jennissimo (German Edition)
prüfend.
„Kennen wir uns?“
„Ich glaube nicht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hast du mich mal im Fernsehen gesehen. Ich gebe jede Menge Interviews zum Thema Homöopathie. Ich bin oft Gast in lokalen Talkshows und habe eine regelmäßige Rubrik in den Morgennachrichten.“
„Dann bist du ja eine lokale Berühmtheit.“
Das Lächeln kehrte zurück. „Ist nichts Besonderes.“
Hmm. Großer Fisch im kleinen Teich, so hätte man Aaron perfekt beschreiben können. Sie betrachtete Ellington noch genauer und entdeckte all die Zeichen: attraktiv, gut gekleidet, lockerer Umgang mit Fremden. Ihre leibliche Mutter wollte sie mit einem Healing-Center-Äquivalent ihres Exehemannes verkuppeln. Sie seufzte. Das würde wohl ein sehr, sehr langer Abend werden.
„Danke, dass du da mitmachst“, flüsterte Violet Cliff zu, als sie sich Jennas Haus näherte.
Er lächelte sie an und gab ihr einen kleinen Kuss. „Für dich doch immer. Das weißt du.“
Er ist einfach perfekt, dachte sie glücklich. Die letzten Wochen mit Cliff waren eine Offenbarung gewesen. Sie hatte nicht gewusst, dass ein Mann so süß und lustig und nett sein konnte.
Sie hatte sich ein wenig davor gefürchtet, ihm zu sagen, dass sie Jenna ein Doppel-Date angeboten hatte, doch Cliff hatte nichts dagegen gehabt. Im Gegenteil: Er wollte ihre Freundin nur zu gern unterstützen.
Heute trafen sie sich schon zum sechsten Mal. Nach ihren Verabredungen zum Dinner waren sie zusammen auf ein Konzert gegangen, hatten eine Sonntagsradtour gemacht, waren ins Kino gegangen und einmal hatte er für sie gekocht. Nach jeder Verabredung hatten sie sich ein wenig länger und intensiver geküsst. Sie wusste, was er wollte, und sie war entschlossen, es ihm heute Nacht zu gewähren.
Noch immer fiel es ihr nicht leicht, sich beim Küssen hinzugeben, aber er war so ein netter Mann. Sie mochte ihn wirklich. Wenn sie darauf wartete, bis sie vor Lust zerfloss, konnte locker ein weiteres Jahrhundert vergehen.
„Armer Kerl“, sagte Cliff lachend. „Sein Leben lang mit dem Namen Ellington rumlaufen zu müssen, ist hart.“
„Ich weiß.“ Sie sah zu ihm hoch. „Da könnte er gleich ein ‚Tritt-mich‘-Schild tragen.“
„So was würdest du einem Kind doch niemals antun, oder?“, fragte er.
„Ich bin schließlich diejenige, die nach einer Blume benannt wurde. Ich muss dir sagen, ich stehe auf normale Namen.“
„Gut.“ Er küsste sie.
Diesmal spürte sie ein winziges Kribbeln im Bauch.
„Was macht eigentlich ein Heilpraktiker genau?“
„Es geht wohl um alternative Medizin“, sagte Violet. „Ich bin nie bei einem gewesen. Die arbeiten mit Kräutern und Heilpflanzen und Ellington wohl auch mit Akupunktur und Massagen.“
Serenity hatte lauthals von ihm geschwärmt und behauptet, dass seine Akupunktur einfach unglaublich wäre.
„Ist er Arzt?“
„Ich weiß nicht, ob er Medizin studiert hat, aber die Ausbildung ist auf jeden Fall wohl ziemlich hart.“
Sie klopften, Jenna ließ sie herein, und Violet warf sofort einen Blick auf Ellington. Sie war neugierig. „Nicht schlecht“, flüsterte sie Cliff zu. Ellington trieb ganz offensichtlich Sport.
„Herzlich willkommen!“, sagte Jenna mit einem Lächeln. „Ich habe Margaritas gemacht. Die sind gut geworden, doch was das Essen betrifft, bin ich etwas nervös.“
„Ich weiß, dass es fantastisch schmecken wird.“ Violet atmete den köstlichen Duft ein, der aus der Küche drang.
Als sie sich alle einander vorgestellt hatten, setzten sie sich ins Wohnzimmer. Cliff sah Ellington lange an.
„Violet hat erzählt, dass Sie Arzt sind.“ Er nahm die Margarita, die Jenna ihm anbot.
„Heilpraktiker“, entgegnete Ellington. „Dabei handelt es sich um alternative Heilmethoden. Ich behandle Patienten gern ganzheitlich.“
„Was bedeutet das?“ Cliff klang ein wenig herausfordernd. „Haben Sie es nicht auf die Uni geschafft?“ Am Ende der Frage lachte er leise.
Violet versteifte sich.
„Ich habe Medizin studiert.“ Ellington schwieg einen Moment. „Harvard. Je mehr ich aber über traditionelle Medizin gelernt habe, desto weniger war ich damit einverstanden. Nach meinem Abschluss bin ich nach China gegangen und habe dort noch ein paar Jahre studiert.“
Violet blinzelte. Ellington musste deutlich älter sein, als sie gedacht hatte. Sie hätte ihn auf Anfang dreißig geschätzt, aber jetzt, wo sie genauer hinsah, entdeckte sie ein paar Falten und eine graue Strähne in seinem Haar.
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