscheidung des Rates nicht verstanden. Er war dazu gezwungen gewesen, seine Gefühle außer Acht zu lassen, um sich seiner Rolle in dieser Sache bewusst zu werden. Er war auf dem falschen Weg gewesen und hatte dies schließlich erkannt. Doch diese Erkenntnis hatte ihn beschämt. Nur durch Qui-Gons Rat hatte er gelernt, dass diese Scham ihn davon abhielt, über die Sache hinwegzukommen.
Konnte er seinem Padawan dieselbe Erkenntnis vermitteln? Qui-Gon hatte es mit einer für ihn typischen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Sanftheit getan. Niemand hatte diese beiden Eigenschaften besser kombinieren können als sein Meister.
Obi-Wan fiel es schwer, Anakin gegenüber streng zu sein. Sein Meister hatte zwar einen starken Einfluss auf ihn, aber Obi-Wan war eben nicht Qui-Gon. Er musste seinen eigenen Weg finden.
Der Meister muss darauf achten, seinen Padawan nicht im Hinblick auf seine eigenen Bedürfnisse zu führen. Er muss mit einer ausgewogenen Mischung aus Sorge und Disziplin und in Anbetracht des individuellen Wesens seines Padawans agieren, in Anbetracht seiner besonderen Charaktereigenschaften.
Qui-Gons Vorsicht hatte Obi-Wan so manches Mal irritiert. Doch jetzt verstand er sie völlig. Xanatos' Schatten hatte immer über Qui-Gon geschwebt. Xanatos war Qui-Gons Padawan gewesen und irgendwann zur Dunklen Seite übergetreten. Qui-Gon hatte immer Schwierigkeiten
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