Jeier, Thomas
»Creation Stories«, den indianischen Schöpfungsmythen, sind die Indianer im wahrsten Sinne des Wortes amerikanische Ureinwohner, Native Americans. In der mündlichen Überlieferung der meisten Indianervölker kriechen die ersten Menschen an Ort und Stelle aus der Erde, oder sie fallen direkt vom Himmel, wie im Schöpfungsmythos der Irokesen, der von einer Himmelsfrau berichtet, die durch ein Loch im Himmel stürzte und auf dem Rücken einer Schildkröte landete. So wie die Europäer verstehen auch Indianer solche Geschichten als Mythen, vergleichen sie mit der biblischen Genesis die sich auch nicht nach wissenschaftlichen Kriterien beweisen lässt und doch zum allgemeinen Wissensschatz zählt.
Mit der zweiten Einwanderungswelle kamen die Vorfahren der Athabasken nach Amerika. Sie waren Angehörige einer Sprachfamilie, die in Alaska und in Kanada blieben und sich erst einige Jahrtausende später nach Süden hin ausbreiteten. Um 1350 nach Christus zogen die Apachen und Navajos, kriegerische Splittergruppen der Athabasken, in den Südwesten der späteren USA und vertrieben die dort ansässigen Pueblo aus ihren Dörfern. Ähnlich aggressiv gingen die Comanchen im späten 17. Jahrhundert gegen Pueblo und Apachen vor, als sie in den Besitz von Pferden gelangten und die südlichen Plains eroberten. Als »Kosaken der Prärie« und in kleine Gruppen zersprengte Nomaden folgten sie den riesigen Büffelherden durch das spätere Texas. Dies waren erste folgenschwere Kontakte, die ebenso von mangelnder Toleranz und großer Gewalt geprägt waren, wie der spätere Zusammenstoß zwischen Indianern und Europäern, der zu Beginn des zweiten Jahrtausends seine ersten Opfer fand. Unstrittig bleibt aber, dass dieser »Clash of Cultures« weitaus folgenschwerer war und von wesentlich größerem Ausmaß.
Noch bevor die ersten Europäer mit ihren Schiffen vor der amerikanischen Küste landeten, hatten sich die Nachfahren der sibirischen Einwanderer über ganz Amerika verteilt und ihre Lebensgewohnheiten an die in den Gebieten jeweils vorherrschenden Umweltbedingungen angepasst. In diesen Kulturregionen lebten mehrere eigenständige Gruppen, die sich jedoch in puncto Traditionen und Sprachen unterschieden und trotz ähnlicher Lebensweisen unter sich blieben.
Die Kulturregionen Amerikas
Im Nördlichen Waldland, dem klimatisch eher moderaten Waldland zwischen Atlantik und Mississippi in den heutigen USA und Kanada, dominierten die Irokesen, die Pequot und Narragansett. Sie wohnten in befestigten Dörfern und permanenten Häusern, auf Streifzügen auch in Strauchhütten und lebten vom Ackerbau, Fischfang und der Jagd auf Rotwild. Auf den Feldern wuchsen vor allem Mais, Squash (Flaschenkürbis) und Bohnen. Die Ojibway und andere Stämme im Gebiet der Großen Seen ernteten wilden Reis und zapften Ahornsirup von den Bäumen. Fische und Krabben boten eine willkommene Abwechslung. Bei einzelnen Stämmen verfügten die Häuptlinge, ähnlich wie bei zeitgenössischen europäischen Königen über uneingeschränkte Macht. Nur die Irokesen nahmen eine Sonderstellung ein: Sie gaben sich eine Verfassung. die mündlich überliefert wurde und ihre Gesellschaft war matriarchalisch organisiert.
Im Südlichen Waldland, der semitropischen Region am Golf von Mexiko, zwischen dem heutigen Texas und Florida, lebten die Fünf Zivilisierten Stämme (Cherokee, Choctaw, Chickasaw, Creek, Seminolen). Sie wurden von den Europäern so genannt, weil sie ihre soziale Struktur und Lebensweise den europäischen Einwanderern anglichen und sogar nach Missionaren verlangten. Sie wohnten in festen Häusern, betrieben Ackerbau und trugen die Kleidung der Weißen. Als einziger Indianerstamm entwickelten die Cherokee eine eigene Schrift. Zu den wenigen Stämmen, die als Ackerbauern und Büffeljäger für ihren Lebensunterhalt sorgten, gehörten die Pawnee, erbitterte Feinde von Plains- Stämmen wie den Lakota. Cheyenne und Comanchen.
Auf den Plains, den weiten Grasland-Ebenen zwischen dem Ackerland am Missouri River und den Rocky Mountains, folgten kleine nomadische Gruppen der Sioux, Cheyenne, Arapaho, Crow und später auch der Comanchen den riesigen Bisonherden. Allerdings erst, nachdem sie durch spanische Einwanderer in den Besitz von Pferden gekommen und entsprechend mobil geworden waren. Bis dahin lebten sie als Ackerbauern und Jäger am Missouri-Ufer und im Gebiet der Großen Seen.
Im Südwesten, den heutigen US-Staaten Arizona, New Mexico und Teilen von Utah und
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