jennissimo (German Edition)
weigerte sich, Serenity anzusehen.
„Ich muss für ein paar Wochen zurück“, verkündete Tom. „Wolfs Frau ist schwanger, was ihn ziemlich von der Arbeit ablenkt. Ich werde ihm unter die Arme greifen.“
Jetzt sah Jenna doch auf. „Ihr geht wieder?“
„Ich möchte bleiben“, sagte Serenity.
Tom nahm ihre Hand. „Ich kann sie nicht überreden, mitzukommen, obwohl wir uns normalerweise nie trennen. Jeder gemeinsame Augenblick ist so wertvoll. Vor allem …“
„Wir sind seit unserem ersten Tag an der Highschool zusammen“, unterbrach Serenity ihn und legte den Kopf an seine Schulter. „Ein Blick hat gereicht, und wir wussten es einfach.“
Die Geschichte klang ähnlich wie die von Beth und Marshall. Offenbar stammte Jenna von einer langen Linie von Menschen ab, die sich jung kennenlernten und sofort verliebten. Was hatte sie also falsch gemacht?
„Möchtest du vielleicht solange bei uns bleiben?“, fragte Beth.
Jenna erstickte beinahe an der Quiche. Als es ihr gelungen war, zu schlucken, griff sie nach ihrem Sektglas. Dabei betrachtete sie ihren Dad, der gerade die Gabel zum Mund führte, aber mitten in der Bewegung erstarrte. Ganz offensichtlich war er genauso überrascht wie Jenna.
„Das Angebot ist wirklich äußerst nett“, sagte Serenity. „Aber mir gefällt unser Apartment sehr gut.“
„Schön, aber lass es mich wissen, falls du es dir noch mal anders überlegst.“
Jenna starrte ihre Mutter an. Warum nur fühlte sie sich Serenity und Tom gegenüber verpflichtet? Müsste sie sich nicht zumindest ein kleines bisschen von den beiden bedroht fühlen? Ihre Mutter überraschte sie doch immer wieder.
„Es ist doch wunderbar gelaufen“, sagte Beth, als Marshall die Spülmaschine einräumte. „Das Essen war hervorragend. Du hast dir sogar von der Quiche noch einen Nachschlag genommen.“
„Verrat’s bloß niemandem! Du weißt schon – von wegen echte Männer und so weiter.“
Sie lächelte. „Der Reispudding war gut.“
„Du kommst jetzt aber nicht auf komische Gedanken und fängst an, Tofu zu servieren, oder?“
„Eher nicht. Dazu schmeckt mir ein Steak viel zu gut. Jedenfalls bin ich froh, dass sie hier waren. Jenna muss einfach mehr Zeit mit ihren leiblichen Eltern verbringen. Das wird ihr guttun.“
Marshall richtete sich auf. „Warum tust du das?“
„Was tue ich denn?“
„Warum engagierst du dich so? Warum lädst du diese Leute in unser Haus ein?“
„Diese Leute?“ Sie lachte. „Sie sind Teil unserer Familie.“
„Nein, sie sind Teil von Jennas Familie. Hast du dir das auch gut überlegt, Beth?“
Sie stellte den Orangensaft in den Kühlschrank, dann drehte sie sich zu ihm um. „Worüber reden wir hier überhaupt? Diese Menschen sind der Grund dafür, dass wir Jenna haben.“
„Stimmt, und dafür bin ich ihnen auch dankbar. Aber wir haben sie vor zweiunddreißig Jahren adoptiert. Warum tauchen sie gerade jetzt auf?“
„Das fragt Jenna sich auch. Aber ist das denn wichtig?“
„Es ist sogar sehr wichtig. Die sind ja ganz nett, aber was wissen wir denn über sie?“
Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Was willst du damit sagen?“
„Wir sollten uns nicht zu sehr auf sie einlassen.“
„Aber wir müssen doch für Jenna da sein. Das ist wichtig. Erwartest du von mir, dass ich sie ignoriere?“
„Nein.“ Er klang so frustriert, wie sie sich fühlte. „Ich findebewundernswert, wie du damit umgehst. Es ist aber auch gefährlich. Wir werden nicht einfach eine große, glückliche Familie werden. So funktioniert das Leben nicht. Mir gefällt es nicht, dass sie einfach so ohne Vorwarnung aufgetaucht sind. Was wollen sie?“
„Warum müssen sie überhaupt etwas wollen?“
„Weil jeder Mensch immer ein Motiv hat.“
„Das ist zynisch.“ Sie sah ihn finster an.
„Es ist realistisch. Ich möchte nicht mit dir streiten, ich möchte aber auch nicht, dass Jenna verletzt wird. Deswegen bitte ich dich einfach nur, vorsichtig zu sein. Du willst deine Tochter doch nicht verlieren.“
„Das wird nicht passieren“, verkündete Beth fest. „Jenna und ich haben eine sehr spezielle Verbindung. Ich bin ihre Mutter.“
„Serenity auch.“
„Das ist was anderes.“
„Du bringst die beiden absichtlich zusammen. Bist du sicher, dass du auch mit den Konsequenzen leben kannst?“
„Warum musst du immer das Schlechte in den Menschen sehen? Ich tue das Richtige.“
„Das hoffe ich, Beth.“
Er stellte die Spülmaschine an und verließ die Küche.
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