Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
flüsterte sie ehrfürchtig, als sie das Etikett des berühmten französischen Modeschöpfers las, das hinten am Halsausschnitt ins Futter eingenäht war.
    Es war ein wunderschönes Abendkleid aus roter Moireseide mit schmalen Schulterbändern und einem himmlisch drapierten schräggeschnittenen Rock, der an der Wade gerafft war und in einer kleinen Schleppe auslief. Rechts an der Taille zeigte es ein Sonnenmotiv aus Glasperlen im Diamantschliff.
    »Mir scheint, du hast deine Angst überwunden«, meinte Mike sarkastisch, doch sie beachtete ihn nicht, sondern bewunderte die herrlich fließenden Linien des Kleides, wenn sie es bewegte.
    Mike nahm nun ein Paar Schuhe aus der Schachtel. Sie waren offenbar eigens zu dem Kleid angefertigt worden, hatten Louis-Absätze und Riemchen aus rotem Moiré in T-Form - der vertikal verlaufende Riemen war mit geschliffenen Rheinkieseln besetzt. Samantha wußte sofort, als sie diese Schuhe sah, daß sie genau ihre Größe hatten.
    »Schau dir das an.« Mike reichte ihr eine kleine, mit blauem Samt überzogene Schachtel. Darin befanden sich auf einem Bett aus blauem Samt ein Paar Ohrringe - aber nicht irgendwelche x-beliebigen Ohrringe, sondern lange, birnenförmige, vom Ohrläppchen bis zum unteren Ende mit Diamanten besetzte Ohrhänger mit einem aus drei großen Perlen bestehendem Pendant.
    Mike ließ einen leisen Pfiff hören.
    »Docs Ohrringe«, flüsterte Samantha. »Die Ohrringe, die er ihr, wie er uns erzählte, an dem Abend schenkte, als sie verschwand.«
    Mike förderte nun Unterwäsche aus dem Karton zutage: einen pfirsichfarbenen Büstenhalter aus Crêpe de Chine mit einer zarten Spitze aus Ekrüseide und das dazu passende Unterhöschen. Ein schmaler, sehr sexy aussehender Strapsgürtel und fleischfarbene lange Seidenstrümpfe lagen zusammengefaltet daneben.
    Auf dem Grund der Hutschachtel entdeckte Mike die Schnüre einer sehr langen Perlenkette und obenauf zwei Diamant-Armbänder. Mike holte die Armbänder heraus, hielt sie ans Licht, betrachtete sie prüfend. »Ich bin zwar kein Juwelier aber ich schätze, sie sind echt.« Er reichte sie an Samantha weiter. Anschließend holte er die lange Perlenkette aus dem Karton und zog die Schnüre langsam über den Rücken seiner Fingernägel. Sie waren rauh genug, daß er damit seine Fingernägel abschmirgeln konnte - eine Rauhheit, wie man sie nur bei echten Perlen fand.
    »Echt?«
    »Absolut«, erwiderte Mike und legte die Kette zu den Kleidern.
    Samantha legte auch die Armbänder dazu, und dann betrachteten sie gemeinsam die Gegenstände auf dem
    Tisch: das rote Abendkleid, die dazu passenden Schuhe, die wunderschönen Ohrringe, die Armbänder, die lange Perlenkette und die Unterwäsche. Das war offensichtlich alles, was eine Frau an jenem besagten Abend im Jahre 1928 auf der Haut getragen hatte.
    »Wenn sich diese Gegenstände im Besitz deines Vaters befunden haben«, sagte Mike, »beseitigt das jeden Zweifel daran, daß Maxie deine Großmutter gewesen ist.«
    »Ja«, war alles, was Samantha darauf antworten konnte, aber sie wurde in diesem Moment auch jedes weiteren Kommentars durch die Türglocke enthoben. Der Bote mit ihrem Dinner war eingetroffen. Sie setzten sich ans Tischende, aßen und sagten nicht viel, während sie immer wieder die Kleider und die Juwelen betrachteten, die über das andere Ende des Tisches drapiert waren.
    Beide weilten mit ihren Gedanken bei jener Nacht des Jahres 1928, als, aus welchen Gründen auch immer, eine in rote Seide gekleidete und mit Diamanten behängte junge Frau ein Lokal in dem Moment verließ, als dort ein Blutbad angerichtet wurde, und nie wieder gesehen wurde. Schwanger war sie dann nach Louisville in Kentucky gefahren und hatte dort drei Tage später einen Mann geheiratet, der keine Kinder zeugen konnte. Sie blieb bei ihrem Mann, brachte ihm ein Kind zur Welt und schien mit ihm glücklich zu sein, bis sie dann im Jahre 1964 zum zweitenmal verschwand.
    »Mike«, sagte Sam, »würdest du nicht gern wissen wollen, was in jener Nacht geschah? Würdest du nicht wirklich, wahrhaftig wissen wollen, was damals passierte?«
    »Ja«, sagte er, »das würde ich gem.«
    »Doc behauptete, Maxies Baby wäre sein Kind gewesen, aber Abby sagte, Maxie habe Michael Ransome geliebt.«
    »Ich würde mein Geld auf Onkel Mike setzen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Doc selbst sein Sperma mit irgend jemandem teilen würde.«
    »Mike!« rief sie, weil ihr seine grobe Bemerkung nicht gefallen wollte.

Weitere Kostenlose Bücher