Jenny und der neue Vater
sie hatte wenig genug davon; Katrin, ihre Freundin, zwei Kameraden aus der Schule - und Julian.
Die beiden waren mittlerweile ein Herz und eine Seele geworden, was Kirsten doch sehr verwundert hatte, denn bisher hatte Jenny sich stets über ihn beschwert und ihn mit wenig schmeichelhaften Schimpfworten belegt.
Von einem Tag auf den anderen hatte sich das geändert. Jenny hatte nur kurz über dem Zusammenstoß berichtet, beharrte aber herauf, dass Julian doch ein ganz prima Kerl sei, und dass er sie in Zukunft besuchen dürfte. Kirsten war viel zu froh darüber, dass Jenny Kontakte knüpfte, um zu widersprechen. Und sie stellte fest, dass der Junge doch recht gute Manieren besaß. So wurde er häufiger Gast im Hause und ließ sich sogar von Jennys Leidenschaft für Bücher anstecken. Kirsten hatte diese neue Freundschaft zuerst etwas argwöhnisch betrachtet, dann aber festgestellt, dass es Jenny gut tat. Und so beteiligte sie Julian auch an den Vorbereitungen für die Geburtstagsfeier, was dem Jungen viel Freude bereitete.
So saß eine gemütliche Runde beisammen, es wurde viel gelacht, und Jenny wirkte richtig glücklich. Vor allem auch, da Björn ihr großzügig gleich ein ganzes Paket an Büchern geschenkt hatte.
Dann klingelte es an der Tür. Kirsten runzelte die Stirn. Den ganzen Tag über hatte sie schon befürchtet, dass Alexander noch unangemeldet hier auftauchen würde, und sie hoffte in diesen Augenblick, dass sie sich täuschen möge.
Doch ihre Befürchtung wurde Wirklichkeit.
Alex stand vor der Tür, ein attraktives Paket in der Hand und ein reumütiges Lächeln auf den Lippen.
„Ich möchte meiner Tochter zum Geburtstag gratulieren“, sagte er.
Kirsten zögerte, gab sich dann aber einem Ruck. „Ich werde sie holen.“
Aus dem Wohnzimmer klangen Gelächter und die Geräusche der fröhlichen Gesellschaft.
„Willst du mich nicht hereinbitten? Ich finde es etwas unpassend, hier zwischen Tür und Angel...“
Wieder zögerte Kirsten. Ob das gut ging? Aber dann gab sie die Tür frei. „Ich möchte dich aber bitten, nicht lange zu bleiben.“
„Warum? Hast du Angst, ich könnte die Party stören?“, fragte er spöttisch.
„Ja, genau das“, gab sie trocken zurück.
Überraschung zeigte sich in Jennys Gesicht, als sie ihren Vater hereinkommen sah, und bei Björn konnte man unverhohlene Abneigung sehen, doch er blieb höflich und nickte Alex zu. Jenny stand langsam auf, das Glück, das sich bisher in ihren Augen gespiegelt hatte, war fast ganz geschwunden.
„Ich gratuliere dir herzlich zum Geburtstag“, sagte ihr Vater nun und reichte ihr das Paket.
„Danke.“ Das klang spröde.
„Na, willst du es denn nicht aufmachen?“ Etwas widerwillig entfernte Jenny das Papier, zum Vorschein kam eine Barbie-Puppe mit Zubehör. „Ich hoffe, du hast diese Ausgabe der Puppe noch nicht“, sagte Alex gespielt munter.
„Nein, habe ich nicht, ganz bestimmt nicht. Ich spiele nicht mit Puppen“, kam die niederschmetternde Antwort, die Alex aber nichts auszumachen schien.
„Oh, Kirsten, hast du diese köstliche Torte gebacken? Ich liebe Schwarzwälder Kirsch.“ Er strahlte sie an, nur darauf wartend, dass sie ihm ein Stück davon anbot. Dabei hätte sie ihm viel lieber die ganze Torte ins Gesicht geworfen. Doch sie blieb höflich, bot ihm einen Platz und auch ein Stück der Torte an. Aber die Gespräche, die bis dahin fröhlich und unter viel Gelächter reihum stattgefunden hatten, kamen jetzt nicht wieder auf. Stumm starrte Jenny auf ihren Teller, und der letzte Rest Kuchen, der sich noch darauf befand, türmte sich vor ihrem Augen wie ein unbezwingbarer Berg.
„Ich nehme an, du bist heute schon reich beschenkt worden“, versuchte Alex das Gespräch wieder in Gang zu bringen.
Jenny blickte ihn offen an, und plötzlich hatte sie den Wunsch nicht mehr höflich sein zu müssen, sich nicht wie eine dreizehnjährige Fast-Erwachsene zu benehmen – einfach die Wahrheit zu sagen, mochte es auch gegen alle Regeln sein.
„Ja, Papa, ich bin reich beschenkt worden. Vor allem mit solchen Dingen, wie sie mir Freude machen und die ich gebrauchen kann. Wann hast du mich jemals mit Puppen spielen sehen? Oder hast du mich überhaupt jemals gesehen? Ich finde es nicht richtig von dir, dass du hergekommen bist.“
Sie blickte ihn offen an, obwohl ihr das Herz bis zum Halse schlug.
Alex hatte die Gabel fallen gelassen, mit der er seinen Kuchen essen wollte. Wütend funkelte er seine Tochter an.
„Wie redest
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