Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc
die eine ist heller.«
»Untersuchen Sie sie mit dem Vergleichsmikroskop.« Ben legte die Proben unter das Gerät und schaute durch die Okulare.
»Ich bin mir nicht sicher. Ich meine... womöglich gibt's da schon einen Unterschied.«
»Lassen Sie mal sehen.« Einmal mehr hielten die mächtigen Arme das große Mikroskop so ruhig, dass Rhyme durch die Okulare spähen konnte.
»Eindeutig anders als das Muster«, sagte er.
»Heller gefärbt. Und sie enthält mehr Kristalle. Mehr Granit und Mergel und auch andere Pflanzenreste. Die ist also nicht aus Blackwater Landing... Wenn wir Glück haben, stammt sie von seinem Schlupfwinkel.« Ein leichtes Lächeln huschte über Bens Gesicht, das erste, so weit Rhyme sich erinnern konnte.
»Was?«
»Ach, na ja, so bezeichnen wir die Höhlen, in denen Muränen hausen...« Das Lächeln verschwand, als Rhymes Blick ihm verriet, dass dies weder der Zeitpunkt noch der richtige Ort für Anekdoten war.
»Wenn die Ergebnisse der chromatographischen Untersuchung des Kalksteins vorliegen«, sagte Rhyme,
»geben Sie den Schmutz von den Schuhsohlen in das Gerät.«
»Ja, Sir.« Kurz darauf tauchte auf dem Bildschirm des an den Gaschromatographen und das Massenspektrometer angeschlossenen Computers eine Reihe von Zackenlinien auf. Dann öffnete sich ein Fenster, und der Ermittler steuerte seinen Rollstuhl näher heran. Er rammte einen Tisch, worauf der Storm Arrow nach links ausbrach und Rhyme durchgerüttelt wurde.
»Mist.« Ben riss erschrocken die Augen auf.
»Alles in Ordnung, Sir?«
»Ja, ja«, grummelte Rhyme.
»Was hat der verfluchte Tisch hier zu suchen? Wir brauchen ihn nicht.«
»Ich schaff ihn aus dem Weg«, stieß Ben hervor, packte den schweren Tisch mit einer Hand, als wäre er aus Balsaholz, und verstaute ihn in der Ecke.
»Tut mir Leid, ich hätte dran denken sollen.« Rhyme musterte den Bildschirm, ohne auf die zerknirschten Beteuerungen einzugehen.
»Erhebliche Mengen an Nitraten, Phosphaten und Ammoniak.« Das war sehr beunruhigend, aber Rhyme sagte noch nichts. Er wollte sehen, welche Substanzen in dem Schmutz enthalten waren, den Ben aus den Sohlen gekratzt hatte. Und kurz darauf standen auch diese Ergebnisse auf dem Bildschirm. Rhyme seufzte.
»Wieder Nitrate, wieder Ammoniak - eine ganze Menge. Wieder in hoher Konzentration. Außerdem weitere Phosphate. Waschmittel ebenfalls. Und noch etwas anderes... Was, zum Teufel, ist das?«
»Wo?«, fragte Ben und beugte sich über den Bildschirm.
»Ganz unten. Laut Datenbank handelt es sich um Camphen. Schon mal gehört?«
»Nein, Sir.«
»Nun, Garrett ist da durchgelaufen, was immer es auch sein mag.« Er blickte auf die Beweismitteltüte.
»Nun denn, was haben wir sonst noch? Das weiße Papiertuch, das Sachs gefunden hat...« Ben ergriff die Tüte und hielt sie Rhyme hin. An dem Papier-100 tuch befand sich eine Menge Blut. Er warf einen Blick auf das andere Papiertuch - das Kleenex, das Sachs in Garretts Zimmer gefunden hatte.
»Sind die identisch?«
»Sieht so aus«, sagte Ben.
»Beide weiß, beide die gleiche Größe.«
»Geben Sie sie Jim Bell«, sagte Rhyme.
»Sagen Sie ihm, ich brauche eine DNA-Analyse. Die Schmalspurvariante.«
»Die, ähm... was ist das, Sir?«
»Der simple DNA-Test, die Polymerase-Kettenreaktion. Wir haben keine Zeit für die RFPL-Methode - das ist die Eins-zu-sechs-Milliarden-Version. Ich will bloß wissen, ob es sich um Billy Staus Blut handelt oder ob es von jemand anderem stammt. Sehen Sie zu, dass jemand Proben von Billy Staus Leiche und von Mary Beth und Lydia beschafft.«
»Proben? Von was?« Rhyme musste sich zwingen, damit er die Geduld behielt.
»Von genetischem Material. Irgendwelches Gewebe von Billys Leiche. Bei den Frauen dürften Haare am einfachsten zu beschaffen sein - Hauptsache, die Wurzel hängt daran. Ein Deputy soll eine Haarbürste oder einen Kamm aus Mary Beths und Lydias Badezimmer besorgen und ins gleiche Labor bringen, das auch das Kleenex untersucht.« Der Mann nahm den Beutel und verließ das Zimmer. Einen Moment später kehrte er zurück.
»In ein, zwei Stunden haben sie's. Sie wollen es rüber zum Klinikum in Avery schicken, nicht zur Staatspolizei. Deputy Bell, ich meine, Sheriff Bell hält das für einfacher.«
»Eine Stunde?«, brummte Rhyme und verzog das Gesicht.
»Viel zu lange.« Unwillkürlich fragte er sich, ob es von dieser Verzögerung abhängen könnte, ob der Insektensammler Lydia oder Mary Beth umbrachte. Ben ließ die massigen
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