Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
Vertrauen zu ihm. Es war dieses Vertrauen, das Mike allmählich in den Wahnsinn trieb. Er konnte einfach nicht begreifen, warum sie nicht mit ihm schlafen wollte. Er hatte alles versucht, um die Ursache herauszufinden - sie gefragt, ihre Vergangenheit mit der Lupe untersucht, sie gebeten, mit ihm darüber zu reden. Wenn er sich überlegte, wie sie auf seine Berührungen reagierte, mußte er fast annehmen, daß sie als Kind vergewaltigt wurde oder ein ähnlich traumatisches Erlebnis dazu geführt hatte, daß sie sich nun von einem Mann nicht mehr anfassen ließ.
    Aber Samantha erlaubte ihm ja, sie anzufassen. Und wie sie ihm das erlaubte! Händchen haltend, Küßchen gebend, sich an ihn lehnend oder schmiegend - sie schien ihn fast den ganzen Tag über berühren zu wollen. Er war davon überzeugt, daß sie, wenn es nach ihr gegangen wäre, sogar jede Nacht in seinen Armen in seinem Bett geschlafen hätte, ohne mit ihm schlafen zu wollen.
    Und dabei träumte er nur noch davon, wie er sie in seinen Armen hielt und liebte. Aber noch mehr beschäftigte ihn der Gedanke, wie er sie denn davon überzeugen konnte, daß Sex nicht etwas so Schlimmes war, wie sie das offenbar glaubte. Er dachte daran, sie so lange zu küssen, bis sie schwach wurde und sich nicht mehr dagegen sträubte, wenn er dreister wurde. Aber Samantha schien seine Gedanken lesen zu können, denn jedesmal, wenn es für sie »gefährlich« zu werden drohte, schob sie ihn von sich weg.
    Nun spürte er, daß er mit seiner Geduld fast am Ende war. Er hatte allmählich das Gefühl, daß sie seine Liebe niemals erwidern würde. Aus den Gesprächen mit ihrem Vater und aus den Erzählungen von Samantha wußte er, daß ihr Ex Mann ein ganz anderer Mensch gewesen war als er. Vielleicht war es das, was sie brauchte - einen anderen Typ von Mann. Vielleicht sprach sie nur auf solche Männer wie ihren Ex-Gatten an und nicht auf solche wie ihn. Vielleicht brauchte sie fürs Bett einen Buchhalter -ordentlich, penibel, pedantisch und ... langweilig.
    Vielleicht, dachte er, und bei diesem Gedanken wollte es ihm fast übel werden, sah sie in ihm einen Freund. Zuweilen hatten Frauen solche komischen Vorstellungen, daß ein sexuell gesunder, normaler Mann zu einer Frau eine platonische Beziehung ohne sexuelle Komplikationen haben könne. Vielleicht dachte sie an eine solche platonische Beziehung und meinte, sie könnten oder sollten auch weiterhin - wie in einer Wohngemeinschaft - einträchtig unter einem Dach leben.
    Beide Theorien schienen jedoch eine Menge Löcher zu haben. Warum war sie dann so verdammt eifersüchtig auf andere Frauen, wenn er sie auch nur anzuschauen wagte? Und warum sah sie ihn immer so an, als wäre er eine Kombination aus Apollo, Conan dem Barbaren und Merlin dem Zauberer? Man brauchte nun wirklich keine große Erfahrung als Wohnungsvermieter, um zu wissen, daß eine Mieterin in der Regel ihren Hausherrn nicht mit solchen Augen anschaut, als gäbe es nichts Besseres, Schöneres und Größeres als ihn auf der Welt.
    Warum, zum Henker, wollte sie dann partout nicht mit ihm schlafen?
    Es war Mitternacht, als er sie auf seine Arme hob und hinübertrug ins Schlafzimmer, wobei sie sich an ihn klammerte, als wäre sie ein Kind und er ihr Vater. Als er sie aufs Bett legte, lächelte sie ihn schlaftrunken an. Was sollte er jetzt machen? Ihr einen Schlafanzug anziehen?
    »Samantha«, sagte er, »ich wäre ja gern einer von diesen selbstlosen Kavalieren aus diesen Büchern, die die Romanheldin nackt ausziehen und ihr dann das Nachthemd über den Kopf streifen, ohne sie anzufassen. Ich muß gestehen, daß ich das nicht fertigbringe. Du wirst dich also schon allein ausziehen und dir dein Nachthemd selbst anziehen müssen. Ich würde so furchtbar gern mit dir schlafen, und ich könnte mich nicht mehr beherrschen, wenn ich dich jetzt nackt vor mir liegen sähe. Dann könnte ich tatsächlich zu so einem Frauenschänder werden, für den du mich schon immer gehalten hast.«
    Am Ende seiner Rede war sie hellwach und machte große Augen, als sie ihn über sich stehen sah. »Mike, ich danke dir für . ..«
    Doch ehe sie den Satz, den er inzwischen hassen gelernt hatte, zu Ende sprechen konnte, war er schon aus dem Zimmer und machte die Tür ziemlich unsanft hinter sich zu.

23
    Als Samantha am nächsten Morgen in die Küche kam, wo Mike am Frühstückstisch saß und die Zeitung las, merkte sie sofort, daß er anders war als sonst. Bisher hatte er stets die Zeitung beiseite

Weitere Kostenlose Bücher