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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mulder43
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wie möglich zu klingen.
    »Nicht mit gefesselten Händen. Ich rutsche ab.«
    »Quatsch«, versetzte er wütend, als ob sie keine Ahnung hätte.
    »Du hast deine Schwesternschuhe an. Mit denen hast du guten Halt. Schau mich an. Ich bin barfuß, und irgendwie komm ich da trotzdem rauf. Schau dir meine Füße an, schau!« Er hielt ihr die Sohlen hin. Sie waren gelb und schwielig.
    »Na los, beweg dich, kletter da rauf. Aber geh nicht weiter, wenn du oben bist. Hast du gehört? He, hast du mich verstanden?« Wieder dieses Zischeln, wieder landete ein Speicheltropfen auf ihrer Wange. Es kam ihr so vor, als ob er wie Säure auf ihrer Haut brannte. Herrgott, wie ich dich hasse, dachte sie. Lydia fing an zu klettern. Auf halber Höhe hielt sie inne, schaute zurück. Garrett ließ sie nicht aus den Augen, schnipste mit den Fingernägeln. Glotzte auf ihre Beine, die in weißen Strümpfen steckten, strich sich mit der Zunge über die Schneidezähne. Dann schaute er höher, unter ihren Rock. Lydia kletterte weiter. Hörte seine zischenden Atemzüge, als er hinter ihr hochstieg. Oben befand sich eine Lichtung, von der ein Pfad in ein dichtes Kieferngehölz führte. Sie ging darauf zu, in den Schatten.
    »Hey!«, rief Garrett.
    »Hast du nicht gehört? Ich hab gesagt, du sollst nicht weitergehen!«
    »Ich will doch gar nicht abhauen!«, schrie sie.
    »Es ist heiß. Ich will bloß aus der Sonne.« Er deutete nach vorn, auf den Boden. Fünf Meter weiter lag eine Schicht Kiefernzweige mitten auf dem Pfad.
    »Du hättest reinfallen können«, krächzte er.
    »Du hättest alles kaputtmachen können.« Lydia schaute genau hin. Die Kiefernzweige bedeckten eine breite Grube.
    »Was ist das?«
    »Eine Fallgrube.«
    »Was ist da drin?«
    »Du weißt schon - eine Überraschung für alle, die hinter uns her sind.« Er sagte es voller Stolz, grinsend, als ob ihm etwas ganz Schlaues eingefallen wäre.
    »Aber da könnte sonst wer reinfallen!«
    »Quatsch«, versetzte er.
    »Wir sind nördlich vom Paquo. Hier kommen nur die Leute vorbei, die hinter uns her sind. Und die haben es verdient, wenn ihnen was passiert. Los, weiter geht's.« Wieder das Zischeln. Er packte sie an den Handgelenken und führte sie um die Grube herum.
    »Du brauchst mich nicht so fest zu halten!«, protestierte sie. Garrett warf ihr einen kurzen Blick zu und lockerte seinen Griff etwas doch die sanftere Berührung erwies sich als weitaus unangenehmer: Er strich mit dem Mittelfinger über ihr Handgelenk, was sie an eine fette Zecke erinnerte, die über ihre Haut kroch und eine Stelle suchte, an der sie sich festsaugen konnte.

... Vier
    Der Rollx-Bus fuhr an einem Friedhof vorbei, den Tanner's Corner Memorial Gardens. Dort fand gerade eine Beerdigung statt, und Rhyme, Sachs und Thom betrachteten den Trauerzug.
    »Schaut euch den Sarg an«, sagte Sachs. Er war klein, ein Kindersarg. Nur wenige Trauergäste, lauter Erwachsene, begleiteten ihn. Etwa zwanzig Personen. Rhyme fragte sich, weshalb die Anteilnahme so gering war. Er blickte über die Grabstätte hinweg auf die sanft gewellten Hügel des Friedhofs, die dunstverhangenen Wälder und das Marschland dahinter, die sich meilenweit erstreckten, bis zum blauen Horizont.
    »Der Friedhof ist nicht schlecht«, sagte er.
    »Hätte nichts dagegen, an so einem Ort beerdigt zu werden.« Sachs, die mit bedrückter Miene auf die Trauergemeinde schaute, warf ihm einen kühlen Blick zu - offenbar wollte sie angesichts der bevorstehenden Operation nichts über Tod und Sterblichkeit hören. Dann lenkte Thom, der Jim Beils Streifenwagen folgte, den Bus um eine scharfe Kurve und beschleunigte, sobald die Straße wieder geradeaus führte. Der Friedhof verschwand hinter ihnen. Tanner's Corner lag, wie Bell ihnen versichert hatte, zwanzig Meilen vom Klinikum in Avery entfernt. Auf dem Willkommensschild wurde dem Besucher mitgeteilt, dass die Stadt 3018 Einwohner zählte, was durchaus der Wahrheit entsprechen mochte, doch an diesem heißen Augustmorgen war auf der Main Street nur ein winziger Prozentsatz davon zu sehen. Der staubige Ort wirkte wie eine Geisterstadt. Ein älteres Paar saß auf einer Bank und blickte auf die verlassene Straße. Rhyme entdeckte zwei Männer, die kränklich und ausgezehrt aussahen - offenbar die hiesigen Gemeindesäufer. Der eine saß auf dem Bordstein, den grindigen Kopf in die Hände gestützt, und suchte vermutlich seinen Kater loszuwerden. Der andere hockte an einen Baum gelehnt da und glotzte mit tief

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