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Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Titel: Jeier, Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ersten Amerikaner Die
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den Moundbuilders und den Anasazi fand, waren bei den Irokesen keine Seltenheit mehr.
    Nach ihrem Glauben hatten sie die neuen Nahrungsmittel und damit auch ihr Überleben der legendären »Sky Woman«, der Himmelsfrau, zu verdanken, die vor unendlich langer Zeit vom Himmel gefallen war und die Erde und ihre Bewohner erschuf. Ihre Tochter gebar Zwillinge, den guten und den bösen Zwilling, die sich erbittert bekämpften und für das Wechselspiel zwischen Hell und Dunkel und Gut und Böse verantwortlich waren. Aus dem Leichnam ihrer Mutter, die bei der Geburt gestorben war, sprossen der Legende nach vier Pflanzen: Tabak, Mais, Bohnen und Squash. Der gute Zwilling lehrte die Frauen der Irokesen den Anbau der »drei Schwestern« und Tabak. Diese Pflanze galt bei den Irokesen und den meisten anderen Indianervölkern als heilig und fand bei den meisten Zeremonien Verwendung. Dabei wurde der Tabak verbrannt und der Rauch stieg zum Großen Geheimnis empor.
    Wie alle anderen Indianervölker betrachteten sich die Irokesen als einen Teil der Natur, gleichberechtigt neben Vierbeinern, Gefiederten, Pflanzen und sogar scheinbar leblosen Dingen wie Steinen und Sand. Alle Dinge waren lebendig, und die Schöpfung war nicht - wie im christlichen Glauben - abgeschlossen, sondern ging fortlaufend weiter. Das Erbe der mythischen Zwillinge, so glaubten sie, zwang auch die unsichtbaren Kräfte, in einem ständigen Kampf zu leben und verzweifelt um Harmonie zu ringen. Hell gegen Dunkel, Sommer gegen Winter, Hitze gegen Kälte. Trockenheit gegen Regen, die Natur regenerierte sich in einer kräftezehrenden Dauerfehde, zwang die Menschen, die von ihr lebten, zu aufwändigen Zeremonien und verlustreichen Opfern, um das Gleichgewicht zu erhalten. Bevor ein Krieger auf die Jagd ging, fastete er oft wochenlang in der Einsamkeit und opferte sogar einen Teil seines eigenen Blutes, und wenn er ein Wildtier erlegt hatte, entschuldigte er sich bei seinem Opfer. Mit den Geistern, die über die Felder wachten, standen die Menschen mit Liedern und Gebeten in Verbindung. Während der Trockenperioden bewiesen die Krieger ihren Mut beim Lacrosse, ein dem Feldhockey ähnliches Spiel, das ohne Bandagen gespielt wurde und nicht selten Tote und Verletzte forderte. Fast jeder Krieger besaß einen Talisman, der ihm Glück bringen sollte, und bei jedem Gebet und an jedem Ort, an dem man lagerte, wurde Tabak ins Feuer oder auf die Erde gestreut.
    Wie alle Naturvölker, die sich den Kreislauf der Natur und ihre Phänomene nicht rational erklären können, glaubten auch die Irokesen an Geister - übernatürliche Wesen, die wie die legendären Zwillinge Gut und Böse sein konnten und über alle Aspekte des Lebens herrschten. Die Aufgabe des Menschen war es, die Harmonie dieser Welt zu erhalten und das Unheil von den Langhäusern des Dorfes fernzuhalten. Er strebte nach »Orenda«, einer magischen Eigenschaft, die ihm half, die schweren Aufgaben seines Lebens zu meistern und den bösen Kräften zu trotzen. »Orenda« erlangte man durch Träume und Visionen, die einen zwangen, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, um »Otgon«, der dunklen Unterwelt. entgegenzuwirken.
    Die weißen Siedler zerstörten dieses Gleichgewicht und man glaubte, dass sie die Geister verärgerten, indem sie versuchten, sich die Natur untertan zu machen, und sie bedrohten so auch die Existenz der Irokesen, indem sie das jagdbare Wild dezimierten und Pelztiere wie den Biber nur jagten, um durch den Verkauf der wertvollen Pelze einen möglichst großen Profit zu erwirtschaften. Den Irokesen brachte der Pelzhandel nur vorübergehend Vorteile. Sie mussten dann aber beinahe hilflos mit ansehen, wie ihre Welt zunehmend zerbrach.

    »Die Sonne muss den Krieg lieben«
    In ihrem Schmerz über die Veränderungen, die mit den weißen Eindringlingen über ihr Volk gekommen waren, vergaßen die Irokesen, wie viel Leid sie schon vor Ankunft der ersten europäischen Siedler in ihren Dörfern erlitten hatten. Bis zur Gründung des Irokesenbundes hatte es auch zwischen den Seneca, Onondaga, Cayuga, Mohawk und Oneida und sogar innerhalb einzelner Dörfer Hass und Gewalt gegeben. »Die Sonne muss den Krieg lieben«, hieß ein Irokesen-Sprichwort dieser Zeit, denn selbst tagsüber fürchteten sich viele Dorfbewohner davor, ihr Langhaus zu verlassen. Bis in die Clans und Ohwachiras hinein gab es Misstrauen und Zwietracht. Der Schutz gegen Feinde von außen durch meterhohe Palisaden und tiefe Wassergräben ist ein klarer

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