Jeier, Thomas
Beleg dafür, dass die Indianer sich schon vor Ankunft der Weißen wehrhaft gegen andere Völker verteidigten. Der Krieg war Teil ihres Alltags.
Die Hauptmotive für ihre Kriege waren Rache und Vergeltung, auch von - meist weiblichen - Kindern. Jedes Verbrechen zog eine endlose Kette weiterer Gewalttaten nach sich, die den einzigen Grund hatten, sich für den Tod oder Schmerz eines Familien- oder Clan-Angehörigen zu rächen. Ohne Rücksicht auf Alte, Frauen und Kinder zu nehmen, folgte man den Regeln der Blutrache. Erst mit der Gründung des Bundes ging man dazu über, die Schuldigen mit anderen Strafen zu belegen. Mit Gefangenen, die von Kriegszügen mitgebracht wurden, füllte man die Lücken in den eigenen Reihen, die feindliche Stämme gerissen hatten. Nachdem man diese Gefangenen eingekleidet und adoptiert hatte, genossen sie den gleichen Respekt wie andere Angehörige und wurden zu vollwertigen Mitgliedern der Gesellschaft. Selbst einigen weißen Frauen erging es so. Zur Legende verklärt wurde die wahre Geschichte der Mary Jemison, der Tochter irischer Einwanderer, die im April 1758 von den Shawnee geraubt und an die Seneca verkauft worden war. Sie wuchs bei den Irokesen auf, heiratete einen Häuptling und gebar einen Sohn. Als ihr Ehemann während eines Jagdzugs getötet wurde, zog sie zu ihren Verwandten am Genesee River im heutigen Staat New York und fand dort eine neue Liebe. Sie heiratete Hiokatoo, einen angesehenen Häuptling, und bekam mit ihm sechs Kinder. Bis zu ihrem Tod blieb sie bei den Seneca.
Vor allem die männlichen Gefangenen erwartete das grausame Schicksal der Marter, obwohl es einem Krieger freigestellt war, einen feindlichen Mann oder Jungen in den Stamm aufzunehmen. Doch dies geschah nur, wenn großer Mangel an männlichem Nachwuchs bestand. Die Irokesen marterten ihre Gefangenen nicht nur, um sie zu verhöhnen und sich an ihnen zu rächen. Sie bevorzugten Gefangene, die dem qualvollen Tod mit besonders großem Mut und Verachtung begegneten. Bevor sie sein Gesicht mit schwarzer Farbe bemalten und ihn an den Pfahl banden, brachten sie ihm sogar einige Wörter bei, damit er sie in ihrer Sprache beschimpfen konnte. Zur Zeremonie gehörte es, den Todgeweihten in der Nacht vor seinem Tod durch das Langhaus zu treiben, um ihm die Gelegenheit zu geben, seine Feinde zu verspotten und seine Todesverachtung zu zeigen. Während der Marter, die einige Tage dauern konnte, quälte man ihn mit unvorstellbaren Grausamkeiten; man zog ihm die Fingernägel heraus, schnitt ihm die Haut in Streifen vom Körper, bohrte glühende Äste in seine Augen, alles Praktiken, die auch den Folterknechten des europäischen Mittelalters nicht fremd waren. Den endgültigen Todesstoß versetzte man ihm meist im Morgengrauen, damit die Sonne, die man mit dem »guten Zwilling« in Verbindung brachte, dabei zusehen konnte.
Hatte ein Gefangener die Marterqualen mannhaft überstanden und sogar noch die Kraft gefunden, seine Peiniger zu verhöhnen, ehrten die Irokesen ihn, indem sie ihm das Herz aus dem Körper schnitten, es über einem Feuer brieten und dann verzehrten. Man glaubte so die Kraft und den Mut des Toten in den eigenen Körper übertragen zu können. Denn auch darum ging es bei den Kriegszügen der Irokesen: Sie brauchten den Kriegspfad, um ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen und Prestige zu erlangen. Bemerkenswert ist, dass sexuelle Gewalt während eines Kriegszugs tabu war - ganz im Gegensatz zu den weißen Soldaten und Milizangehörigen, für die ein Überfall auf ein indianisches Dorf immer ein willkommener Anlass war, Frauen und Kinder zu vergewaltigen und die Geschlechtsteile der »Wilden« als Trophäen nach Hause zu tragen.
Die Mission des Hayenwatha
Mit der Gründung des Irokesenbundes zog dauerhaft innerer Frieden im Land der Irokesen ein. Ihre Aggressionen richteten sich jetzt ausnahmslos gegen andere Indianervölker. »Die Gründung des Irokesenbundes war ein so komplexer Vorgang, dass man eine Woche bräuchte, um darüber zu berichten«, sagte John C. Mohawk, ein bekannter Gelehrter der Seneca. Die Legende berichtet von Hayenwatha, einem angesehenen Häuptling der Onondaga, der sich nach dauerhaftem Frieden sehnte und davon träumte, die Irokesen zu einer großen Nation zu vereinen. Doch schon sein erster Versuch, mit den Abgesandten anderer Irokesen-Dörfer über einen Bund zu diskutieren, schlug fehl. Als Tadodaho, der gefürchtete Sachem der Onondaga, mit seinen Verbündeten erschien,
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