Jene Nacht im Fruehling
gelegt und sie angelächelt, wenn sie zum Frühstück kam, doch heute behielt er sie vor dem Gesicht und streckte, ohne seine Lektüre zu unterbrechen, die Hand nach seiner Kaffeetasse aus. Selbst als sie ihm einen guten Morgen wünschte, wollte er sie noch immer nicht ansehen.
Einen Moment lang dachte sie, er sei verärgert, weil sie ihn wieder einmal ausgenützt hatte. Aber er war doch am Abend zuvor so nett zu ihr gewesen? Davon abgesehen, Mike war immer nett, immer freundlich - immer das wunderbarste menschliche Wesen auf dieser Erde, dachte sie bei sich.
Sie stellte sich hinter seinen Stuhl und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Mike, was du gestern abend für mich . ..«, begann sie, doch da schüttelte er, zu ihrem Erstaunen, ihre Hände von seinen Schultern ab. Er wollte von ihr nicht angefaßt werden!
Samantha war so betäubt von seiner Reaktion, daß sie den Raum verlassen mußte. Als sie später, ausgehfertig angezogen, in das Zimmer zurückkehrte, hoffte sie, daß sie ihre Gesichtszüge unter Kontrolle hatte. In den Jahren, die sie mit ihren Ex-Gatten verbracht hatte, war sie eine Meisterin in der Kunst der Verstellung geworden. Sie würde diese doch nicht in wenigen Monaten wieder verlernt haben, oder doch?
Mike saß noch am Frühstückstisch, das Gesicht nach wie vor hinter seiner Zeitung verborgen. »Mike, um noch einmal auf den vergangenen Abend zu sprechen zu kommen«, begann sie, ohne ihn diesmal anzufassen. »Es war nicht meine Absicht, dich auszunützen. Ich wollte von dir nicht mehr verlangen, als du mir bereits gegeben hast. Und was das Geld für die Möbel betrifft: Du mußt es mir nicht leihen. Ich werde ...«
»Samantha«, unterbrach er sie mit fester Stimme, »davon möchte ich nichts hören. Geld ist meine geringste Sorge, und wenn ich mich angezogen habe, gehen wir in die Stadt und kaufen für Maxie Möbel. Wir müßten heute sowieso das Haus verlassen, weil meine Schwester kommen wird und ich ihr nicht im Weg sein will.«
Damit verließ er die Küche, ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen.
Es wurde ein anstrengender Tag für Sam. In der Regel sprachen sie so viel miteinander, daß der eine den anderen kaum ausreden ließ, aber diesmal hatten sie sich offenbar nichts zu sagen. Mike erfüllte lediglich sein Versprechen und fuhr mit ihr zu Newells, wo sie mehrere mit den herrlichsten Antiquitäten angefüllte Etagen besichtigten, und anschließend brachte Mike sie noch zum Antiquitäten-Markt, wo sie einen Streifzug durch alle Läden machten.
Diesmal bereitete es ihr kein sonderliches Vergnügen. Sie bemühte sich sehr, sich auf ihre Besorgungen für Maxie zu konzentrieren - kaufte für sie zwei wunderhübsche Bettjäckchen, eine Flasche Parfüm und sogar ein Paar Ohrringe - mußte dabei aber immer daran denken, daß Mike ihr böse war.
Die für sie schlimmsten Augenblicke dieses Tages waren jene, in denen Mike sich mit einem Sprung zur Seite vor einem Körperkontakt mit ihr zu retten versuchte, wenn sie ihm zu nahe kam. Es war so, als könnte er es nicht mehr ertragen, daß sie ihn berührte. Am frühen Nachmittag war Samantha das alles leid - das, was heute geschehen war, und ihre Erinnerungen an ihre Vergangenheit. Ihr Ex-Gatte hatte sich genauso verhalten wie Mike. Am Anfang ihrer Ehe hatten sie Händchen gehalten, sich geküßt und sich gern anfassen mögen, aber nach den ersten paar Monaten schien er es nicht mehr ertragen zu können, wenn sie ihn berührte. Und nun war bei Mike der gleiche Zustand eingetreten. Allerdings hatte sie Richard viel besser verstehen können, denn er hatte ja bereits mit ihr geschlafen. Geh mit Samantha Elliot ins Bett, dachte sie bei sich, und du bist für immer vom Sex mit ihr geheilt.
Am späten Nachmittag war sie dann so nervös, daß sie erschrocken zusammenfuhr, als sie zufällig Mikes Hand berührte. »Entschuldigung«, stammelte sie. »Ich wollte dich nicht anfassen. Ich weiß, daß du das nicht leiden kannst. Es ist nicht mit Absicht geschehen ...«
Sich zu ihr umdrehend, sagte Mike: »Oh, Sam, du begreifst es einfach nicht, wie?« Dann zog er sie in einen leeren Seitengang des Antiquitäten-Marktes, schlang seine Arme um sie und küßte sie süß und voller Verlangen.
Als er seine Lippen von ihrem Mund löste, legte sie den Kopf an seine Schulter und sagte mit wildpochendem Herzen: »Ich dachte, du haßt mich. Ich dachte ...«
Er wollte weder hören, was sie dachte, noch wollte er mit ihr über das reden, was ihn quälte. Er
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