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Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Titel: Jeier, Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ersten Amerikaner Die
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Präsidenten nötig.
    Auch der englische Philosoph John Locke (1632 - 1704), der als einer der geistigen Väter der amerikanischen Verfassung, der Französischen Revolution und der Verfassungen der meisten europäischen Demokratien genannt wird, bezog sich in seinen politischen Schriften auf die Irokesen. In seinem Standardwerk Two Treatises of Government schrieb er: »Der Naturzustand ist ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten erscheint, ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines Einzelnen abhängig zu sein.« Diesen Zustand sah er in Amerika vor der Landung der ersten Europäer gegeben: »Am Anfang war die ganze Welt wie Amerika.« Die Indianer seien lebende Beispiele für diese natürliche Welt gewesen, ihre Naturrechte seien durch keine anderen Gesetze außer Kraft gesetzt worden, es habe Freiheit und Gleichheit geherrscht, zwei natürliche Grundrechte, die keine Regierung zerstören dürfe.
    In seiner Kritik an der Ungerechtigkeit und den Zwängen der europäischen Monarchie nahm John Locke die Gedanken von Thomas Jefferson, Benjamin Franklin und anderen Wegbereitern der amerikanischen Demokratie vorweg. In seinen Schriften erhob er die Indianer zu beispielhaften »Naturmenschen« und machte ihre im Naturzustand verharrende Gesellschaft zum Vorbild für ein verändertes Europa, das ohne die Fesseln einer absoluten Monarchie zum wahren Leben zurückkehren würde. Auch in eine zivilisierte Gesellschaft könnten die Naturrechte eines Volkes wie der Irokesen integriert werden. Nur mit der Zustimmung des Volkes gebe es eine faire Regierung. Derselben Meinung war sein französischer Kollege Voltaire, der in seiner Schrift Le Huron ou J'Ingénu ( Der Hurone ) einen Huronen als Kritiker an der französischen Aristokratie auftreten ließ. Wie John Locke benutzte auch Voltaire den Indianer als Symbol für Freiheit. »Ich wurde frei geboren«, lässt er ihn sagen.
    Indem zahlreiche Philosophen und andere Gelehrte die irokesische Verfassung als Vehikel für ihre Lehre von den Naturgesetzen heranzogen und die Irokesen mit Beinamen wie »Römer der Wildnis«bedachten, erhoben sie die Indianer zu den Begründern der amerikanischen und der europäischen Demokratie. In ihren Augen war die Gesellschaft der Irokesen (und die der Huronen) ein perfektes Beispiel für ein funktionierendes Gemeinwesen, in dem tatsächlich alle Menschen gleich waren und niemals gegen den Willen des Volkes entschieden wurde. Allerdings, so räumten einige Gelehrte ein, sei eine solche Gesellschaft nur ohne persönlichen Besitz und das Streben nach Profit denkbar. Eine gewagte Behauptung, über die bis heute diskutiert wird.

    Heiliger Bund zwischen Engländern und Irokesen
    Die »Covenant Chain«, ein Bund zwischen Irokesen und Engländern, der 1677 in Albany geschlossen wurde, den Indianern bessere Handelsmöglichkeiten eröffnen und den Engländern helfen sollte, die Franzosen von den Grenzen ihrer Kolonien fernzuhalten, führte zu einem regen Gedankenaustausch zwischen Indianern und Weißen. 1742, als sich Abgesandte aus Pennsylvania mit Häuptlingen der Irokesen trafen, um das Bündnis zu erneuern, sagte Canassatego, ein Sachem der Onondaga: »Wir haben beide die Pflicht, uns für die Einhaltung des Bundes einzusetzen.« Zwei Jahre später schlug der ungefähr sechzigjährige, stets feierlich in einen scharlachroten Mantel gekleidete Häuptling den Repräsentanten der Kolonien in Lancaster, Pennsylvania, vor, sich beim Schreiben einer Verfassung den Irokesenbund zum Vorbild zu nehmen: »Unsere weisen Vorfahren begründeten Einigkeit und Freundschaft zwischen den Fünf Nationen. Diese Eigenschaften haben uns stark gemacht und uns Gewicht und Autorität gegenüber unseren Nachbarn gegeben. Wir sind eine mächtige Konföderation. Wenn ihr dieselben Methoden anwendet wie unsere Vorfahren, werdet ihr ebenso große Stärke und Macht erlangen.«
    Benjamin Franklin (1706- 1790), einer der Wegbereiter und Unterzeichner der amerikanischen Verfassung, erfuhr von Canassategos Rede und druckte sie in der Pennsylvania Gazette ab. Der Sohn eines Seifen- und Kerzenmachers war Herausgeber der Zeitung, veröffentlichte die Wortlaute der Verträge mit den Indianern in Broschüren, arbeitete in zahlreichen Druckereien, wurde 1748 in die Pennsylvania Assembly gewählt, ging als Diplomat nach England und machte

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