Jene Nacht im Fruehling
durchgeschoben hatte, und sagte: »Sie werden meine Gastgeberin sein.«
»Ich kann doch unmöglich . . .«, begann sie, weil sie sich nicht noch mehr mit diesem Mann einlassen wollte, als das bereits der Fall war.
»Es sind doch nur Daphne und ihre drei Kolleginnen, die sich bei mir eine kostenlose Mahlzeit verschaffen wollen. Sie werden wieder gehen, bevor es richtig dunkel ist.«
»Oh«, erwiderte sie leise mit geweiteten Augen. »Sie arbeiten nachts?« Sie versuchte, das in einem welterfahrenen Ton zu sagen - so, als wäre sie keineswegs schockiert von der Kleidung und dem Benehmen dieser jungen Damen.
»Sie strippen.«
»Oh«, wiederholte Samantha, diesmal erleichtert, denn das Ausziehen auf der Bühne war weniger ungesund als das, was sie zuerst angenommen hatte. Als sie näherkamen, spürte Samantha, daß eine dieser jungen Damen sie neugieriger betrachtete wie die übrigen drei, und da wußte sie, daß diese Frau Daphne sein mußte. Als diese Frau vom Geländer herunterrutschte, erkannte Samantha, daß sie mindestens einsachtzig groß sein mußte, und ein offenbar recht hübsches Gesicht hatte, das sich unter einer dicken Schminkschicht verbarg. Es war schwierig, zu beurteilen, ob sie schön war, weil der Blick sogleich von ihren breiten Schultern auf einem mächtig ausladenden Torso abgelenkt wurde. »Ist das Daphne?« erkundigte sich Samantha im Flüsterton.
»Jeder Zoll an ihr«, erwiderte Mike, Samanthas Gesicht beobachtend. Er hoffte, darauf ein Quentchen Eifersucht zu erkennen.
Sich näher zu Mike hinbeugend, flüsterte Samantha: »Sind diese Partien von ihr... alle echt?«
»Soweit ich das beurteilen kann, ist das meiste an Daphne unecht«, erwiderte Mike munter. »Sie ist von Kopf bis Fuß ergänzt, erweitert, abstrahiert, an einigen Stellen reduziert, an anderen wieder addiert. Wenn Sie sie anfassen, flutschen Ihnen die Ballons, die sie sich unter der Haut hat einpflanzen lassen unter den Fingern in alle Richtungen davon.« Obwohl er Samantha mit Röntgenaugen beobachtete, konnte er nicht das geringste Anzeichen von Eifersucht an ihr entdecken.
»Und Daphne ist eine ... eine exotische Tänzerin?«
»Nein. Sie ist ein durch und durch heimisches Gewächs. An Daphne ist absolut nichts Exotisches.«
Mike hielt ein paar Schritte von der Vortreppe entfernt an und drehte sich, die Hände auf Samanthas Schultern legend ihr zu: »Sam, meine Liebe, Sie brauchen die Mädchen nicht kennenzulernen, und ich verstehe vollkommen, wenn Sie das nicht möchten. Ich kann sie wieder wegschicken, und dann können Sie und ich irgendwo hingehen und gemütlich zu Abend essen. Ich würde Sie ins >La Cirque< ausführen.«
»Das ist doch lächerlich«, erwiderte sie scharf, als sie erkannte, daß er sie mißverstanden hatte. Sie hatte ihn aus purer Neugierde gefragt, aber er schien zu glauben, sie sei ein puritanischer Snob, der sich mit einer Stripperin nicht an einen Tisch setzen wollte. »Natürlich möchte ich sie kennenlernen. Und würden Sie bitte aufhören, mich ständig zu begrapschen?«
Damit entfernte sie sich von ihm, stieg die Vortreppe hinauf und stellte sich den Mädchen vor, die sie mit gelangweilten Augen betrachteten.
Nur Daphne machte da eine Ausnahme, baute sich vor ihr auf und fragte: »Sie sind Mikes ... Mieterin?«
Als Samantha begriff, was die Frau sie fragte, erkannte sie auch, warum die anderen drei sie aus halb gesenkten Lidern beobachteten. »Seine Mieterin und nichts anderes«, erklärte sie mit Nachdruck. Als Samantha nun sah, daß ein kleines, erleichtertes Lächeln die Gesichter der Damen aufhellte, begriff sie, daß diese vier Mike als ihr Eigentum und sie, Samantha, als unerwünschten Eindringling betrachteten.
Mike, der inzwischen die Vortreppe heraufgekommen war, sperrte die Haustür auf, und im nächsten Moment schwärmten die Damen im Erdgeschoß aus und nahmen es in Besitz. Sie stellten Mikes Stereoanlage an, gingen dann in die Küche, wo sie Teller aus den Schränken holten, während eine der vier ans Telefon ging und ein Essen bestellte, das für ein Dutzend Leute gereicht hätte. Eines der Mädchen erzählte, sie habe eine neue Nummer für den Klub kreiert und wollte Mikes Meinung darüber hören, aber er lehnte ihr Angebot zu einer Privatvorführung ihres Striptease-Tanzes ab. Samantha hätte schon gern wissen mögen, was eine Stripperin nun wirklich auf der Bühne machte, konnte jedoch die Frau wohl schlecht darum bitten, ihr das in einer Privataudienz vorzuführen.
Das
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