Jenny und der neue Vater
du eigentlich mit mir? Ich habe mir extra die Zeit genommen, um dir ein Geschenk zu besorgen und herzukommen. Und dann besitzt du nicht einmal soviel Anstand, dass du danke sagst, auch wenn es nicht ganz dein Geschmack sein mag?“
„Es wäre besser gewesen, wenn du dir diese Zeit nicht genommen hättest“, sagte Jenny leise.
Alexander sprang auf und schaute Kirsten anklagend an. „Das ist dein Einfluss. Dir ist es zu verdanken, dass meine Tochter nicht einmal mehr die geringsten Manieren besitzt und ihren Vater angreift – ja, ihn nicht einmal mehr sehen will. Das wird noch ein Nachspiel haben, Kirsten, das lasse ich mir nicht bieten. So wie es aussieht, hat dieser Kerl hier, dieser Fremde, mehr Rechte als ich, denn er scheint ja wohl willkommen zu sein. Und Jenny ist mir völlig entfremdet.“
„Das ist nicht wahr!“, sagte Jenny mutig. „Du selbst hast Mama und mich immer schlecht behandelt. Ich wünschte, du wärst nicht mein Vater.“ Sie brach in Tränen aus.
„Ich denke, es ist besser, Sie gehen jetzt“, forderte Björn mit Unmut in der Stimme. Wie konnte dieser Mann hierher kommen, seiner Tochter dem Geburtstag zerstören, und dann auch noch die Schuld dafür bei anderen suchen? Auch Björn stand auf und wies mit einer eindeutigen Handbewegung zur Tür.
„Hat er hier sogar etwas zu sagen, ja? Weit bist du gekommen, Kirsten. Von der glücklichen Ehefrau zur Geliebten eines...“
„Jetzt reicht es aber“, sagte sie leise und sehr deutlich. „Du bist hier nicht länger erwünscht, geh jetzt endlich. Es war ein Fehler, dich herein zu lassen, und es tut mir um Jennys Willen leid. Und nun mach, dass du meine Wohnung verlässt!“
„Was hat der Kerl eigentlich, was ich nicht habe?“, fragte Alex stattdessen.
„Nun, ich weiß, wann ich unerwünscht bin. Und nun wollen sie bitte der Aufforderung dieser Dame folgen.“ Die Stimme von Björn klang wie pures Eis.
„Dame, ja?“ Tiefe Verachtung sprach aus den Worten von Alexander, und noch immer machte er keine Anstalten zu gehen.
„Nun hau doch endlich ab!“, rief Jenny in diesem Augenblick. Die Verzweiflung in der Stimme seiner Tochter schien ihn endlich zur Besinnung zu bringen. Er wandte sich zur Tür. „In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, drohte er.
Hinter ihm schloss sich die Tür und ließ eine betroffene, verlegene, unglückliche Gesellschaft zurück, bei der keine rechte Stimmung mehr aufkommen wollte.
Jenny ging in ihr Zimmer, ihre Freunde und Kameraden verabschiedeten sich rasch. Nur Julian machte noch den Versuch mit seiner Freundin zu reden und sie zu trösten. Aber Jenny hielt die Tür verschlossen. Sie wollte niemanden sehen.
*
„Mama, ich fühle mich gar nicht gut.“ Als Jenny an diesen Morgen aus ihrem Zimmer kam, sah sie wirklich nicht gut aus. Othello wedelte um ihre Beine herum und fiepte.
Kirsten schaute in das Gesicht ihrer Tochter. Die Augen waren rot und verquollen, sicher hatte das Mädchen die ganze Nacht geweint. Aber es lag auch ein fiebriger Glanz darin, die Haut auf den Wangen war von einem seltsamen Rot, im Übrigen wirkte Jenny blass.
„Hast du Fieber?“, fragte ihre Mutter alarmiert. „Du wirst mir doch jetzt nicht krank werden, mein Schatz?“
Kirsten holte das Thermometer und stellte gleich darauf fest, dass die Temperatur bei über neununddreißig lag. „Sofort wieder ab ins Bett“, befahl sie. „Ich rufe gleich den Arzt an, so gehst du mir nicht aus dem Haus.“
Gleich nach dem Gespräch mit dem Arzt rief Kirsten auch bei Björn an und bat um einen Tag Urlaub, der ihr sofort gewährt wurde. Der Arzt konnte nichts Eindeutiges feststellen, doch er bemerkte natürlich die innere Erregung des Mädchens, für die sie ihm allerdings keine Erklärung geben wollte. Die bekam er dann erst von Kirsten.
Schließlich nickte er langsam.
„Es ist durchaus möglich, dass das Fieber eine Reaktion auf die Ereignisse ist. Das lässt sich aber noch nicht sagen. Ebensogut kann es sein, dass eine Infektionskrankheit sich angedeutet hat. Wir müssen das Ganze in Auge behalten. Sollte sich an Jennys Zustand etwas ändern, rufen Sie mich bitte an.“ Er ließ kein Rezept da, empfahl nur ein paar Aspirin, bis man mehr sagen konnte oder der Zustand besser würde.
Kirsten kochte Hühnersuppe, bereitete Jennys Lieblingsnachtisch und versuchte ihre Tochter zu verwöhnen.
Aber das Mädchen wollte eigentlich gar nichts. Fast apathisch lag sie in ihrem Bett, ein
Weitere Kostenlose Bücher